IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Annika Streicher BA LL.M.(WU) in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 29. November 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 27. November 2024 betreffend Rechtsgebühr (gem. § 33 TP 9 GebG 1957) Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Schreiben vom 8.7.2024 zeigte die Beschwerdeführerin (in der Folge "Bf.") dem Finanzamt Österreich (in der Folge "belangte Behörde") einen am 20.6.2024 abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrag an.
Mit Schreiben vom 27.8.2024 gab die Bf. der belangten Behörde bekannt, dass das Rechtsgeschäft nicht wirksam zustande gekommen und deshalb nichtig sei. Die Bf. verwies auf den Beschluss des zuständigen Grundbuchsgerichts vom xx.08.2024, wonach eine Verbücherung des Dienstbarkeitsvertrags unzulässig sei.
Mit Bescheid vom 27.11.2024 (in der Folge "angefochtener Bescheid") wurde die Gebühr nach § 33 TP 9 GebG 1957 mit 2 % vom Wert des bedungenen Entgelts, somit mit EUR 240 festgesetzt.
Dagegen brachte die Bf. am 28.11.2024 Beschwerde ein und führte aus, wie sich aus dem Beschluss des Grundbuchsgerichts ergebe, sei der Dienstbarkeitsvertrag nicht zustande gekommen und deshalb nichtig. Nach der Rechtsprechung (z.B. OGH 1 Ob 125/01s) sei eine unbefristete Einräumung der Dienstbarkeit nämlich nichtig, weil dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks für immerwährende Zeiten nur das nackte Eigentum ohne jegliches Nutzungsrecht bleiben würde, was nach Art. 7 StGG unzulässig sei. Gemäß § 15 Abs. 1 GebG 1957 unterlägen nur gültig zustande gekommene und beurkundete Rechtsgeschäfte der Gebühr.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.2.2025 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass gebührenrechtlich keine absolute Nichtigkeit vorliege und das Geschäft somit gültig zustande gekommen sei.
Mit am 17.2.2025 eingebrachtem Vorlageantrag beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom 30.4.2025 vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Begründend führte sie aus, dass keine Nichtigkeit des Dienstbarkeitsvertrags gegeben sei. Der Gebührentatbestand des § 33 TP 9 GebG 1957 setze den Erwerb der Dienstbarkeit durch Einverleibung im Grundbuch nicht voraus.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Dienstbarkeitsvertrag, abgeschlossen zwischen der Bf. und zwölf Dienstbarkeitsgebern (in der Folge "die Dienstbarkeitsgeber"), die Miteigentümer der Liegenschaft EZ, KG, BG sind, räumen die Dienstbarkeitsgeber für sich und ihre jeweiligen Rechtsnachfolger der Bf. und ihren jeweiligen Rechtsnachfolgern das Recht ein, eine im Dienstbarkeitsvertrag bestimmte Dienstbarkeitsfläche als Garten zu nutzen und die Dienstbarkeitsgeber von der Nutzung der Dienstbarkeitsfläche auszuschließen. Die Dienstbarkeit wurde für immerwährende Zeiten eingeräumt. Als Gegenleistung für die Einräumung der Dienstbarkeit bezahlte die Bf. EUR 12.000. Der Dienstbarkeitsvertrag wurde am 23.5.2024 von der Bf. und im Zeitraum zwischen 29.5.2024 und 20.6.2024 von sämtlichen Dienstbarkeitsgebern unterzeichnet.
Mit Beschluss vom xx.08.2024 wies das zuständige Grundbuchsgericht die Verbücherung des Dienstbarkeitsvertrags ab. Begründend führte es aus, dass sich aus dem Vertrag ergebe, dass durch die Dienstbarkeit eine Art immerwährendes geteiltes Eigentum entstehen soll. Dem jeweiligen Eigentümer stünde nur das Recht auf die Substanz zu, dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Gutes das dauernde ausschließliche und nicht ablösbare Recht der Nutzungen. Art. 7 StGG verbiete eine Belastung von Liegenschaften mit unablösbaren Leistungen, weshalb die Dienstbarkeit nicht als zeitlich unbeschränkte Grunddienstbarkeit bestellt werden könne und eine Verbücherung unzulässig sei.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Dienstbarkeitsvertrag und dem Beschluss des Grundbuchsgerichts und ist unstrittig.
Die Bf. beantragte keine mündliche Verhandlung und sah das Gericht aufgrund der gegebenen Sachlage keinen Grund, eine solche von Amts wegen anzuberaumen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist, ob eine Gebührenschuld nach § 33 TP 9 GebG 1957 entstanden ist.
§ 33 TP 9 GebG 1957 unterwirft Dienstbarkeiten einer Rechtsgeschäftsgebühr, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird. Der Begriff der Dienstbarkeit ist im GebG 1957 nicht definiert, sodass für den Umfang des gebührenrechtlichen Tatbestands insoweit grundsätzlich das Zivilrecht maßgeblich ist. Nach § 472 ABGB wird durch das "Recht der Dienstbarkeit" ein Eigentümer verbunden, zum Vorteil eines anderen, nämlich des Berechtigten, in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.
Zu unterscheiden sind persönliche Dienstbarkeiten (Personalservituten, z.B. Fruchtgenussrecht), die einer bestimmten Person zustehen, und Grunddienstbarkeiten (Realservituten, z.B. Wegerecht), bei denen die Berechtigung an das Eigentum an einer Liegenschaft geknüpft ist. Auch persönliche Dienstbarkeiten können grundsätzlich als Grunddienstbarkeit bestellt und intabuliert werden (sog. "unregelmäßige Servitut" iSd § 479 ABGB; so z.B. OGH 27.1.2021, 9 Ob 65/20d, s. dazu Rassi in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 479 Rz 1). Aus dem Inhalt des gegenständlichen Dienstbarkeitsvertrags kann geschlossen werden, dass eine solche unregelmäßige Servitut begründet werden sollte.
Der Gebührengesetzgeber knüpft die Gebührenpflicht grundsätzlich an das zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft an. Der Gebühr unterliegt also nicht erst der Erwerb einer Dienstbarkeit, d.h. ihre Intabulation, sondern bereits die rechtsgeschäftliche Einräumung des Titels zum entgeltlichen Erwerb (so z.B. VwGH 4.12.2003, 2003/16/0143; 24.6.2010, 2010/16/0053; BFG 14.9.2017, RV/5100395/2017, RV/5100396/2017).
Für die Frage der Gebührenpflicht ist es demnach unerheblich, ob der durch das Rechtsgeschäft angestrebte wirtschaftliche Erfolg eintritt oder nicht (vgl. VwGH 17.2.1992, 91/15/0087; 25.2.1993, 92/16/0159). In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof etwa ausgesprochen, dass der Gebührentatbestand des § 33 TP 18 Abs. 1 GebG 1957 bereits verwirklicht ist, wenn die erforderlichen rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen des Pfandrechtserwerbs (d.h. das Titel- und das darin enthaltene dingliche Rechtsgeschäft) gegeben sind; auf die Eintragung der Hypothek oder die Einverleibungsfähigkeit der Urkunde kommt es hingegen nicht an (vgl. VwGH 10.6.1991, 90/15/0026; 17.2.1992, 91/15/0087). Zudem ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch irrelevant, ob einzelne eingegangene Vertragspflichten tatsächlich rechtlich durchsetzbar sind oder nicht (vgl. VwGH 28.2.2002, 99/16/0140). Entsprechendes gilt, wenn nach der Parteienabsicht überhaupt nur eine obligatorische Dienstbarkeit begründet werden soll (VwGH 17.2.1986, 84/15/0056; 5.3.1990, 89/15/0014). Hingegen unterliegen unwirksame (weil der geltenden Rechtsordnung überhaupt fremde oder gesetzlich nicht zugelassene) Dienstbarkeiten keiner Gebührenpflicht nach § 33 TP 9 GebG 1957, selbst wenn sie verbüchert worden sein sollten (Arnold/Arnold, Rechtsgebühren9 (2011) Rz 2).
Folglich ist gegenständlich zu klären, ob ein gültiger Titel über die Einräumung einer Dienstbarkeit und somit ein Rechtsgeschäft iSd § 15 Abs. 1 GebG 1957 zustande gekommen ist. Ohne gültig zustande gekommenes Rechtsgeschäft kann keine Gebührenpflicht entstehen (VwGH 28.2.2002, 99/16/0140; 24.9.2002, 99/16/0310; 20.2.2003, 2002/16/0116; 5.11.2009, 2008/16/0071), die Frage des gültigen Zustandekommens ist ausschließlich zivilrechtlich zu beurteilen (VwGH 24.9.2002, 99/16/0310).
Wie oben angesprochen ist die Bestellung und Intabulation unregelmäßiger Servituten zivilrechtlich grundsätzlich möglich. Jedoch ist bei der Ausdehnung persönlicher Dienstbarkeiten eine zeitliche Grenze zu ziehen, um eine dauerndes Auseinanderfallen von Eigentum und Nutzungsrecht zu vermeiden und zu verhindern, dass dem servitutsbelasteten Eigentümer für immerwährende Zeiten nur ein nudum ius ohne jede praktische Aussicht, jemals wieder in den Genuss seiner Sache zu kommen, verbleibt (s z.B. Verweijen, Fruchtgenuss für mehrere Generationen, immo aktuell 2020, 156). Dies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, die sich auf Art. 7 StGG gründet (OGH 29.5.2001, 1 Ob 125/01s; 21.3.2006, 5 Ob 40/06b; 18.9.2009, 6 Ob 139/09y; 17.1.2019, 5 Ob 212/18i; 27.1.2021, 9 Ob 65/20d). Die bei der Begründung und Verbücherung zu beachtende zeitliche Beschränkung ist an den Wertungen des § 612 ABGB zu messen (RIS-Justiz RS0011621; RS0115508). Wie der Oberste Gerichtshof klargestellt hat, führt die Tatsache, dass die Bestellung persönlicher Dienstbarkeiten als Grunddienstbarkeiten nicht unbeschränkt möglich ist, nicht zur Nichtigkeit des Vertrages (OGH 27.1.2021, 9 Ob 65/20d). Somit ist der Bf. nicht zuzustimmen, wenn sie ausführt, dass sich aus der Judikatur des Obersten Gerichtshofes ergebe, dass der abgeschlossene Dienstbarkeitsvertrag nichtig ist.
Zusammenfassend ergibt sich daraus für den gegenständlichen Fall, dass der abgeschlossene Dienstbarkeitsvertrag frei von Nichtigkeit ist und die belangte Behörde die Gebühr zu Recht vorgeschrieben hat. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt, unterliegt der Gebühr bereits die rechtsgeschäftliche Einräumung des Titels zum entgeltlichen Erwerb einer Dienstbarkeit, die erfolgreiche grundbücherliche Einverleibung ist aus gebührenrechtlicher Sicht irrelevant (VwGH 17.2.1986, 84/15/0056; 5.3.1990, 89/15/0014; 4.12.2003, 2003/16/0143; 24.6.2010, 2010/16/0053). Das Bundesfinanzgericht ist dieser Rechtsprechung mit seinem Erkenntnis gefolgt, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am 15. Mai 2025