BundesrechtInternationale VerträgeSchiffahrt – Eintragung von Binnenschiffen (Protokoll Nr. 2)

Schiffahrt – Eintragung von Binnenschiffen (Protokoll Nr. 2)

In Kraft seit 24. Juni 1982
Up-to-date

Kapitel I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Art. 1 Artikel 1

Im Sinne dieses Protokolls bedeuten die Ausdrücke:

a) „Vertragsparteien“ die durch dieses Protokoll gebundenen Vertragsparteien des Übereinkommens über die Eintragung von Binnenschiffen;

b) „Sicherungsbeschlagnahme“ jede gemäß Artikel 10 bewilligte Dringlichkeitsmaßnahme, die, vorbehaltlich der Bestimmungen von Artikel 18, die tatsächliche Stillegung eines Binnenschiffs bewirkt, um auf diese Weise die Durchsetzung einer Forderung oder eines anderen Rechts des Antragstellers zu sichern;

c) „Zwangsvollstreckung“ jede in der Rechtsordnung einer Vertragspartei vorgesehene und auf die Veräußerung eines Binnenschiffs gerichtete Maßnahme zur Befriedigung einer Forderung oder irgendeines anderen Rechts des Antragstellers; der Ausdruck umfaßt insbesondere die Beschlagnahme im Vollstreckungsverfahren und die Zwangsversteigerung.

Art. 2 Artikel 2

Dieses Protokoll ist auf die Sicherungsbeschlagnahme und die Zwangsvollstreckung betreffend jedes Binnenschiff, auch ein im Bau befindliches, gestrandetes oder gesunkenes Schiff, anzuwenden, das in einem Register einer Vertragspartei eingetragen ist.

Art. 3 Artikel 3

(1) Dieses Protokoll ist auf Verfahren, die nicht unter die Begriffsbestimmungen von Artikel 1 Buchstaben b und c fallen, insbesondere auf Anordnungen, das Binnenschiff an den Ort seiner Eintragung zurückzubringen, und auf Betreibungsverfahren, die zum Konkurs führen können, nicht anzuwenden.

(2) Dieses Protokoll berührt nicht die Wirkungen, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei nach ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung oder den sie bindenden zwischenstaatlichen Vereinbarungen mit dem Konkurs verbunden sind.

Art. 4 Artikel 4

Die Sicherungsbeschlagnahme, die Beschlagnahme im Vollstreckungsverfahren und die Zwangsversteigerung dürfen nur in dem Staat durchgeführt werden, in dem sich das Binnenschiff befindet. Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Protokolls richtet sich das Verfahren nach der Rechtsordnung des betreffenden Staates.

Art. 5 Artikel 5

(1) Ist das Binnenschiff Gegenstand einer Sicherungsbeschlagnahme oder einer Zwangsvollstreckung, so sind diese Maßnahmen in das Eintragungsregister des Schiffs einzutragen; hiervon sind der Antragsteller und die aus früheren Eintragungen Begünstigten zu benachrichtigen. Das gleiche gilt bei Aufhebung der Beschlagnahme oder bei Beendigung des Vollstreckungsverfahrens.

(2) Ist die in Absatz 1 vorgesehene Eintragung in das Register einer anderen als der Vertragspartei, bei der das Binnenschiff Gegenstand einer Beschlagnahme oder einer Vollstreckung ist, vorzunehmen, so ersucht die Behörde oder die behördlich hierzu befugte Person, welche die Rechtsordnung des Staates der Beschlagnahme oder der Vollstreckung bezeichnet, um die Eintragung.

Art. 6 Artikel 6

Ist eine Sicherungsbeschlagnahme bewilligt oder durchgeführt oder ein Zwangvollstreckungsverfahren eingeleitet worden, so entsteht auf Grund dieses Protokolls dadurch kein dingliches Recht an dem Binnenschiff. Jedoch kann ein nach Eintragung der Beschlagnahme oder des Vollstreckungsverfahrens in das Register eingetragenes Recht demjenigen, der die Beschlagnahme beantragt hat, die Zwangsversteigerung betreibt oder das Binnenschiff in der Zwangsversteigerung ersteht, nicht entgegengehalten werden.

Art. 7 Artikel 7

Ein Zurückbehaltungsrecht an dem Binnenschiff hindert nicht dessen Sicherungsbeschlagnahme oder Zwangsversteigerung.

Art. 8 Artikel 8

(1) Für die Anwendung dieses Protokolls sind die zuständigen Behörden der Vertragsparteien ermächtigt, unmittelbar miteinander zu verkehren; die Schriftstücke können in der Sprache des Absenders verfaßt werden.

(2) Auf Verlangen eines Beteiligten werden die in Artikel 5 Absatz 2 vorgesehenen Ersuchen gegen Vorauszahlung der Kosten auf irgendeine telegraphische Übermittlungsweise weitergeleitet. Der Absender hat sein Ersuchen schriftlich zu bestätigen.

Kapitel II

SICHERUNGSBESCHLAGNAHME

Art. 9 Artikel 9

(1) Jede nach den Bestimmungen dieses Protokolls im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei durchgeführte Sicherungsbeschlagnahme wird im Hoheitsgebiet aller anderen Vertragsparteien anerkannt.

(2) Absatz 1 ist im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei nicht anzuwenden, in dem durch eine vor der Bewilligung der Beschlagnahme rechtskräftig gewordene gerichtliche Entscheidung festgestellt ist, daß das Recht, für das die Beschlagnahme beantragt worden ist, nicht besteht.

Art. 10 Artikel 10

(1) Die Sicherungsbeschlagnahme eines Binnenschiffs ist nur mit Bewilligung des Gerichts des Staates zulässig, in dem sie durchgeführt werden soll. Die Bewilligung, die, wenn es die Rechtsordnung des bezeichneten Staates vorsieht, auch nachträglich gegeben werden kann, wird erteilt, wenn Gefahr besteht, daß für den Antragsteller ohne sofortige Maßnahmen die Sicherung der Durchsetzung seines Rechts ungewiß oder wesentlich schwieriger sein würde.

(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Recht des Antragstellers ein dingliches Recht oder eine durch ein solches Recht gesicherte Forderung ist.

Art. 11 Artikel 11

(1) Der Antragsteller muß sein Recht und die in Artikel 10 erwähnte Gefahr glaubhaft machen. Das Gericht kann die Bewilligung von der Leistung einer Sicherheit durch den Antragsteller abhängig machen.

(2) Ist nach den Umständen anzunehmen, daß der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung sein Recht nicht glaubhaft machen kann, so kann das Gericht dennoch die Sicherungsbeschlagnahme bewilligen, wobei es die Bewilligung von der Leistung einer Sicherheit durch den Antragsteller abhängig machen muß.

Art. 12 Artikel 12

Ist die Sicherungsbeschlagnahme für eine Forderung in bestimmter Höhe bewilligt worden, so ist der Betrag in der Bewilligung anzugeben.

Art. 13 Artikel 13

Die Rechtsordnung des Staates, in dem die Sicherungsbeschlagnahme bewilligt worden ist, bestimmt, in welchen Fällen, unter welchen Voraussetzungen und binnen welcher Fristen der Antragsteller sein Recht gerichtlich geltend machen muß.

Art. 14 Artikel 14

Vorbehaltlich der Artikel 15 und 16 bestimmt die Rechtsordnung des Staates, in dem die Sicherungsbeschlagnahme bewilligt worden ist, die Fälle und die Voraussetzungen eines Widerrufs der erteilten Bewilligung sowie einer Aufhebung der Beschlagnahme.

Art. 15 Artikel 15

(1) Auf Antrag eines Beteiligten wird vom Gericht des Staates, in dem die Sicherungsbeschlagnahme bewilligt worden ist, die Bewilligung widerrufen oder die Beschlagnahme aufgehoben, wenn eine Kaution oder andere Sicherheit geleistet wird, vorausgesetzt, daß das Gericht die Kaution oder andere Sicherheit für genügend erachtet.

(2) Ist eine Beschlagnahme bewilligt worden, um die Durchsetzung einer Forderung zu sichern, der gegenüber der Schuldner sich auf eine Haftungsbeschränkung berufen könnte, so ist eine Kaution oder andere Sicherheit der Höhe nach als genügend anzusehen, wenn sie mindestens dem Betrag gleichkommt, auf den die Haftung beschränkt worden ist oder beschränkt wird. Diese Bestimmung ist auch dann anzuwenden, wenn weitere Gläubiger als durch diese Kaution oder andere Sicherheit begünstigt bezeichnet worden sind oder bezeichnet werden.

Art. 16 Artikel 16

(1) War die Sicherungsbeschlagnahme eines Binnenschiffs bewilligt worden, um die Durchsetzung eines bestimmten Rechts zu sichern, und ist auf Grund der Leistung einer Kaution oder anderen Sicherheit die Bewilligung der Beschlagnahme widerrufen oder die Beschlagnahme aufgehoben worden, so darf im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien zur Sicherung der Durchsetzung desselben Rechts eine Sicherungsbeschlagnahme des Schiffs oder von Sachen, die ihrer Zweckbestimmung nach dauernd auf dem Schiff verbleiben sollen und dem Schiffseigentümer gehören, oder eines anderen Binnenschiffs nicht bewilligt werden.

(2) Absatz 1 ist jedoch im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei nicht anzuwenden, deren Gericht der Auffassung ist, daß in seinem Staat die geleistete Kaution oder andere Sicherheit nicht oder nicht mehr die gleiche Wirksamkeit hat, die sie in dem Staat, in dem die Beschlagnahme bewilligt worden war, zur Zeit des Widerrufs der Bewilligung oder der Aufhebung der Beschlagnahme hatte.

Art. 17 Artikel 17

Die zur Abwendung einer Sicherungsbeschlagnahme oder zum Zweck ihrer Aufhebung geleistete Kaution oder andere Sicherheit gilt in keinem Fall als Anerkennung des Rechts des Antragstellers oder als Verzicht auf Geltendmachung einer Haftungsbeschränkung.

Art. 18 Artikel 18

Das Gericht kann, ohne die Sicherungsbeschlagnahme aufzuheben, die Weiterbenützung des Binnenschiffs regeln; zu diesem Zweck kann es anordnen, daß eine von ihm bestimmte Kaution oder andere Sicherheit zu leisten ist.

Kapitel III

ZWANGSVOLLSTRECKUNG

Art. 19 Artikel 19

(1) Die Wirkungen, die eine Zwangsvollstreckung im Hoheitsgebiet der Vertragspartei hat, in dem sie durchgeführt wird, werden im Hoheitsgebiet aller anderen Vertragsparteien anerkannt.

(2) Absatz 1 ist im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei nicht anzuwenden, in dem durch eine vor der Vollstreckung rechtskräftig gewordene gerichtliche Entscheidung festgestellt ist, daß das Recht, für das die Vollstreckung beantragt worden ist, nicht besteht.

Art. 20 Artikel 20

Der Titel, auf den sich eine Person in ihrem Antrag auf Zwangsvollstreckung in das Binnenschiff beruft, muß hinsichtlich der Vollstreckbarkeit die Voraussetzungen erfüllen, welche die Rechtsordnung des Staates, in dem die Vollstreckung durchgeführt werden soll, vorsieht.

Art. 21 Artikel 21

(1) Folgendes ist rechtzeitig zu veranlassen:

a) die öffentliche Bekanntmachung des Tages und des Ortes der Zwangsversteigerung sowie der Frist, die den Beteiligten zur Geltendmachung derjenigen Rechte gesetzt wird, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, und zwar sowohl in dem Staat, in dem die Vollstreckung betrieben wird, als auch in dem Staat, in dem das Binnenschiff eingetragen ist;

b) die Mitteilung des Inhalts der in Buchstabe a vorgesehenen Bekanntmachung an die aus Registereintragungen Begünstigten und an die anderen Beteiligten, die bekannt sind.

(2) Ist das Binnenschiff, in das die Zwangsvollstreckung betrieben wird, in einem Register einer anderen als der Vertragspartei, bei der die Vollstreckung betrieben wird, eingetragen, so hat die Registerbehörde auf Ersuchen der Behörde oder der behördlich hierzu befugten Person, welche die Rechtsordnung des Staates der Vollstreckung bezeichnet, unverzüglich und gegen Erstattung der Kosten

a) in ihrem Staat für die in Absatz 1 Buchstabe a vorgesehene öffentliche Bekanntmachung zu sorgen;

b) die in Absatz 1 Buchstabe b vorgesehene Mitteilung den aus Registereintragungen Begünstigten zuzustellen oder zustellen zu lassen.

Diese Verpflichtungen der Registerbehörde werden durch die Bestimmungen von Artikel 3 Absatz 2 und Artikel 19 Absatz 2 nicht berührt.

Art. 22 Artikel 22

(1) Ist im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei die Zwangsvollstreckung in ein Binnenschiff durchgeführt worden, das im Register einer anderen Vertragspartei eingetragen ist, so nimmt die Registerbehörde gegen Vorlegung einer Ausfertigung des Beschlusses über den Zuschlag die auf Grund von Artikel 19 erforderlichen Änderungen und Löschungen der Eintragungen vor; sie benachrichtigt von diesen Änderungen und Löschungen die aus geänderten oder gelöschten Eintragungen Begünstigten. Die Ausfertigung des Beschlusses über den Zuschlag darf erst erteilt werden, wenn der Zuschlag nicht mehr angefochten werden kann. Der Beschluß über den Zuschlag muß gegebenenfalls erkennen lassen, welche eingetragenen Rechte durch den Zuschlag nicht erlöschen.

(2) Weigert sich die Registerbehörde auf Grund von Artikel 3 Absatz 2 oder Artikel 19 Absatz 2, das Eigentum des Erwerbers des Binnenschiffs einzutragen, so kann das Schiff abweichend von Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 11 Absatz 1 des Übereinkommens in ein Register irgendeiner anderen Vertragspartei eingetragen werden; jedoch muß das Schiff die in der Rechtsordnung dieser Vertragspartei vorgesehenen Voraussetzungen dafür erfüllen, daß es dort eingetragen werden kann.