JudikaturBFG

RV/7102543/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
10. September 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den ***Richter*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch INDITAX Steinberger Steuerberater GmbH, Museumsplatz 1/E5/6, Ovaltrakt, 1070 Wien, über die Beschwerde vom 23. Juni 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 5. Juni 2025 betreffend Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 308 BAO) betreffend Vorlageantragsfristen hinsichtlich Einkommensteuer 2021 und 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) wurde mit Bescheiden jeweils vom 11.04.2024 zur Einkommensteuer 2021 und 2022 veranlagt.

Dagegen brachte der Bf. aufgrund der teilweisen Nichtanerkennung beantragter Werbungskosten Beschwerde ein.

Mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom 05.12.2024, zugestellt am 09.12.2025 (gesonderte Bescheidbegründung), wurden die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2021 und 2022 abgeändert.

Die Frist zur Einbringung von Vorlageanträgen ist für die angeführten Bescheide (Beschwerdevorentscheidungen) am 09.01.2025 abgelaufen.

Der Antragsteller brachte am 18.04.2025 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Vorlageantragsfristen ein. Begründend wurde ausgeführt, die Fristen hätten nicht eingehalten werden können, da die Weiterleitung des Bescheides von der Kanzlei ***Steuerberater GmbH*** (ehemaliger steuerlicher Vertreter) an den Mandanten durch ein einmaliges Versehen eines langjährigen, äußerst zuverlässigen und fachlich versierten Kanzleiangestellten (***AB***) trotz erfolgtem Hinweis erst nach Ablauf der Vorlagefrist, am 07.02.2025, erfolgt sei.

Die Fristenkontrolle in der Kanzlei ***Steuerberater GmbHV1*** erfolge über ein vollständig integriertes Fristenwahrungstool (BMD), welches eine Vormerkung und verlässliche Einhaltung aller steuerlichen Fristen sicherstelle. Seit Einführung dieses Systems seien intern keine Fristversäumnisse vorgekommen. Der betreffende Mitarbeiter unterliege zudem regelmäßigen Kontrollen durch einen berufsberechtigten Steuerberater, bei denen bislang keinerlei Verfehlungen festgestellt worden seien. Trotz dieser etablierten Kontrollmechanismen und der Einhaltung der gebotenen Überwachungspflicht seien die Einkommensteuerbescheide in diesem Einzelfall nicht rechtzeitig an den Mandanten weitergeleitet worden, wodurch eine fristgerechte Einbringung des Vorlageantrages unterblieben sei. Dies stelle einen einmaligen Vorfall dar, der keineswegs auf grobes Verschulden zurückzuführen sei.

Zur Rechtzeitigkeit sei anzuführen, dass seit dem Wegfall der unvorhergesehenen Verhinderung - nämlich der verspäteten Weiterleitung durch Herrn ***ABV1*** - noch keine drei Monate verstrichen seien. Es werde daher der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gestellt und würden gleichzeitig im Anhang die Vorlageanträge, womit die ursprünglich versäumte Handlung nunmehr nachgeholt werde, übermittelt. Da sich aus dieser Beschwerde eine erhebliche Reduktion der festgesetzten Einkommensteuer ergeben sollte, würde die Ablehnung des Antrages für den Mandanten der steuerlichen Vertretung einen wesentlichen Rechtsnachteil nach sie ziehen.

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom 05.06.2025 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 18.04.2025, eingebracht am 18.04.2025, betreffend die Vorlageantragsfristen im Zusammenhang mit den Beschwerdevorentscheidungen zur Einkommensteuer 2021 und 2022, jeweils vom 05.12.2024, mit umfangreicher Begründung als verspätet zurück.

Der Bf. brachte am 23.06.2025 über FinanzOnline eine Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO vom 05.06.2025 ein. Begründend wird ausgeführt, bei der früheren Steuerberater-Kanzlei, ***Steuerberater GmbH***, bestehe ein Fristvormerkungssystem, das zur Wahrung von Fristen geeignet sei und bisher auch immer funktioniert habe. Der Fehler im vorliegenden Fall sei beim Mitarbeiter ***AB*** gelegen, der infolge einer Fehleinschätzung dieses System nicht ausgelöst habe. Der Mitarbeiter ***AB*** sei schon seit Jahren auch mit solchen Angelegenheiten beschäftigt und habe bisher noch keinen Fehler dieser Art begangen. Er sei diesbezüglich auch eingeschult und zunächst immer kontrolliert worden, ohne dass es einen Grund zur Beanstandung gegeben habe. Auf Grund dieser Umstände habe auf eine weitere fachkräftige Tätigkeit seinerseits vertraut werden können. Dem Mitarbeiter ***AB*** selbst sei auch unerklärlich, warum ihm dieser einmalige Fehler unterlaufen sei. Dadurch sei bewirkt worden, dass das Fristwahrungssystem nicht ausgelöst worden sei und erst durch die Nachfrage des Mandanten die Versäumung der Fristen auffallen habe können. Der Wiedereinsetzungsantrag sei daher rechtzeitig erhoben worden und sei auf Grund der dargelegten Umstände (einmaliger Fehler eines geschulten und bisher zuverlässigen Mitarbeiters) auch gerechtfertigt.

Unabhängig davon, ob diese Ansicht geteilt werde, sei die Fristversäumnis nicht auf Verschulden des Mandanten der nunmehrigen steuerlichen Vertretung zurückzuführen, sondern beruhe auf einem Versagen in der Sphäre des damaligen Steuerberaters. Der Bf. habe die Wahrnehmung seiner steuerlichen Pflichten ausdrücklich und rechtzeitig einem qualifizierten Steuerberater übertragen, welcher die Überwachung der Fristen und die fristgerechte Erledigung habe sicherstellen sollen. Der Bf. habe sich damit der gebotenen Sorgfaltspflicht entsprechend verhalten und könne kein eigenes Verschulden an der Fristversäumnis erkennen. Das Versäumnis liege ausschließlich im Verantwortungsbereich der damaligen Steuerberatungskanzlei des Bf. und sei dem Bf. nicht zuzurechnen.Es werde daher um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ersucht, damit der Bf. seine Rechte fristgerecht wahrnehmen könne und somit seine zugleich mit dem zurückgewiesenen Antrag eingebrachten entsprechenden Vorlageanträge zur Einkommensteuer 2021 und 2022 berücksichtigt werden könnten. Folgende Unterlagen würden beigefügt: Vollmacht bzw. Beauftragung des Steuerberaters und Nachweis der Fristversäumnis durch den Steuerberater (Schriftverkehr).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 08.08.2025 wurde die Beschwerde vom 23.06.2025 gegen den Bescheid über die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit näherer Begründung als unbegründet abgewiesen.

Der Bf. brachte am 14.08.2025 einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom 23.06.2025 durch das Bundesfinanzgericht ein. Zur Begründung wurde auf die Beschwerde verwiesen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer (Bf.) wurde mit Bescheiden jeweils vom 11.04.2024 zur Einkommensteuer 2021 und 2022 veranlagt.

Dagegen brachte der Bf. aufgrund der teilweisen Nichtanerkennung beantragter Werbungskosten Beschwerde ein.

Mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom 05.12.2024, zugestellt am 09.12.2025 (gesonderte Bescheidbegründung), wurden die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2021 und 2022 abgeändert.

Die Frist zur Einbringung von Vorlageanträgen ist für die angeführten Bescheide (Beschwerdevorentscheidungen) am 09.01.2025 abgelaufen.

Die Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2021 und 2022 vom 05.12.2024 wurden laut Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ( § 308 BAO) durch ein einmaliges Versehen eines Kanzleimitarbeiters der ehemaligen steuerlichen Vertretung des Bf. nicht rechtzeitig an den Mandanten (Bf.) weitergeleitet.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Akten und ist im Verfahren nicht strittig.

Betreffend das weitere Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und in der Beschwerde wird auf das oben angeführte Verwaltungsgeschehen verwiesen.

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Ein "Ereignis" iSd § 308 Abs. 1 BAO ist jedes Geschehen einschließlich sogenannter psychologischer Vorgänge, wie z.B. Vergessen, Verschreiben oder Sich-Irren (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 308 Rz 8).

Ein bloßes "Vergessen" oder ein "schlichtes Übersehen" ohne das Hinzutreten besonders hierfür ausschlaggebender Umstände stellt kein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis iSd § 308 Abs. 1 BAO dar und vermag somit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu begründen (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 308 E 26).

Laut Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestehe das Ereignis iSd § 308 Abs. 1 BAO darin, dass durch ein einmaliges Versehen (Tatsachenirrtums) eines Mitarbeiters des Parteienvertreters die Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2021 und 2022 vom 05.12.2024 nicht rechtzeitig weitergeleitet worden seien. Daraus habe sich für den Bf. die Versäumung der Vorlageantragsfristen und ein wesentlicher Rechtsnachteil ergeben.

Es ist stets zu prüfen, ob die Umstände so geartet gewesen sind, dass der Tatsachenirrtum nicht nur im Zeitpunkt seines Entstehens, sondern auch im jeweils entscheidenden Zeitraum (im streitgegenständlichen Beschwerdefall innerhalb der Vorlageantragsfrist) entschuldbar ist (siehe VwGH 09.06.2004, 2004/16/0096 und Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 308 E 40).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten. Der Fehler eines Kanzleimitarbeiters eines bevollmächtigten Vertreters ist dem Vertreter (und damit der Partei) hingegen nur dann als Verschulden anzulasten, wenn der Vertreter die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber dem Mitarbeiter verletzt hat (vgl. z.B. VwGH 16.03.1993, 89/14/0254; VwGH 15.05.2003, 2002/01/0580; VwGH 29.07.2004, 2004/16/0058; VwGH 27.06.2018, Ra 2017/15/0051; VwGH 20.10.2021, Ra 2021/13/0063; vgl. auch Ritz/Koran, BAO8, § 308 Tz 17).

Ein Steuerberater hat die Organisation seines Kanzleibetriebes so einzurichten, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Präklusionsfristen sichergestellt ist (vgl. VwGH 17.09.1990, 87/14/0030; VwGH 06.10.1994, 93/16/0075).

Maßgebend ist somit, ob dem Parteienvertreter ein grobes Auswahlverschulden, grobe Mängel der Kanzleiorganisation oder eine mangelhafte Überwachung und Kontrolle anzulasten sind (vgl. z.B. VwGH 10.09.1998, 98/15/0130; VwGH 03.12.2021, Ra 2020/15/0080; vgl. auch Ritz/Koran, BAO8, § 308 Tz 17).

Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (z.B. VwGH 15.06.1993, 93/14/0011) Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0222; VwGH 25.04.2025, Ra 2024/16/0053; vgl. auch Ritz/Koran, BAO8, § 308 Rz 15). Bei der Beurteilung, ob ein minderer Grad des Versehens vorliegt, ist an beruflich rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vlg. VwGH 08.08.1996, 96/14/0072).

Wohl ist eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, dem Parteienvertreter nicht zuzumuten, will man nicht seine Sorgfaltspflichten überspannen. Um einen solchen rein manipulativen Vorgang handelt es sich jedoch nicht bei der kanzleimäßigen Bestimmung einer Rechtsmittelfrist. Wenn der Rechtsvertreter die Beschwerdefrist daher nicht selbst kalendermäßig konkret bestimmt, sondern diese Bestimmung der Kanzleileiterin überlässt, so obliegt es ihm im Rahmen der gebotenen Überwachungspflicht jedenfalls, diesen Vorgang bzw. die richtige Eintragung im Kalender zu kontrollieren (vgl. VwGH 29.03.2007, 2005/16/0258; VwGH 23.02.2005, 2001/14/0021).

Ein berufsmäßiger Parteienvertreter hat die Organisation seines Kanzleibetriebes so einzurichten, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozesshandlungen gesichert erscheint. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen u.a. dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (vgl. VwGH 22.10.2024, Ra 2024/13/0104). Der Vertreter verstößt demnach auch dann gegen die ihm obliegende Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen wirksame Kontrollsysteme vorgesehen hat, die Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind (vgl. VwGH 21.06.2007, 2007/15/0122). Ein solcher Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht liegt auch dann vor, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens eine Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind (vgl. VwGH 16.03.1993, 89/14/0254).

Das erkennende Gericht folgt der Feststellung der belangten Behörde, dass sich das Vorbringen des Bf. auf allgemein gehaltene Ausführungen zum Kontrollsystem des (ehemaligen) steuerlichen Vertreters beschränkt und eine präzise Darstellung der organisatorischen Maßnahmen und Abläufe in der Kanzlei sowie der konkreten Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen dem Antrag nicht zu entnehmen sind.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Wiedereinsetzungswerber das, was er in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht vorgenommen hat, im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten (vgl. abermals VwGH 22.10.2024, Ra 2024/13/0104). Aus der ständigen Rechtsprechung des VwGH ergibt sich eine Verpflichtung des Wiedereinsetzungswerbers zur Konkretisierung aller Umstände, die es ermöglichen, das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes zu beurteilen. Der Wiedereinsetzungswerber hat von sich aus initiativ alles vorzubringen, was die Annahme eines die Rechtzeitigkeit der Vornahme einer Prozesshandlung hindernden Umstandes begründen kann (vgl. VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0209). Dazu zählt auch die Darstellung des in der Kanzlei des Rechtsvertreters eingerichteten Kontrollsystems zur Sicherstellung, dass dem Vertreter tatsächlich die gesamte eingehende Post rechtzeitig vorgelegt wird. Fehlt es an einer derartigen Darstellung im Wiedereinsetzungsantrag, kann die belangte Behörde bzw. das Verwaltungsgericht vom Fehlen solcher Kontrollmaßnahmen und Anordnungen ausgehen, und es kann am Vorliegen eines (dem Wiedereinsetzungswerber zuzurechnenden) den Grad minderen Versehens übersteigenden Verschuldens des Vertreters kein Zweifel bestehen (vgl. VwGH 27.07.2020, Ra 2020/11/0102; VwGH 18.09.2017, Ra 2017/11/0234 und VwGH 19.04.2007, 2007/09/0019).

Wie die belangte Behörde zutreffend feststellt, zeigt, abgesehen von der unzureichenden Darstellung der internen Kontrollmaßnahmen, der Umstand, dass dem (ehemaligen) Parteienvertreter nicht spätestens mit Ablauf der Vorlageantragsfristen, somit am 09.01.2025, der behauptete Irrtum seines Mitarbeiters bezüglich der Weiterleitung der eingelangten Bescheide (Beschwerdevorentscheidungen) aufgefallen ist, dass in dessen Kanzlei offenbar kein zielgerichtetes Kontrollsystem zur Einhaltung wichtiger, zum Verlust von Rechten führender Fristen vorlag bzw. der (ehemalige) Parteienvertreter seiner erhöhten Sorgfalts- und Überwachungspflicht in Bezug auf die Fristenkontrolle nicht nachgekommen ist. Existiert nämlich in der Kanzlei, wie behauptet, ein wirksames Fristenwahrungstool und wurde eine entsprechende Fristenvormerkung vorgenommen, hätte sich der (ehemalige) Parteienvertreter spätestens mit Ablauf dieser Frist bei seinem Mitarbeiter bzw. dem Bf. über die weiteren Parteiabsichten zur Einbringung eines Vorlageantrages erkundigen müssen und hätte ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt die vergessene Weiterleitung der Bescheide an die Partei auffallen müssen. Tatsächlich wurde der Irrtum laut den Angaben des Bf. aber erst am 07.02.2005, also knapp einen Monat nach Ablauf der Vorlagefristen erkannt.

Den (ehemaligen) Parteienvertreter trifft bezüglich der Versäumung der Vorlagefristen somit ein den minderen Grad des Versehens überseigendes Verschulden in Ausgestaltung seines Kontroll- und Organisationswesens. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO nicht vor.

Auf dem Boden der Feststellungen zum Verschulden des (ehemaligen) Parteienvertreters, ergibt sich die Versäumung der Frist des § 308 Abs. 3 BAO.

Als Hindernis iSd § 308 Abs. 3 BAO ist jenes Ereignis iSd § 308 Abs. 1 BAO zu verstehen, dass die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis in einem Irrtum, so fällt dieses Hindernis bereits dann weg, sobald die Partei (oder ihr Vertreter) diesen Irrtum als solchen erkennen konnte und musste (vgl VwGH 28.01.2016, Ra 2015/16/0083). Für den Lauf der Wiedereinsetzungsfrist kommt es somit auf den Zeitpunkt der zumutbaren Erkennbarkeit des Irrtums an, also auf den Wegfall des Irrtums oder der Umstände, unter denen er nicht in einer der Wiedereinsetzung entgegenstehenden Weise vorwerfbar ist (vgl. VwGH 24.06.2010, 2010/15/0001).

Wie bereits dargelegt, hätte dem (ehemaligen) Parteienvertreter der Irrtum bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt im Rahmen seiner Überwachungs- und Kontrollpflichten spätestens mit Ablauf der Vorlageantragsfristen, somit am 09.01.2025 auffallen müssen. Wenn die belangte Behörde dazu ausführt, zu diesem Zeitpunkt war die Aufklärung des Irrtums sowohl leicht möglich als auch zumutbar, ist jedoch aufgrund grober Sorglosigkeit des (ehemaligen) Parteienvertreters in Bezug auf die Fristenkontrolle unterblieben, kann dem vom erkennenden Gericht beigetreten werden. Der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung wurde jedoch erst am 18.04.2025 und somit nach Ablauf der dreimonatigen Frist eingebracht.

Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich abermals auf allgemein gehaltene Ausführungen zum Fristenvormerkungssystem des (ehemaligen) Parteienvertreters. Wenn der Bf. moniert, die Versäumung der Frist sei auf einen Fehler eines Mitarbeiters des Parteienvertreters bei der Auslösung des Fristenwahrungssystems zurückzuführen, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der Vertreter im Rahmen seiner Sorgfalts- und Überwachungspflicht wirksame Kontrollsysteme einzurichten hat, die geeignet sind, im Fall des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen. Im streitgegenständlichen Fall hat es der ehemalige Parteienvertreter offenbar unterlassen, entsprechende Vorkehrungen zur Überwachung fristenauslösender Zustellvorgänge zu treffen. In den Beschwerdeausführungen wird eingeräumt, dass der zuständige Mitarbeiter keiner regelmäßigen Kontrolle bei der Fristvormerkung unterlag, cit: "Er wurde diesbezüglich auch eingeschult und zunächst immer kontrolliert …". Wäre der ehemalige Parteienvertreter seiner diesbezüglichen Sorgfalts- und Überwachungspflicht nachgekommen, hätte ihm der Irrtum allerspätestens mit Ablauf der Vorlageantragsfristen, somit am 09.01.2025 auffallen müssen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde von der belangten Behörde daher zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Verfahren ist die Prüfung des Verschuldens des ehemaligen steuerlichen Vertreters im Rahmen des § 308 BAO eine Tatfrage, die in freier Beweiswürdigung zu beurteilen war. Soweit Rechtsfragen zu beurteilen waren, folgte das Bundesfinanzgericht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision war daher spruchgemäß nicht zuzulassen.

Wien, am 10. September 2025