(1) Gegen Strafgefangene, bei denen Fluchtgefahr, die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr eines Selbstmordes oder der Selbstbeschädigung besteht oder von denen sonst eine beträchtliche Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung ausgeht, sind die erforderlichen besonderen Sicherheitsmaßnahmen anzuordnen.
(2) Als besondere Sicherheitsmaßnahmen, die eine zusätzliche Beschränkung der Lebensführung des Strafgefangenen mit sich bringen, kommen nur in Betracht:
1. die häufigere Durchsuchung des Strafgefangenen, seiner Sachen und seines Haftraumes;
1a. die Unterbringung eines Strafgefangenen, der entweder während der täglichen Arbeit oder während einer täglichen Freizeit von mindestens zwei Stunden in Gemeinschaft angehalten wird, für die verbleibende Zeit in einem Einzelhaftraum;
2. die nächtliche Beleuchtung des Haftraumes;
3. die Entziehung von Einrichtungs- oder Gebrauchsgegenständen oder Bekleidungsstücken, deren Mißbrauch zu befürchten ist;
4. die Unterbringung in einer besonders gesicherten Zelle, aus der alle Gegenstände entfernt sind, mit denen der Strafgefangene Schaden anrichten kann;
5. die Anlegung von Fesseln oder einer Zwangsjacke.
(3) Strafgefangene, hinsichtlich derer Maßnahmen nach Abs. 2 Z 4 oder 5 angeordnet werden, sind für die Dauer der Maßnahmen vom Recht auf Besuchsempfang und auf Telefongespräche ausgeschlossen. Sie sind jedoch unbeschadet der besonderen Überwachung durch Vollzugsbedienstete alsbald, längstens binnen 24 Stunden, von einem Arzt aufzusuchen, der insbesondere zu prüfen hat, ob eine Überstellung nach § 71 angezeigt ist. In der Folge sind solche Strafgefangene vom Anstaltsarzt täglich aufzusuchen; versieht der Anstaltsarzt nicht täglich in der Anstalt Dienst, so sind sie an Tagen, an denen der Arzt nicht anwesend ist, von einem im Sanitätsdienst erfahrenen Strafvollzugsbediensteten aufzusuchen. Soweit das tunlich erscheint, ist ein Psychiater, ein Psychotherapeut oder ein Psychologe beizuziehen.
(3a) In der besonders gesicherten Zelle dürfen nur Strafgefangene untergebracht werden, deren Gefährlichkeit für sich selbst, andere Personen oder Sachen die Unterbringung in einem anderen Haftraum nicht gestattet. Die besonders gesicherte Zelle muß ausreichende Luftzufuhr und genügendes Tageslicht aufweisen. Soweit keine Bedenken bestehen, sind einem in der besonders gesicherten Zelle Untergebrachten jedenfalls eine Matratze und zur Einnahme der Mahlzeiten ein Löffel zur Verfügung zu stellen.
(4) Fesseln dürfen einem Strafgefangenen außer bei Ausführungen und Überstellungen nur angelegt werden, wenn er Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, Selbstmord oder Flucht angedroht, vorbereitet oder versucht hat, die ernste Gefahr einer Wiederholung oder Ausführung besteht und andere Sicherheitsmaßnahmen den Umständen nach nicht möglich sind oder nicht ausreichen. Die Fesseln sind an den Händen, wenn aber sonst der Zweck der Fesselung nicht erreicht werden kann, auch an den Füßen anzulegen.
(5) Besondere Sicherheitsmaßnahmen sind aufrechtzuerhalten, soweit und solange dies das Ausmaß und der Fortbestand der Gefahr, die zu ihrer Anordnung geführt hat, unbedingt erfordern.
(6) Die Anordnung besonderer Sicherheitsmaßnahmen steht dem aufsichtführenden Strafvollzugsbediensteten zu. Dieser hat jede solche Anordnung unverzüglich dem Anstaltsleiter zu melden. Der Anstaltsleiter hat unverzüglich über die Aufrechterhaltung der besonderen Sicherheitsmaßnahme zu entscheiden. Die Aufrechterhaltung einer Maßnahme nach Abs. 2 Z 4 über eine Woche oder einer Maßnahme nach Abs. 2 Z 5 über 48 Stunden hinaus kann nur das Vollzugsgericht anordnen, das hierüber auf Antrag des Anstaltsleiters zu entscheiden hat (§ 16 Abs. 2 Z 4 und 5). Ordnet das Vollzugsgericht die Aufrechterhaltung der Maßnahme an, so hat es zugleich deren zulässige Höchstdauer zu bestimmen; fallen die Gründe, die zur Anordnung einer solchen Maßnahme geführt haben, vor Ablauf dieses Zeitraumes weg, so hat der Anstaltsleiter die Maßnahme unverzüglich aufzuheben (Abs. 5).
Rückverweise
StVG · Strafvollzugsgesetz
§ 103 Besondere Sicherheitsmaßnahmen
(1) Gegen Strafgefangene, bei denen Fluchtgefahr, die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr eines Selbstmordes oder der Selbstbeschädigung besteht oder von denen sonst eine beträchtliche Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung ausgeht, sind die erforderlichen besonde…
§ 8 Strafvollzugsanstalten und gerichtliche Gefangenenhäuser
…weiblichen Strafgefangenen voneinander getrennt sind. Soweit bestimmte Strafgefangene in besonderen Abteilungen der Anstalten anzuhalten sind, dürfen die Einzelunterbringung in einer besonders gesicherten Zelle (§ 103 Abs. 2 Z. 4), die Anhaltung in einem besonderen Einzelraum (§ 114 Abs. 1) und die Absonderung in einem besonderen Einzelraum…
§ 86 Gemeinsame Bestimmungen für Briefverkehr, Telefongespräche und Besuche
…Strafgefangenen dürfen nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit anderen Personen und Stellen schriftlich verkehren und Telefongespräche führen sowie Besuche empfangen. Die §§ 103 Abs. 3, 112 Abs. 2 und 114 Abs. 2 bleiben unberührt. (2) Briefverkehr, Telefongespräche und Besuche sind jedoch zu untersagen, soweit davon…
§ 16 Zuständigkeit
…eines Ausganges oder der außerhalb der Strafe verbrachten Zeit in die Strafzeit (§§ 99a, 147); 4. über die Aufrechterhaltung der im § 103 Abs. 2 Z. 4 vorgesehenen Sicherheitsmaßnahme, wenn diese mehr als eine Woche dauert; 5. über die Aufrechterhaltung einer der im § 103…
Grundausbildung für die Verwendungsgruppe E2b (Justizanstalten)
Anl. 2/4
…§ 98 StVG) – Ausübung unmittelbaren Zwanges (§ 104 StVG) bei Wiederergreifung eines Insassen, auch gegenüber Dritten – Anordnung besonderer Sicherheitsmaßnahmen (§ 103 Abs. 6 StVG) – Anwendung des Wegweiserechtes (§ 105a StVG) – Waffengebrauch bei Gefährdung Unbeteiligter (§ 105 Abs. 7 StVG), Verfolgung eines flüchtigen Insassen (§…
Anl. 2/2
…Handhabung von Schlüsseln, Waffen, Munition usw. sowie Verhalten bei Verlust (§ 102 Abs. 3, 4 und 5 StVG) – Besondere Sicherheitsmaßnahmen (§ 103 StVG) – Gebrauch von Schusswaffen (§ 105 Abs. 6 StVG) – Waffengebrauch bei Gefährdung Unbeteiligter (§ 105 Abs. 7 StVG) – Kenntnis…