Schiedsgerichtsvertrag zwischen Österreich und Polen
Art. 2
(1) Handelt es sich um eine Streitfrage, deren Geg
Art. 3(1) Jeder Streitfall, der sich zur Austragung auf
Art. 4(1) Innerhalb von sechs Monaten nach dem Austausch
Art. 5(1) Die Kommissäre werden für drei Jahre ernannt.
Art. 6(1) Die Ständige Vergleichskommission tritt über e
Art. 7(1) Innerhalb von 14 Tagen nach dem Tage, an dem d
Art. 8(1) Der Ständigen Vergleichskommission obliegt es,
Art. 9(1) Das Verfahren vor der Ständigen Vergleichskomm
Art. 10(1) Die Ständige Vergleichskommission kann Entsche
Art. 11Die Ständige Vergleichskommission tritt mangels ab
Art. 12Die Arbeiten der Ständigen Vergleichskommission kö
Art. 13(1) Die Parteien werden bei der Ständigen Vergleic
Art. 14Die vertragschließenden Teile werden der Ständigen
Art. 15Art. 16
(1) Für den Fall, daß es zu einem Schiedsverfahren
Art. 17(1) Das schiedsgerichtliche Erkenntnis ist bindend
Art. 18Art. 19
Während des Laufes des Vergleichsverfahrens oder s
Art. 20Alle auf die Auslegung des gegenwärtigen Vertrages
Art. 21(1) Der gegenwärtige Vertrag soll ratifiziert werd
Vorwort
I. Teil.
Art. 1
(1) Die vertragschließenden Teile verpflichten sich, alle Streitfragen, die zwischen ihnen entstehen sollten und die nicht innerhalb angemessener Zeit auf diplomatischem Wege geschlichtet werden können, dem Vergleichsverfahren und, gegebenenfalls, dem Schiedsgerichtsverfahren zu unterwerfen.
(2) Diese Verpflichtung erstreckt sich jedoch weder auf Fragen, die nach internationalem Rechte zur ausschließlichen Zuständigkeit der Staaten gehören, noch auf Streitigkeiten, die aus Tatsachen entstanden sind, die dem gegenwärtigen Vertrag zeitlich vorausgehen und der Vergangenheit angehören.
(3) Die Streitfragen, für deren Lösung in anderen zwischen den vertragschließenden Teilen in Geltung stehenden Übereinkommen ein besonderes Verfahren vorgesehen ist, werden nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Übereinkommen geregelt.
Art. 2
(1) Handelt es sich um eine Streitfrage, deren Gegenstand nach der inneren Gesetzgebung einer der Parteien zur Zuständigkeit ihrer staatlichen Gerichte, einschließlich der Verwaltungsgerichte, gehört, so wird die Streitigkeit einem der im gegenwärtigen Vertrage vorgesehenen Verfahren erst unterworfen werden, wenn das innerhalb einer angemessenen Frist von der zuständigen innerstaatlichen Gerichtsbehörde erlassene Urteil in Rechtskraft erwachsen ist.
(2) Das Begehren um Einleitung des Vergleichsverfahrens muß in diesem Falle spätestens innerhalb eines Jahres vom endgültigen Urteil gestellt werden.
Art. 3
(1) Jeder Streitfall, der sich zur Austragung auf die oben angegebene Weise eignet, ist dem Vergleichsverfahren zu unterziehen, wenn die Parteien nicht übereinkommen, ihn unmittelbar der schiedsgerichtlichen Austragung zu unterbreiten.
(2) Falls der von der Ständigen Vergleichskommission ausgearbeitete Vergleichsvorschlag von den beiden Teilen nicht angenommen wird, ist der Streitfall der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen, wenn eine der Parteien es verlangt.
Art. 4
(1) Innerhalb von sechs Monaten nach dem Austausche der Ratifikationen zum gegenwärtigen Vertrag werden die vertragschließenden Teile eine Ständige Vergleichskommission, bestehend aus drei Mitgliedern, bilden.
(2) Die vertragschließenden Teile ernennen je ein Mitglied nach ihrem Belieben und wählen das dritte, das der Vorsitzende der Kommission sein wird, im gegenseitigen Einvernehmen. Dieses Mitglied darf weder Angehöriger der vertragschließenden Teile sein, noch auf ihrem Gebiete seinen Wohnsitz haben, noch sich in ihren Diensten befinden.
(3) Erfolgt die Berufung des Vorsitzenden nicht innerhalb des genannten Zeitraumes von sechs Monaten, oder, im Falle der Ersetzung, nicht innerhalb von drei Monaten nach Freiwerden der Stelle, so wird in Ermangelung anderweitiger Vereinbarung der schweizerische Bundespräsident gebeten werden, die erforderliche Ernennung vorzunehmen.
Art. 5
(1) Die Kommissäre werden für drei Jahre ernannt. Ihre Wiederernennung ist zulässig. Sie bleiben in Tätigkeit bis zur Bestellung eines Nachfolgers und jedenfalls bis zur Beendigung der zur Zeit des Ablaufes ihres Auftrages im Gange befindlichen Arbeiten.
(2) Stellen, die infolge Todesfalles, Amtsniederlegung oder sonstiger Behinderung frei werden, werden in kürzester Frist nach dem für die Ernennung maßgebenden Verfahren wieder besetzt.
Art. 6
(1) Die Ständige Vergleichskommission tritt über einen Antrag in Tätigkeit, der von den beiden Parteien in gegenseitigem Einvernehmen oder mangels eines solchen Einvernehmens von einer der beiden Parteien an ihren Vorsitzenden zu richten ist.
(2) Der Antrag enthält eine Darstellung des Streitfalles und das Ersuchen an die Kommission, alle geeigneten Maßnahmen zur Herbeiführung eines Vergleiches vorzuschlagen.
(3) Geht der Antrag nur von einer der Parteien aus, so wird er von dieser der Gegenpartei unverzüglich mitgeteilt.
Art. 7
(1) Innerhalb von 14 Tagen nach dem Tage, an dem die polnische Regierung oder die österreichische Regierung eine Streitfrage vor die Ständige Vergleichskommission gebracht hat, kann jede der Parteien für die Behandlung dieser Streitfragen ihren Kommissär durch eine Persönlichkeit ersetzen, die in der Angelegenheit besondere Sachkunde besitzt.
(2) Die Partei, die von diesem Rechte Gebrauch macht, teilt dies unverzüglich der anderen Partei mit, der es sodann freisteht, innerhalb von 14 Tagen nach dem Tage, an dem ihr die Mitteilung zugegangen ist, das gleiche zu tun.
Art. 8
(1) Der Ständigen Vergleichskommission obliegt es, die streitigen Fragen aufzuklären, zu diesem Zweck alle geeigneten Auskünfte zu sammeln und sich zu bemühen, einen Vergleich zwischen den Parteien herbeizuführen. Sie kann nach Prüfung des Falles den Parteien die Bedingungen der ihr angemessen scheinenden Regelung mitteilen und ihnen eine Frist zur Erklärung setzen.
(2) Nach Beendigung ihrer Arbeiten stellt die Kommission ein Protokoll auf, das je nach Lage des Falles feststellt, entweder daß sich die Parteien verständigt haben und, gegebenenfalls, unter welchen Bedingungen diese Verständigung erfolgt ist, oder aber, daß die Parteien nicht zur Annahme eines Vergleiches gebracht werden konnten.
(3) Die Arbeiten der Kommission müssen innerhalb von sechs Monaten nach dem Tage des ersten Zusammentrittes der Kommission beendet sein. Die Parteien können im gegenseitigen Einvernehmen diese Frist ausdehnen oder abkürzen.
(4) Dem Bericht der Kommission kommt, weder was die Darstellung des Sachverhaltes noch was die juristischen Ausführungen anlangt, der Charakter einer schiedsgerichtlichen Entscheidung zu.
Art. 9
(1) Das Verfahren vor der Ständigen Vergleichskommission ist kontradiktorisch.
(2) Die Kommission regelt selbst ihr Verfahren, wobei sie, wenn sie nicht einstimmig anderweitig beschließt, auf die Bestimmungen des Titels III des Haager Übereinkommens vom 18. Oktober 1907 zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle Bedacht nimmt.
(3) Die Beratungen der Kommission sind geheim, es sei denn, daß die Kommission einvernehmlich mit den Parteien anderweitig beschließt.
Art. 10
(1) Die Ständige Vergleichskommission kann Entscheidungen nur treffen, wenn alle Mitglieder gehörig geladen und anwesend sind.
(2) Soweit der gegenwärtige Vertrag nichts anderes bestimmt, werden die Entscheidungen der Kommission mit Stimmenmehrheit getroffen. Jedes Mitglied verfügt über eine Stimme.
Art. 11
Die Ständige Vergleichskommission tritt mangels abweichender Vereinbarung der Parteien an dem von ihrem Vorsitzenden bestimmten Orte zusammen; dieser Ort muß jedoch außerhalb des Gebietes der Parteien gelegen sein.
Art. 12
Die Arbeiten der Ständigen Vergleichskommission können nur auf Grund eines Beschlusses, den die Kommission einstimmig und mit Zustimmung der Parteien faßt, veröffentlicht werden.
Art. 13
(1) Die Parteien werden bei der Ständigen Vergleichskommission durch Agenten vertreten sein, die als Mittelspersonen zwischen ihnen und der Kommission zu dienen haben; sie können sich außerdem der Hilfe von Beiräten und Sachverständigen, die sie zu diesem Zweck ernennen, bedienen.
(2) Die Kommission ist ihrerseits befugt, von den Agenten, Beiräten und Sachverständigen der beiden Parteien mündliche Erläuterungen sowie von der betreffenden Regierung die Übermittlung der Aussagen aller Personen zu verlangen, deren Zeugnis ihr zweckdienlich erscheint.
Art. 14
Die vertragschließenden Teile werden der Ständigen Vergleichskommission alle zweckdienlichen Auskünfte liefern und ihr in jeder Hinsicht und soweit nur irgend möglich die Erfüllung ihrer Aufgabe erleichtern.
II. Teil.
Art. 15
(1) Falls nach Maßgabe des Artikels 1 oder 3 des gegenwärtigen Vertrages eine Streitfrage der Schiedsgerichtsbarkeit unterbreitet wird, wird das Schiedsgericht durch Übereinkommen der Parteien gebildet.
(2) Falls das Schiedsgericht durch Übereinkommen der Parteien innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten von dem Tage, an dem eine der Parteien der anderen das Begehren um schiedsgerichtliche Austragung gestellt hat, nicht gebildet worden ist, wird in folgender Weise verfahren: Jede Partei ernennt zwei Schiedsrichter, von denen einer aus der Liste der Mitglieder des ständigen Schiedshofes, unter Ausschluß ihrer eigenen Staatsangehörigen und der von ihr ernannten Mitglieder des genannten Gerichtshofes gewählt sein muß. Die so bestimmten Schiedsrichter wählen gemeinsam den Präsidenten des Schiedsgerichtes. Im Falle der Stimmenteilung wird der schweizerische Bundespräsident gebeten werden, die erforderliche Ernennung vorzunehmen.
Art. 16
(1) Für den Fall, daß es zu einem Schiedsverfahren zwischen ihnen kommt, verpflichten sich die vertragschließenden Teile, innerhalb einer Frist von drei Monaten von dem Tage, an dem der eine von ihnen dem anderen das Begehren umd schiedsgerichtliche Austragung gestellt hat, eine spezielle Schiedsvereinbarung über den Gegenstand des Streites und die Einzelheiten des Verfahrens abzuschließen.
(2) Wenn die Schiedsvereinbarung nicht innerhalb des vorgesehenen Zeitraumes abgeschlossen werden kann, bilden die vertragschließenden Teile ein besonderes Schiedsgericht nach Maßgabe der Vorschriften des Artikels 15, Absatz 2, und dieses stellt aus eigener Machtvollkommenheit die Bestimmungen der Schiedsvereinbarung fest.
(3) Im Falle des Artikels 15, Absatz 2 laufen die im vorstehenden vorgesehenen Fristen erst vom Augenblicke der Bildung des Tribunals.
Art. 17
(1) Das schiedsgerichtliche Erkenntnis ist bindend und ist von den Parteien in gutem Glauben zu erfüllen.
(2) Wenn jedoch das Erkenntnis ausspricht, daß eine Entscheidung einer gerichtlichen oder anderen Behörde eines der vertragschließenden Teile sich ganz oder teilweise mit dem internationalen Rechte im Widerspruch befindet, und wenn es nach dem Staatsrechte dieses Vertragsteiles nicht oder nicht vollständig möglich ist, die Wirkungen der betreffenden Entscheidung auf administrativem Wege zu beseitigen, ist dem verletzten Vertragsteile eine angemessene Entschädigung anderer Art zuzusprechen.
Allgemeine Bestimmungen.
Art. 18
(1) Während der tatsächlichen Dauer des vergleichs- oder schiedsgerichtlichen Verfahrens werden das gemeinsam ernannte Mitglied der Ständigen Vergleichskommission und die Mitglieder des Schiedsgerichtes eine Vergütung erhalten, deren Höhe von den vertragschließenden Teilen festgesetzt werden wird.
(2) Jeder Teil kommt für seine eigenen Auslagen und für einen gleichen Anteil an den Kosten der Kommission und des Schiedsgerichtes auf.
Art. 19
Während des Laufes des Vergleichsverfahrens oder schiedsgerichtlichen Verfahrens haben sich die vertragschließenden Teile jeder Maßnahme zu enthalten, die geeignet wäre, eine nachteilige Rückwirkung auf die Annahme der Vorschläge der Ständigen Vergleichskommission oder auf die Durchführung des schiedsgerichtlichen Erkenntnisses auszuüben.
Art. 20
Alle auf die Auslegung des gegenwärtigen Vertrages bezüglichen Streitigkeiten sind dem Ständigen Internationalen Gerichtshofe zu unterbreiten.
Art. 21
(1) Der gegenwärtige Vertrag soll ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden werden so bald als möglich in Warschau ausgetauscht werden.
(2) Der Vertrag tritt am 30. Tage nach dem Austausch der Ratifikationen in Kraft und gilt für drei Jahre. Wird er nicht wenigstens sechs Monate vor Ablauf dieses Zeitraumes gekündigt, so bleibt er für einen neuerlichen Zeitraum von einem Jahre in Kraft und so fort.
(3) Im Moment des Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrages tritt der zu Warschau am 13. November 1923 zwischen Österreich und Polen abgeschlossene Schiedsgerichtsvertrag außer Kraft.
Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.
Geschehen zu Wien, den 16. April 1926.