BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom 6. September 2023 gegen die Bescheide des ***FA*** vom 15. Juni 2023 betreffend 1. Gebühren und 2. Gebührenerhöhung, ***1***, ***2***, beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs 1 lit. b BAO iVm. § 278 Abs. 1 lit. a BAO als verspätet zurückgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Mit Befund vom 30.03.2023, beim Finanzamt eingelangt am 06.04.2023, teilte das ***3*** mit, dass zu den Verfahrenszahlen ***4*** und ***5*** jeweils die Revisionsgebühren gemäß § 24a VwGG nicht entrichtet worden sind.
In der Folge erließ das Finanzamt die streitgegenständlichen Bescheide vom 15.06.2023 und setzte damit die Gebühr für zwei Eingaben gemäß § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG idF BGBl. I Nr. 72/2021) in Höhe von 480,00 Euro, sowie die Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG im Ausmaß von 50% der verkürzten Gebühr mit 240,00 Euro, insgesamt somit 720,00 Euro, fest.
Die Bescheide wurden via FinanzOnline am 16.06.2023 an den Beschwerdeführer (Bf) zugestellt.
Dagegen hat der Beschwerdeführer (Bf) mit Schreiben vom 06.09.2023 Beschwerde erhoben, welche mit Beschwerdevorentscheidung vom 13.10.2023 als verspätet zurückgewiesen wurde, sowie einen Antrag auf Verfahrenshilfe eingebracht.
Gegen die Zurückweisung hat der Bf mit Schreiben vom 06.11.2023 wiederum Beschwerde eingebracht und den Antrag auf Verfahrenshilfe aufrecht erhalten.
Das Finanzamt wertete dies als Vorlageantrag und legte die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor.
Der Bf wendet im Wesentlichen ein, die Bescheide seien nicht als behördliche Schriftstücke mittels RSb postalisch zugestellt worden. Er sei seit dem Jahr 1990 bis dato, 06. November 2023, unternehmerisch tätig gewesen und habe in rund 23 Jahren vom Finanzamt ausschließlich postalische Zustellungen erhalten. Als Beweis bot der Bf eine Zeugeneinvernahme an. Weiters wurde die Mahnung des Finanzamtes Österreich vom 09.08.2023 über die vollstreckbaren Gebühren in Höhe von 720,00 Euro vorgelegt.
Der Bf bringt vor, er sei zu der hier behaupteten "verpflichtenden Einsicht in eine FinanzOnline Databox" nicht auf eine Systemänderung hingewiesen worden und auch postalisch (mittels RSb Brief) nicht in Kenntnis gesetzt worden. Darüber hinaus hätte er einer solcherart elektronischen Zustellung im Rahmen von FinanzOnline vorab auch schriftlich zustimmen müssen, was bisher nicht vereinbart worden sei. Der Beschwerdeführer stimme einer Zustellung behördlicher Bescheide mit Rechtsmittel- und Beschwerdefristen via Databox im Rahmen von FinanzOnline auch weiterhin nicht zu.
Der Bf beruft sich auf seine fachärztlich bestätigte Notwendigkeit der Einhaltung von Ordnungsprinzipien. Das Vorgehen und der Vorhalt des Finanzamtes Österreich würden in unzumutbarer Weise gegen diese medizinische Notwendigkeit der Einhaltung von derartigen "Ordnungsprinzipien " verstoßen.
Gegenstand vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Gebührensache.
Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 243 Bundesabgabenordnung (BAO) sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist. Gemäß § 245 Abs 1 Satz 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Gemäß § 97 Abs 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.
Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig (lit. a) ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b).
Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht.
§ 109 BAO normiert, wenn der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst wird, so ist für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1), (vgl. § 109 BAO; Ritz/Koran, BAO7 § 245 Tz 4).
§ 97 Abs. 1 und Abs. 3 BAO lauten:
(1) Erledigungen werden dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgta) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.
(3) An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, daß sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, daß die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 gilt sinngemäß.
§ 5b der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (FinanzOnline-Verordnung 2006 - FOnV 2006) normiert auszugsweise:
(1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.
(2) Jeder Teilnehmer, der an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teilnimmt, hat in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert.
(3) Teilnehmer, die Unternehmer im Sinne des § 3 Z 20 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 163/1999, sind und die wegen Überschreiten der Umsatzgrenze zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, haben an der elektronischen Zustellung über FinanzOnline teilzunehmen und können auf diese nicht verzichten. Andere Teilnehmer können in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem 31. Dezember 2012 erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten. Wenn sie nicht zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet sind, können die in § 2 Abs. 2 genannten Parteienvertreter den Verzicht für die Zustellungen in ihren eigenen Angelegenheiten und davon getrennt für die Zustellungen in den Angelegenheiten als Parteienvertreter erklären.
Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Nach herrschender Rechtsauffassung und den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung (Vgl. 270 BlgNR 23. GP 13) ist der Zeitpunkt, in dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, 3. Auflage, § 98 Anm. 8). Die Databox ist eine solche, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. VwGH 31.7.2013, 2009/13/0105). Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den Finanz-Online-Teilnehmer, beispielsweise durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides kommt es nicht an. (vgl. BFG vom 20.11.2015, RV/2100371/2015 sowie Ritz, BAO7, § 98 Tz 4 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Irrelevant ist auch das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung (Ritz/Koran, BAO7, § 98 Rz 4).
Der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox ist auch dann der Zustellzeitpunkt, wenn die in § 5b Abs. 2 FOnV 2006 vorgesehene Information an der vom Teilnehmer angegebenen elektronischen Adresse unterblieben sein sollte. Diese Information hat lediglich Service-Charakter (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl., § 98 Tz 4, mwN).
§ 5b Abs 3 FinanzOnline-Verordnung 2006 sieht für andere Teilnehmer als bestimmte Unternehmer in FinanzOnline die Möglichkeit des Verzichtes auf die elektronische Form der Zustellung vor. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem 31. Dezember 2012 erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten (vgl. § 5b Abs. 3 FOnV 2006). Nach dem festgestellten Sachverhalt (Mitteilung des Finanzamtes vom 16.01.2025) hat der Bf. nicht aktiv auf die elektronische Zustellung von Dokumenten verzichtet (vgl. § 5b Abs. 3 FOnV 2006).
Die Bescheide betreffend Gebühren und Gebührenerhöhung wurden am 16.06.2023 in die Databox des Beschwerdeführers eingestellt. Der Beschwerdeführer ist FinanzOnline Teilnehmer und hat auch nicht auf die elektronische Zustellung verzichtet. Die Bescheide wurden daher am 16.06.2023 wirksam zugestellt. Letzter Tag der Beschwerdefrist wäre der 17.07.2023 gewesen. Die Beschwerde vom 06.09.2023 ist somit verspätet.
Von Parteien beantragte Beweise sind gemäß § 183 Abs. 3 BAO aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 BAO zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist ua. abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind (vgl. VwGH 2.3.1993, 92/14/0182). Wenn der Bf vorbringt, er habe in den letzten 23 Jahren seiner unternehmerischen Tätigkeit vom Finanzamt ausschließlich postalische Zustellungen erhalten, so ändert dies nichts an der wirksamen Zustellung der gegenständlichen Bescheide. Insofern ist von einer Zeugeneinvernahme des Herrn ***6*** zum Beweis dieser erfolgten postalischen Zustellungen abzusehen.
Die Beschwerde war gem. § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am 28. Juli 2025