Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag a . Tröster und Mag a . Haas in der Strafvollzugssache des A*wegen § 133 StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 13. Oktober 2025, GZ **-23, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
BEGRÜNDUNG:
Der am ** geborene A* verbüßt in der Justizanstalt Graz-Jakomini eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Errechnetes Strafende ist der 13. November 2026 (ON 7.2, 1).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht – so weit hier von Bedeutung – den Antrag des Strafgefangenen auf nachträglichen Aufschub des Strafvollzugs nach § 133 StVG (ON 2) nach vom Oberlandesgericht Graz, AZ 10 Bs 234/25z (hier: ON 12.1), aufgetragener Verfahrensergänzung durch Einholung eines allgemein-psychologischen Gutachtens der Sachverständigen Mag a . B* (ON 18 iVm der dazu erstatteten „Äußerung“ ON 21) neuerlich ab (ON 23).
Die dagegen erhobene Beschwerde des Strafgefangenen (ON 25.1), zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft Graz inhaltlich nicht äußerte (s. ON 3.1 des Rechtsmittelakts), hat keinen Erfolg.
Zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 133 (hier:) Abs 2 StVG wird zunächst auf die Ausführungen im Vor-Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 9. September 2025, AZ 10 Bs 234/25z (ON 12.1, 2), verwiesen.
Der Sachbeurteilung voranzustellen ist, dass Befund und Gutachten der Sachverständigen Mag a. B* vom 6. Oktober 2025 (ON 18) keine Mängel iS des (nach § 17 Abs 2 StVG auch im Vollzugsverfahren maßgebenden) § 126 Abs 3 StPO (vgl. dazu RIS-Justiz RS0127941, RS0127942; Hinterhoferin WK StPO § 127 Rz 35 ff) aufweisen.
Insoweit sich der angefochtene Beschluss somit begründend (auch) auf die (mängelfreie) Expertise der Sachverständigen Mag a . B* stützt, haftet ihm kein Defizit an.
Dem – auf einer 40-minütigen Exploration (ON 21, 1) des Strafgefangenen mit psychodiagnostischem Interview und Verhaltensbeobachtung, externen Befunden/Außenanamnese des (Anstalts-)Psychiaters Dr. C* und des (Anstalts-)Psychologen Mag. D*, einer Stellungnahme des Leiters der Justizanstalt und Aktenstudium fußenden (ON 18, 1 iVm ON 21, 1, 2 f und 5) – Gutachten zufolge (ON 18, insbesondere 25 ff) besteht beim Beschwerdeführer in Reaktion auf eine traumatische Krise (infolge der terminalen Krebserkrankung seines Sohnes) eine leichte depressive Episode (F32.0) mit den Symptomen gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit, Schlafstörungen und teils vermindertem, teils vermehrtem Appetit. Dieser Zustand entspricht weder einer schweren geistigen Störung, die die Möglichkeit erzieherischer Beeinflussung ausschließt, noch besteht (mangels Hinweisen auf aktuell vorliegende Suizidalität) Lebensgefahr für den Strafgefangenen. Er erhält seit September 2025 ein Antipsychotikum (Zyprexa), das in der verschriebenen Dosierung leicht sedierend und schlaffördernd wirkt. Bei weiterer psychologischer Begleitung/Unterstützung und Behandlung durch den Anstaltspsychiater und konsequenter Medikamenteneinnahme ist davon auszugehen, dass sich auch keine Gefährdung aufgrund von Suizidalität entwickeln wird. Aufgrund der in der Justizanstalt zur Verfügung stehenden (Behandlungs-)Maßnahmen kann demnach bei aufrechter erzieherischer Beeinflussbarkeit ein Vollzug ohne Gefahr für das Leben und die Gesundheit des Strafgefangenen durchgeführt werden.
Bei dieser Sachlage hat das Erstgericht – unter Berücksichtigung insbesondere auch der Stellungnahme des Leiters der Justizanstalt (ON 7.1) – den Antrag des Beschwerdeführers auf nachträglichen Aufschub des Strafvollzugs iS des § 133 Abs 2 StVG zutreffend abgelehnt.
Insoweit die Beschwerde sich (abermals; s. bereits die Äußerung ON 20) gegen das Sachverständigengutachten wendet, vermag sie an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Auf (dem Inhalt nach) mangelnde Sachkunde der Expertin gegründete Einwendungen (§ 126 Abs 4 zweiter Satz StPO) sind nach dem Vorliegen eines schriftlichen Gutachtens nicht mehr möglich. Mit dem – letztlich unsubstantiierten – Vorwurf „fehlender Tauglichkeit des Gutachtens“ legt das Rechtsmittel, das die diesbezügliche (umfassende) Replik der Sachverständigen (ON 21) im Wesentlichen übergeht, in § 127 Abs 3 erster Satz StPO angeführte Mängel im Befund oder im Gutachten nicht schlüssig dar. (Insbesondere) Die Anwendung oder Nichtanwendung einer von mehreren wissenschaftlich anerkannten Untersuchungsmethoden (hier: vom Beschwerdeführer vermisste „Testungen“ und Fehlen eines „strukturierten Interviews“; dazu s. aber insbesondere ON 21, 2 f) begründet keine Mangelhaftigkeit ( Kirchbacher, WK StPO 15 § 126 Rz 4). Die weiteren Vorwürfe („keine Mehrquellenlage; keine methodische Darstellung; Vermischung von Ergebnissen und Interpretation; fehlende Messinstrumente und Bewertungskriterien; keine Auseinandersetzung mit Grenzen“) sind ebensowenig nachvollziehbar. Für die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen besteht daher – entgegen dem Rechtsmittel – keine Veranlassung.
Ob Vollzugsuntauglichkeit iS des § 133 Abs 2 StVG vorliegt, kann zudem nur bezogen auf den aktuellen Zustand des Strafgefangenen im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt beurteilt werden. Einer in der Beschwerde hervorgekehrten möglichen Gefahr künftigerSuizidalität (etwa bei Tod des Sohnes) ist demgegenüber durch (fortlaufende, situativ anzupassende) Präventiv- bzw. Behandlungs-/ Begleitmaßnahmen im Strafvollzug zu begegnen (vgl. § 66 Abs 1 und § 103 Abs 1 StVG; s. hier auch ON 24.1 und ON 24.2: Fortführung der laufenden psychiatrischen und psychologischen Betreuung des Beschwerdeführers entsprechend der Empfehlung der Sachverständigen [ON 18, 27]).
Ein behaupteter Begründungsmangel (durch – angeblich – bloße Übernahme der Expertise der Sachverständigen ohne eigene Analyse und ohne eigene Bewertung des Antragsvorbringens) haftet dem erstgerichtlichen Beschluss nicht an, hat sich doch das Erstgericht mit der Kritik am Gutachten nachvollziehbar auseinandergesetzt (BS 7) und seine Entscheidung unter gebotener Beschränkung auf das hierfür relevante Sachverhaltsvorbringen (ersichtlich) auch auf die Stellungnahme des Leiters der Justizanstalt (ON 7.1) sowie den Umstand gestützt, dass der Strafgefangene (wie im Übrigen von ihm selbst bei der Befundaufnahme angegeben [s. ON 18, 19 aE]; vgl. auch Pkt. 5 der Eingabe der Gattin des Strafgefangenen ON 11]) in der Justizanstalt regelmäßig einer Arbeit nachgeht (BS 4 f und 7).
Vom Rechtsmittelwerber gegen seine weitere Anhaltung in Strafhaft ins Treffen geführte spezial- und generalpräventive Gesichtspunkte, „humanitäre, familiäre und wirtschaftliche Gründe“, das Vorbringen seiner persönlichen und gesellschaftlichen Rehabilitation und einer „humanitären Zwangslage“ sowie seine Zustimmung zur „Nebenstrafe“ der Abschiebung aus Österreich wiederum verfehlen jeweils den Bezugspunkt des (hier allein entscheidungsgegenständlichen) § 133 Abs 2 StVG und entziehen sich daher einer inhaltlichen Erwiderung.
Der Rechtsmittelausschluss ergibt sich aus § 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 StVG.
Im Übrigen ist der Beschwerdeführer auf seine (bereits rechtskräftig beschlossene) bedingte Entlassung zum Zwei-Drittel-Stichtag am 13. Jänner 2026 (AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz) zu verweisen.
Eine (eventuelle zeitlich frühere) Begnadigung (§§ 507 ff StPO) wiederum stünde nur dem Bundespräsidenten zu (§ 507 erster Satz StPO). Ein Gnadengesuch wäre gemäß § 508 erster Halbsatz StPO beim Bundesministerium für Justiz einzubringen.
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