BundesrechtBundesgesetzeVolksanwaltschaftsgesetz 1982

Volksanwaltschaftsgesetz 1982

VAG
In Kraft bis 31. August 2025
Up-to-date

I. ABSCHNITT

Organisation der Volksanwaltschaft

§ 1

(1) Zur kollegialen Beschlußfassung der Volksanwaltschaft ist die Anwesenheit aller Mitglieder erforderlich. Regelungen in der Geschäftsordnung über die Vertretung eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft in Angelegenheiten, die der kollegialen Beschlußfassung bedürfen, sind zulässig. Die Beschlüsse werden, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, mit Stimmenmehrheit gefaßt; Stimmenthaltung ist nicht zulässig.

(2) Außer der Beschlussfassung über die Geschäftsordnung und die Geschäftsverteilung gemäß Art. 148h Abs. 4 B-VG unterliegen der kollegialen Beschlussfassung der Volksanwaltschaft:

1. Empfehlungen, Fristsetzungsanträge und Anregungen von Maßnahmen der Dienstaufsicht gemäß Art. 148c B-VG,

2. Berichte an den Nationalrat und den Bundesrat gemäß Art. 148d Abs. 1 B-VG,

3. Anträge an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 5 und 6, Art. 148f und Art. 148i Abs. 1 zweiter Satz B-VG,

4. Stellungnahmen in Verfahren zur Begutachtung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen (§ 7 Abs. 1),

5. Anregungen einer Änderung oder Erlassung von Gesetzen (§ 7 Abs. 2),

6. die Bestellung und Abberufung der Mitglieder der Kommissionen (§ 12 Abs. 2 und 4) sowie der oder des Vorsitzenden, deren bzw. dessen Stellvertreterin oder Stellvertreters und der sonstigen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Menschenrechtsbeirats (§ 15 Abs. 3 und 6),

7. die Festlegung genereller Prüfschwerpunkte und

8. die Beschlussfassung über Vorschläge des Menschenrechtsbeirats zur Gewährleistung einheitlicher Vorgehensweisen und Prüfstandards (§ 14).

Durch die Geschäftsordnung oder die Geschäftsverteilung können weitere Angelegenheiten der kollegialen Beschlussfassung vorbehalten werden.

(3) Die wechselseitige Vertretung der Mitglieder der Volksanwaltschaft in der Wahrnehmung der zur selbständigen Behandlung übertragenen Aufgaben im Fall vorübergehender Verhinderung und dauernder Erledigung des Amtes wird durch die Geschäftsordnung der Volksanwaltschaft geregelt.

(4) Außer den Bezügen sind die Mitglieder der Volksanwaltschaft einem Staatssekretär, der mit der Besorgung bestimmter Aufgaben betraut ist, gleichgestellt.

§ 2

Scheidet ein Mitglied der Volksanwaltschaft vorzeitig aus dem Amt, so hat der Vorsitzende dies unverzüglich dem Präsidenten des Nationalrates anzuzeigen.

§ 3

(1) Die Volksanwaltschaft hat dem Nationalrat und dem Bundesrat jährlich über ihre Tätigkeit zu berichten. Überdies kann sie über einzelne Wahrnehmungen jederzeit an den Nationalrat und den Bundesrat berichten.

(2) Jedes Mitglied der Volksanwaltschaft, dessen Auffassung über den Inhalt eines an den Nationalrat gerichteten Berichtes nicht die Mehrheit gefunden hat, ist befugt, insoweit dem Bericht einen Minderheitsbericht anzuschließen.

(3) Die Berichte der Volksanwaltschaft sind nach Vorlage an den Nationalrat und den Bundesrat von dieser zu veröffentlichen. Überdies ist der Jahresbericht der Volksanwaltschaft dem Unterausschuss zur Verhütung von Folter (Art. 2 des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 18. Dezember 2002 – OPCAT) zu übermitteln.

§ 4

(1) Die Geschäftsordnung kann bestimmen, daß regelmäßig wiederkehrende und der Vorbereitung der zu treffenden Maßnahmen dienende Erledigungen namens der Volksanwaltschaft von der Kanzlei vorzunehmen sind.

(2) Geschäftsordnung und Geschäftsverteilung der Volksanwaltschaft sind im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

II. ABSCHNITT

Verfahren vor der Volksanwaltschaft

§ 5

(1) Auf das Verfahren vor der Volksanwaltschaft sind die §§ 6, 7, 10, 12, 13, 14, 16, 18 Abs. 1, 3 und 4, 21, 22, 32, 33, 39a, 45 Abs. 1 und 2, 46 bis 51, 52, 53, 54 und 55 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, und das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Volksanwaltschaft ist berechtigt, personenbezogene Daten zur Erfüllung ihrer verfassungsgesetzlichen Aufgaben zu verarbeiten. Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1 (im Folgenden: DSGVO) ist zulässig, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Volksanwaltschaft erforderlich ist und somit ein erhebliches öffentliches Interesse an der Verarbeitung besteht und wirksame Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen bestehen. Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen ist zulässig, soweit und solange dies zur Erfüllung der Aufgaben der Volksanwaltschaft erforderlich ist.

(3) Die Volksanwaltschaft ist Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO für Datenverarbeitungen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben, einschließlich der Aufgaben gemäß Art. 148a Abs. 3 B-VG, die von den Kommissionen für die Volksanwaltschaft vorgenommen werden.

(4) Für Akten in Beschwerdeverfahren vor der Volksanwaltschaft gemäß Art. 148a Abs. 1 und 4 B-VG, Akten in amtswegigen Prüfverfahren gemäß Art. 148a Abs. 2 B-VG, Akten zu Verfahren gemäß Art. 148a Abs. 3 B-VG und Anträge nach § 15 Heimopferrentengesetz – HOG, BGBl. I Nr. 69/2017, Missstandsfeststellungen und Empfehlungen sowie für sonstige Dokumente im Prüf- und Kontrollbereich der Volksanwaltschaft gelten die Rechte der betroffenen Personen gemäß den Art. 13 bis 19 und 21 DSGVO und § 1 Abs. 3 Datenschutzgesetz – DSG, BGBl. I Nr. 165/1999, im Hinblick auf Art. 23 Abs. 1 lit. e und h DSGVO nach Maßgabe der Abs. 5 bis 12. Dasselbe gilt für Berichte samt angeschlossenen Bemerkungen der Kommissionen gemäß § 13 Abs. 2, einzelne Wahrnehmungen, Empfehlungen und Anregungen von Maßnahmen der Dienstaufsicht, Anträge an den Verfassungsgerichtshof, Entscheidungen, die die Mitglieder der Volksanwaltschaft als parlamentarische Schiedsstelle gemäß § 57 der Anlage 1 zum Geschäftsordnungsgesetz 1975 (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO-UA) treffen, Entscheidungen über die Bestellung und Abberufung der Mitglieder der Kommissionen sowie der oder des Vorsitzenden, deren bzw. dessen Stellvertreterin oder Stellvertreters und der sonstigen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Menschenrechtsbeirats sowie der Mitglieder der Rentenkommission, Protokolle der Kollegialsitzungen sowie sonstige Dokumente, die in der Volksanwaltschaft im Bereich der Gesetzgebung entstehen, und deren jeweilige Vorbereitung.

(5) Die nach Art. 13 und 14 DSGVO vorgeschriebenen Informationen sind in Form einer Erklärung auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen (Datenschutzerklärung). Die Informationspflichten gemäß Art. 13 Abs. 1 lit. e sowie Art. 14 Abs. 1 lit. d und e und Abs. 2 lit. f DSGVO finden keine Anwendung.

(6) Das Auskunftsrecht gemäß Art. 15 DSGVO und § 1 Abs. 3 DSG findet in Bezug auf Beschwerdeverfahren vor der Volksanwaltschaft gemäß Art. 148a Abs. 1 und 4 B-VG auf die vom Beschwerdeführer übermittelten, ihn selbst betreffenden personenbezogenen Daten Anwendung; keine Anwendung findet das Auskunftsrecht in Bezug auf Datenverarbeitungen durch die Volksanwaltschaft

1. in Bezug auf Verfahren gemäß Art. 148a Abs. 2 B-VG,

2. in Angelegenheiten gemäß Art. 148a Abs. 3 B-VG,

3. in Angelegenheiten gemäß § 15 HOG,

4. in Bezug auf Angelegenheiten, in denen die Mitglieder der Volksanwaltschaft als parlamentarische Schiedsstelle gemäß § 57 VO-UA tätig werden,

5. hinsichtlich der Rechte gemäß Art. 15 Abs. 1 lit. c und g sowie Abs. 3 DSGVO.

(7) Das Recht auf Berichtigung gemäß Art. 16 DSGVO und § 1 Abs. 3 DSG ist auf Schreibfehler und andere offensichtliche Unrichtigkeiten beschränkt. Zu darüber hinausgehenden unrichtigen oder unvollständigen personenbezogenen Daten kann die betroffene Person eine (ergänzende) Erklärung abgeben, die gemeinsam mit den als unrichtig oder unvollständig gerügten personenbezogenen Daten in den jeweiligen Akt aufzunehmen ist.

(8) Das Recht auf Löschung gemäß Art. 17 DSGVO und § 1 Abs. 3 DSG findet aufgrund von im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecken keine Anwendung. § 11 Abs. 6 bleibt davon unberührt.

(9) Das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung gemäß Art. 18 DSGVO und die Mitteilungspflicht gemäß Art. 19 DSGVO kommen nicht zur Anwendung.

(10) Das Widerspruchsrecht gemäß Art. 21 DSGVO ist auf die Veröffentlichung von Dokumenten der Volksanwaltschaft beschränkt. Anstelle eines Nachweises überwiegender schutzwürdiger Gründe für die Verarbeitung durch die Verantwortliche genügt die Glaubhaftmachung solcher Gründe.

(11) Sämtliche in Abs. 7 bis 10 genannten Beschränkungen gelangen nur insoweit zur Anwendung, als die Beschränkung jeweils zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Volksanwaltschaft geeignet und erforderlich ist.

(12) In Bezug auf der Volksanwaltschaft zugeleitete personenbezogene Daten, insbesondere solche in Auskünften oder Stellungnahmen von Organen, Selbstverwaltungskörpern oder Einrichtungen, in Auskünften oder Unterlagen von Bewohnervertretern und Patientenanwälten, in den von der bzw. dem Vorsitzenden eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates übermittelten Befragungsprotokollen sowie in sonstigen Schriftsätzen Dritter, sind die Rechte der betroffenen Personen gemäß den Art. 12 bis 22 DSGVO und § 1 DSG bei der jeweiligen zuleitenden Stelle oder Person geltend zu machen. Die zuleitende Stelle oder Person hat die Volksanwaltschaft unverzüglich schriftlich über allenfalls getroffene Veranlassungen zu informieren und gegebenenfalls eine datenschutzrechtlich angepasste Version zu übermitteln. Diese ist der weiteren Behandlung durch die Volksanwaltschaft zugrunde zu legen, sofern dem nicht überwiegende Gründe entgegenstehen.

§ 6

Die mit den obersten Verwaltungsgeschäften des Bundes betrauten Organe sind verpflichtet, innerhalb einer Frist von acht Wochen den an sie gerichteten Empfehlungen der Volksanwaltschaft zu entsprechen und dies der Volksanwaltschaft mitzuteilen oder schriftlich zu begründen, warum der Empfehlung nicht entsprochen wurde. Auf begründetes Ersuchen kann die Volksanwaltschaft diese Frist verlängern. Der Beschwerdeführer ist von der Mitteilung in Kenntnis zu setzen.

§ 7

(1) Gesetzes- und Verordnungsentwürfe sind der Volksanwaltschaft rechtzeitig unter Einräumung einer angemessenen Frist zur Begutachtung zu übermitteln.

(2) Die Volksanwaltschaft kann eine Änderung oder Erlassung von Gesetzen anregen.

(3) Die Volksanwaltschaft kooperiert mit Wissenschaft und Lehre und schulischen sowie sonstigen Bildungseinrichtungen und informiert die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit.

§ 8

Insoweit bei Behörden und Dienststellen Anbringen in einer anderen als der deutschen Sprache zulässig sind, können auch Anbringen bei der Volksanwaltschaft in dieser Sprache eingebracht werden.

§ 9

Hält die Volksanwaltschaft Erhebungen zur Ermittlung des einer Beschwerde zugrunde liegenden Sachverhaltes für erforderlich, so trägt der Bund die dafür entstehenden Kosten.

§ 10

Eingaben an die Volksanwaltschaft und alle sonstigen Schriften, die zur Verwendung in einem Verfahren bei der Volksanwaltschaft ausgestellt werden, sind von den Stempelgebühren befreit.

III. ABSCHNITT

Schutz und Förderung der Menschenrechte

§ 11

(1) Zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte obliegt es der Volksanwaltschaft, im Bereich der Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten und im Fall des Art. 148i Abs. 1 erster Satz B-VG auch im Bereich der Verwaltung des betreffenden Landes

1. den Ort einer Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 4 OPCAT regelmäßig zu besuchen und zu überprüfen,

2. das Verhalten der zur Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigten Organe zu beobachten und begleitend zu überprüfen sowie

3. in Durchführung des Art. 16 Abs. 3 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BGBl. III Nr. 155/2008, und zur Verhinderung jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch Einrichtungen und Programme, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind, regelmäßig zu besuchen bzw. zu überprüfen.

(2) Die Volksanwaltschaft hat mit der Besorgung von Aufgaben gemäß Abs. 1 die von ihr eingesetzten Kommissionen (§§ 12, 13) zu betrauen.

(3) Der Volksanwaltschaft und den von ihr eingesetzten Kommissionen ist

1. Auskunft insbesondere über die Anzahl und Behandlung der Personen, denen die Freiheit entzogen ist oder war, über die Orte, an denen Personen die Freiheit entzogen ist oder werden kann, und über die Bedingungen der Freiheitsentziehung sowie über die Anzahl und Behandlung der Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen und Programmen, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind, zu erteilen,

2. Einsicht in Unterlagen, allenfalls durch Übermittlung, und die Herstellung kostenloser Abschriften und Kopien davon zu gewähren,

3. Zutritt zu sämtlichen Anlagen von Orten einer Freiheitsentziehung sowie von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen zu gewähren und

4. auf ihren Wunsch Kontakt zu Angehaltenen bzw. Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen und Programmen oder zu Auskunftspersonen ohne Anwesenheit Dritter, allenfalls unter Beiziehung eines Dolmetschers, zu ermöglichen.

(4) Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben haben die Volksanwaltschaft und die von ihr eingesetzten Kommissionen auf die Erfordernisse des Betriebs der Einrichtung Bedacht zu nehmen.

(5) Die Volksanwaltschaft und die von ihr eingesetzten Kommissionen sind, soweit dies zur Erfüllung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte erforderlich ist, berechtigt, in die den Krankheitsfall betreffenden Unterlagen (Pflegedokumentation, Krankengeschichte, Befunde und sonstige relevante Aufzeichnungen über den Betroffenen) des Trägers der Anstalt, die ein Ort gemäß Abs. 1 Z 1 ist, sowie in die Meldungen an den Bewohnervertreter gemäß § 7 Abs. 2 des Heimaufenthaltsgesetzes – HeimAufG, BGBl. I Nr. 11/2004, und in die Meldungen über die weitergehenden Beschränkungen an den Vertreter des Patienten gemäß §§ 33 f des Unterbringungsgesetzes – UbG, BGBl. Nr. 155/1990, Einsicht zu nehmen und von diesen Unterlagen kostenlos Abschriften und Kopien herzustellen oder die Übermittlung dieser Unterlagen zu verlangen. Bewohnervertreter und Patientenanwälte haben der Volksanwaltschaft und den von ihr eingesetzten Kommissionen die für die Besorgung ihrer Aufgaben gemäß Abs. 1 erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zu übermitteln.

(6) Die Volksanwaltschaft und die von ihr eingesetzten Kommissionen haben den Personenbezug der von ihnen verarbeiteten Daten, sofern nicht andere gesetzliche Regelungen eine Pflicht zur weiteren Verwendung der Daten vorsehen, ab dem Zeitpunkt, zu dem die Daten zur Erfüllung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben des Schutzes und der Förderung der Menschenrechte nicht mehr benötigt werden, zu löschen.

§ 12

(1) Die Volksanwaltschaft hat mindestens sechs Kommissionen einzusetzen, die nach regionalen oder sachlichen Gesichtspunkten zu gliedern sind. Jede Kommission besteht aus der erforderlichen Zahl von Mitgliedern, wobei die Zahl der Mitglieder aller Kommissionen mindestens 42 zu betragen hat. Jede Kommission wird von einer auf dem Gebiet der Menschenrechte anerkannten Persönlichkeit geleitet. Die Einsetzung der Kommissionen sowie alle damit zusammenhängenden Akte der Volksanwaltschaft, insbesondere die Bestellung und die Abberufung der Mitglieder der Kommissionen, sind der Gesetzgebung zuzurechnen.

(2) Die Mitglieder werden mit ihrer Zustimmung nach Anhörung des Menschenrechtsbeirats von der Volksanwaltschaft bestellt. Zu Mitgliedern dürfen nur Personen bestellt werden, die über die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse verfügen. Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die Zweifel an der unabhängigen Ausübung ihrer Funktion als Mitglied der Kommission hervorrufen könnte, sind von der Bestellung ausgeschlossen. Die Volksanwaltschaft hat sich um eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter und eine angemessene Vertretung ethnischer Gruppen und Minderheiten in den Kommissionen sowie um eine unabhängige, interdisziplinäre und pluralistische Zusammensetzung unter Bedachtnahme auf die Aufgabenstellung der Kommissionen zu bemühen.

(3) Die Bestellung der Mitglieder erfolgt für sechs Jahre, alle drei Jahre hat eine Neubestellung der Hälfte der Mitglieder aller Kommissionen zu erfolgen. Eine Wiederbestellung ist zulässig.

(4) Die Volksanwaltschaft kann ein Mitglied schriftlich und begründet vorzeitig abberufen,

1. auf dessen Wunsch,

2. wenn es auf Grund seiner gesundheitlichen Verfassung die mit seiner Funktion verbundenen Aufgaben nicht mehr erfüllen kann oder

3. wenn es die mit seiner Funktion verbundenen Pflichten grob verletzt hat oder dauernd vernachlässigt oder eine Tätigkeit ausübt, die Zweifel an der unabhängigen Ausübung seiner Funktion hervorrufen könnte.

(5) Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, ist für den Rest der Funktionsperiode des ausgeschiedenen Mitglieds ein neues Mitglied zu bestellen.

(6) Den Mitgliedern gebührt für die Erfüllung ihrer Aufgaben eine Entschädigung (§ 13 Abs. 3).

(7) Zu einem Beschluss einer Kommission bedarf es der Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Leiterin oder der Leiter. Eine Beschlussfassung im Umlaufweg ist zulässig.

§ 13

(1) Die Kommissionen oder einzelne von ihr bestimmte Mitglieder führen Besuche und Überprüfungen für die Volksanwaltschaft durch.

(2) Die Kommissionen berichten über ihre Besuche und Überprüfungen an die Volksanwaltschaft und erstatten ihr Vorschläge für Missstandsfeststellungen und Empfehlungen und Anregungen von Maßnahmen der Dienstaufsicht. Kommt die Volksanwaltschaft Vorschlägen oder Empfehlungen der Kommissionen für Empfehlungen und Missstandsfeststellungen nicht nach, sind die Kommissionen berechtigt, den Berichten der Volksanwaltschaft (Art. 148d Abs. 1 B-VG) Bemerkungen anzuschließen, die die Tätigkeit der jeweiligen Kommission betreffen. Die Leiterinnen und Leiter der Kommissionen sind berechtigt, an den ihren Tätigkeitsbereich betreffenden Beratungen der Volksanwaltschaft teilzunehmen; ihnen ist auf Verlangen das Wort zu erteilen.

(3) Die Volksanwaltschaft hat in ihrer Geschäftsordnung auch die Geschäftsordnung der Kommissionen und in ihrer Geschäftsverteilung auch deren Geschäftsverteilung zu regeln. Insbesondere ist zu regeln, wie die Kommissionen unter Berücksichtigung der generellen Prüfschwerpunkte der Volksanwaltschaft routinemäßig und flächendeckend sowie im Einzelfall auf Grund bekanntgewordener Umstände vorzugehen haben sowie bei Bedarf weitere Expertinnen und Experten beiziehen dürfen. Die Volksanwaltschaft legt in ihrer Geschäftsordnung nach Anhörung der Kommissionen auch die Höhe der Entschädigung der Mitglieder der Kommissionen (§ 12 Abs. 6) fest. Die Kommissionen sind vor Beschlussfassung über die Geschäftsordnung und Geschäftsverteilung der Kommissionen anzuhören.

(4) Die Leiterinnen und Leiter der Kommissionen koordinieren ihre Tätigkeit untereinander.

§ 14

Der Menschenrechtsbeirat berät die Volksanwaltschaft in Angelegenheiten des § 11 Abs. 1, insbesondere bei der Festlegung genereller Prüfschwerpunkte sowie vor der Erstattung von Missstandsfeststellungen und Empfehlungen. Er kann der Volksanwaltschaft Vorschläge zur Gewährleistung einheitlicher Vorgehensweisen und Prüfstandards erstatten.

§ 15

(1) Der Menschenrechtsbeirat besteht aus einer oder einem Vorsitzenden, deren bzw. dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter, 14 weiteren Mitgliedern und 14 Ersatzmitgliedern.

(2) Zu Mitgliedern dürfen nur Personen bestellt werden, die über die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Menschenrechte verfügen. Die oder der Vorsitzende und deren bzw. dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter sollen auf dem Gebiet der Menschenrechte anerkannte Persönlichkeiten mit ausgezeichneten Kenntnissen der Organisation und Funktionsweise der Verwaltung sowie mit einer wissenschaftlichen Qualifikation auf dem Gebiet des Verfassungsrechts sein. Die Volksanwaltschaft hat sich um eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter und eine angemessene Vertretung ethnischer Gruppen und Minderheiten im Menschenrechtsbeirat sowie um eine unabhängige und pluralistische Zusammensetzung des Menschenrechtsbeirats zu bemühen.

(3) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Menschenrechtsbeirats werden mit ihrer Zustimmung von der Volksanwaltschaft bestellt. Dabei ist die Volksanwaltschaft bei der Bestellung je eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes an einen Vorschlag der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers, der Bundesministerin oder des Bundesministers für Inneres, der Bundesministerin oder des Bundesministers für Justiz, der Bundesministerin oder des Bundesministers für Gesundheit, der Bundesministerin oder des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport, der Bundesministerin oder des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und der Bundesministerin oder des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten gebunden. Die vorschlagenden Stellen haben sich um eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter und eine angemessene Vertretung ethnischer Gruppen und Minderheiten im Menschenrechtsbeirat sowie um eine unabhängige, interdisziplinäre und pluralistische Zusammensetzung des Menschenrechtsbeirats zu bemühen. Sieben von der Volksanwaltschaft zu bestimmende Nichtregierungsorganisationen, die sich der Wahrung der Menschenrechte widmen, schlagen je ein Mitglied und ein Ersatzmitglied vor; die Volksanwaltschaft ist an diese Vorschläge gebunden. Die Vorsitzende oder den Vorsitzenden und deren bzw. dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter bestellt die Volksanwaltschaft, ohne hiebei an Vorschläge gebunden zu sein.

(4) Erklärt zumindest ein Land die Volksanwaltschaft gemäß Art. 148i Abs. 1 erster Satz B-VG auch für den Bereich der Landesverwaltung für zuständig, sind weitere zwei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder zu bestellen, davon ein Mitglied und ein Ersatzmitglied auf Vorschlag einer Nichtregierungsorganisation zur Wahrung der Menschenrechte und je eines auf Grund eines gemeinsamen Vorschlags der beteiligten Länder.

(5) Die Bestellung erfolgt für sechs Jahre. Eine Wiederbestellung ist zulässig.

(6) Die Volksanwaltschaft kann ein Mitglied oder Ersatzmitglied vorzeitig abberufen,

1. auf dessen Wunsch,

2. wenn es auf Grund seiner gesundheitlichen Verfassung die mit seiner Funktion verbundenen Aufgaben nicht mehr erfüllen kann oder

3. wenn es die mit seiner Funktion verbundenen Pflichten grob verletzt hat oder dauernd vernachlässigt.

Die Abberufung der von einer Nichtregierungsorganisation nominierten Mitglieder und Ersatzmitglieder sowie der oder des Vorsitzenden und der Vertreterin oder des Vertreters der oder des Vorsitzenden erfolgt schriftlich und begründet.

(7) Den von Nichtregierungsorganisationen vorgeschlagenen Mitgliedern und der oder dem Vorsitzenden und deren bzw. dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter gebührt eine Entschädigung (§ 16 Abs. 2).

§ 16

(1) Zu einem Beschluss des Menschenrechtsbeirats bedarf es der Anwesenheit der oder des Vorsitzenden oder ihrer bzw. seiner Stellvertreterin oder ihres bzw. seines Stellvertreters und mindestens sieben weiterer Mitglieder oder Ersatzmitglieder und der Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die oder der Vorsitzende. Eine Beschlussfassung im Umlaufweg ist zulässig.

(2) Die Volksanwaltschaft hat in ihrer Geschäftsordnung auch die Geschäftsordnung des Menschenrechtsbeirats und in ihrer Geschäftsverteilung auch dessen Geschäftsverteilung zu regeln. Die Volksanwaltschaft legt in ihrer Geschäftsordnung nach Anhörung des Menschenrechtsbeirats auch die Höhe der Entschädigung der von Nichtregierungsorganisationen vorgeschlagenen Mitglieder des Menschenrechtsbeirats, der oder des Vorsitzenden und deren bzw. dessen Stellvertreterin oder Stellvertreters (§ 15 Abs. 7) fest. Der Menschenrechtsbeirat ist vor der Beschlussfassung über die Geschäftsordnung des Menschenrechtsbeirats anzuhören.

(3) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft sind berechtigt, an den Beratungen des Menschenrechtsbeirats teilzunehmen. Dem Menschenrechtsbeirat steht es frei, Bedienstete der Volksanwaltschaft und Mitglieder der Kommissionen seinen Beratungen beizuziehen.

§ 17

(1) Die Volksanwaltschaft ist berechtigt, mit dem Unterausschuss zur Verhütung von Folter (§ 3 Abs. 3) in Kontakt zu stehen, ihm Informationen zu übermitteln und mit ihm zusammenzutreffen.

(2) Der Unterausschuss zur Verhütung von Folter ist berechtigt, Orte einer Freiheitsentziehung im Bereich der Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte zu besuchen und zu überprüfen und zu diesem Zwecke einzureisen. Die Verpflichtungen gemäß § 11 Abs. 3 gelten auch ihm gegenüber.

(3) Einwände gegen einen Besuch an einem bestimmten Ort der Freiheitsentziehung können nur erhoben werden, wenn dies aus Gründen der nationalen Verteidigung, der öffentlichen Sicherheit, wegen Naturkatastrophen oder schwerer Störungen der Ordnung an dem zu besuchenden Ort, die vorübergehend einen solchen Besuch hindern, unbedingt erforderlich ist.

§ 18

Niemand darf wegen der Erteilung von Auskünften an den Unterausschuss zur Verhütung von Folter, an die Volksanwaltschaft und die von ihr eingesetzten Kommissionen mit Sanktionen belegt oder anders benachteiligt werden.

§ 19

Von der Volksanwaltschaft und den von ihr eingesetzten Kommissionen verarbeitete personenbezogene Daten dürfen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der betroffenen Person veröffentlicht werden. Die Vertraulichkeit von Informationen ist von der Volksanwaltschaft und den von ihr eingesetzten Kommissionen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu wahren.

§ 20

Die Volksanwaltschaft, die Mitglieder der Kommissionen und die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Menschenrechtsbeirats sind nicht verpflichtet, die Identität einer Auskunftsperson bekannt zu geben oder ein gerichtlich strafbares Verhalten anzuzeigen.

IV. ABSCHNITT

Schlussbestimmungen

§ 21 Verweisungen

Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

§ 22 Vollziehung

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich des § 10 der Bundesminister für Finanzen, im übrigen der Bundeskanzler betraut.

§ 23 Inkrafttreten

(1) Der Titel und § 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 treten mit 1. Jänner 1999 in Kraft.

(2) § 1 Abs. 2, § 3, § 5, § 7, die Paragraphenbezeichnungen der bisherigen §§ 7 bis 9 (§§ 8 bis 10 neu), der III. Abschnitt, die Abschnittsbezeichnung und die Abschnittsüberschrift des bisherigen III. Abschnitts (IV. Abschnitt neu), die Paragraphenbezeichnung des bisherigen § 10 (§ 21 neu), der bisherige § 11 (§ 22 neu) und die Paragraphenbezeichnung des bisherigen § 12 (§ 23 neu) in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 1/2012 treten mit 1. Juli 2012 in Kraft.

(3) Bei der erstmaligen Bestellung der Mitglieder der Kommissionen ist die Hälfte der Mitglieder für drei Jahre und die andere Hälfte für sechs Jahre zu bestellen.

(4) Mit 1. Juli 2012 gehen die für die Besorgung der Aufgaben der Geschäftsstelle des Menschenrechtsbeirats vorgesehenen Planstellen des Bundesministeriums für Inneres in den Planstellenbereich der Volksanwaltschaft über. Bedienstete, die ausschließlich oder überwiegend Aufgaben besorgen, die nunmehr in den Wirkungsbereich der Volksanwaltschaft fallen, werden in deren Planstellenbereich übernommen. Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Inneres stellt nach Anhörung des zuständigen Dienststellenausschusses mit Bescheid fest, welche Beamten des Bundesministeriums für Inneres ausschließlich oder überwiegend Aufgaben besorgen, die nunmehr in den Wirkungsbereich der Volksanwaltschaft fallen. Für Vertragsbedienstete gilt das Gleiche mit der Maßgabe, dass anstelle eines Bescheides eine Dienstgebererklärung tritt. Den auf eine Planstelle der Volksanwaltschaft übernommenen Bediensteten ist eine der bisherigen Verwendung zumindest gleichwertige Verwendung zuzuweisen, sofern nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen. Der Bestand, die Zusammensetzung und die Funktionsperiode der beim Bundesministerium für Inneres und bei der Volksanwaltschaft eingerichteten Personalvertretungsorgane werden von der Übernahme von Bediensteten nach diesem Absatz nicht berührt.

(5) § 12 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 56/2020 tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 56/2020 in Kraft.

(6) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2024 treten in Kraft:

1. § 1 Abs. 2 Z 3 mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes;

2. § 5 mit 15. Juli 2024.

(7) Der Titel und § 7 Abs. 3 in der Fassung des Informationsfreiheits-Anpassungsgesetzes, BGBl. I Nr. 50/2025, treten mit 1. September 2025 in Kraft. § 7 Abs. 3 ist nur auf Informationen von allgemeinem Interesse anzuwenden, die ab dem 1. September 2025 entstehen; früher entstandene Informationen von allgemeinem Interesse können nach Maßgabe der genannten Bestimmung veröffentlicht werden.