JudikaturVwGH

Ra 2025/20/0324 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
13. Oktober 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Pichler als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des M A, vertreten durch Dr. Alice An, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch Mag. Iris Augendoppler, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2025, W184 22973391/3E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 15. September 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Mit Bescheid vom 5. Juli 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status als Asylberechtigter ab, erkannte dem Revisionswerber den Status als subsidiärer Schutzberechtigter zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 7. Juli 2025 als unbegründet ab. Unter einem sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revisionnach § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

7 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird eine Verletzung der Verhandlungspflicht durch das Bundesverwaltungsgericht behauptet und unter Verweis auf die Beschwerde vorgebracht, dass der „Sachverhalt nicht geklärt war“, weil die Identität des Revisionswerbers nicht feststehe, und das Bundesverwaltungsgericht die „Beweiswürdigung des BFA rechtswidriger Weise als schlüssig und nachvollziehbar“ übernommen habe. Auch habe der Revisionswerber in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht einen über das Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens hinausgehenden Sachverhalt vorgebracht und ihm sei die Möglichkeit genommen worden, dass von ihm ein „persönlicher Eindruck gewonnen wird.“ Gerade „in Zusammenhang [mit] aufenthaltsbeendenden Maßnahmen“ komme der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks aber besondere Bedeutung zu.

Ferner wird im Zulässigkeitsvorbringen der Revision behauptet, das Bundesverwaltungsgericht habe seine Begründungspflicht verletzt, hätte aktuellere und „mehr auf die Situation spezialisierte Länderberichte“ heranziehen müssen, habe die höchstgerichtliche Rechtsprechung, wonach „bei der Erstbefragung eine nähere Befragung zu den Fluchtgründen verboten“ sei, missachtet und die Beweiswürdigung sei unschlüssig.

8Mit dem Zulässigkeitsvorbringen, wonach das Bundesverwaltungsgericht keine hinreichend aktuellen Länderberichte herangezogen und Ergebnisse aus der Erstbefragung des Revisionswerbers zu dessen Fluchtgründen im angefochtenen Erkenntnis berücksichtigt habe, wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. In der Beweiswürdigung wird auf die Erstbefragung des Revisionswerbers nämlich überhaupt nicht eingegangen. Außerdem wird in der Revision nicht einmal ansatzweise dargelegt, warum die vom Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis herangezogenen Länderinformationen nicht die notwendige Aktualität aufgewiesen hätten und anhand welcher sonstiger Länderinformationen das Bundesverwaltungsgericht zu einem für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte kommen können. Der pauschale Vorwurf des Revisionswerbers, wonach ein Begründungsmangel vorliege und eine unschlüssige Beweiswürdigung erfolgt sei, lässt außerdem eine konkrete und fallbezogene Relevanzdarstellung vermissen (vgl. VwGH 16.7.2025, Ra 2025/20/0235). Auch wird verabsäumt darzulegen, warum die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes unschlüssig sei oder worin der Revisionswerber einen Begründungsmängel zu erkennen glaubt.

9 Gemäß dem im gegenständlichen Fall anwendbaren ersten Tatbestand des § 21 Abs. 7 erster Satz BFA Verfahrensgesetz (BFA VG) kann eine mündliche Verhandlung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach Prüfung folgender Kriterien entfallen:

10 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 23.6.2025, Ra 2024/20/0492, mwN).

11 Mit der Behauptung, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wäre erforderlich gewesen, um die Identität des Revisionswerbers festzustellen, wird nicht aufgezeigt, dass das Bundesverwaltungsgericht von den oben dargestellten Leitlinien zu § 21 Abs. 7 BFAVG abgewichen wäre, zumal das Feststehen der Identität keine besondere gesetzliche Voraussetzung für die Gewährung von Asyl ist (VwGH 26.9.2007, 2007/19/0086). In der Revision wird auch nicht aufgezeigt, welche über die Ergebnisse des behördlichen Ermittlungsverfahrens hinausgehende Sachverhaltselemente der Revisionswerber in seiner Beschwerde behauptet haben soll, zumal ein bloßer Verweis auf das Vorbringen in der Beschwerde die erforderliche gesonderte Darlegung der Zulässigkeit der Revision iSd § 28 Abs. 3 VwGG nicht zu ersetzen vermag (VwGH 20.1.2025, Ra 2024/20/0765, mwN). Der Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme geht schon deshalb fehl, weil mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Rückkehrentscheidung gegen den Revisionswerber erlassen worden ist. Im Übrigen erschöpft sich das Zulässigkeitsvorbringen in allgemeinen Ausführungen zu den gesetzlichen Voraussetzungen, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung ermöglichen, ohne einen Bezug zum konkreten Fall herzustellen. Mit derartigen Rechtsausführungen wird aber nicht aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht von den diesbezüglichen Leitlinien abgewichen sei und die maßgeblichen Kriterien für die Abstandnahme von der Verhandlung im vorliegenden Fall verletzt habe (vgl. VwGH 13.8.2024, Ra 2024/18/0265).

12 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 13. Oktober 2025