BundesrechtBundesgesetzeStrafgesetzbuch§ 90

§ 90Einwilligung des Verletzten

(1) Eine Körperverletzung oder Gefährdung der körperlichen Sicherheit ist nicht rechtswidrig, wenn der Verletzte oder Gefährdete in sie einwilligt und die Verletzung oder Gefährdung als solche nicht gegen die guten Sitten verstößt.

(2) Die von einem Arzt an einer Person mit deren Einwilligung vorgenommene Sterilisation ist nicht rechtswidrig, wenn entweder die Person bereits das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat oder der Eingriff aus anderen Gründen nicht gegen die guten Sitten verstößt.

(3) In eine Genitalverstümmelung (§ 85 Abs. 1 Z 2a) kann nicht eingewilligt werden.

Entscheidungen
42
  • Rechtssätze
    22
  • RS0117222OGH Rechtssatz

    13. November 2002·1 Entscheidung

    Die Einwilligung rechtfertigt - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - den Täter, wenn der Träger des geschützten Rechtsgutes entweder in den Verletzungserfolg eingewilligt, also die Rechtsgutbeeinträchtigung als solche zugelassen hat, oder wenn er in die gefährliche Handlung eingewilligt und damit ein bestimmtes Risikoniveau der für seine Güter riskanten Handlung zugelassen hat. In beiden Fällen unterliegt jedoch die Einwilligung dem Sittenwidrigkeitskorrektiv, soweit das Gesetz ein solches vorsieht (also bei Eingriffen über Leib und Leben, §90StGB, § 8 SMG). Bei der erfolgsbezogenen Einwilligung bezüglich schwerer Verletzungen ist es erforderlich, den Einzelnen gegen den unbedachten und voreiligen Gebrauch der Freiheit vor sich selbst zu schützen; solche Verletzungen sind demnach trotz Einwilligung grundsätzlich sittenwidrig und verboten (sofern sie nicht zu einem ethisch wertvollen Zweck erfolgen). Bei der handlungsbezogenen Einwilligung (der Zulassung eines bestimmten Risikos) hängt die Sittenwidrigkeit und damit die Rechtfertigung einerseits von der Schwere und Wahrscheinlichkeit der drohenden Verletzung und andererseits vom Beweggrund ab, woraus sich ergibt, dass im Falle der Möglichkeit oder sogar Wahrscheinlichkeit (ex ante) einer schweren Verletzung oder gar des Todes die gefährliche Handlung nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Handlung, in die eingewilligt wird, einem allgemein anerkannten, ethisch wertvollen Zweck dient.