JudikaturVwGH

Ra 2025/20/0136 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
12. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision des S H in V, vertreten durch Mag. Andreas Meissner, Mag. Thomas Laherstorfer und Dr. Otto Urban, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Feldgasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2025, W136 22886351/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber ist Palästinenser und staatenlos. Er wurde in Syrien geboren, wo er bis zu seiner nach seinen Angaben im September oder Oktober 2014 erfolgtenAusreise lebte. Nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet stellte er im November 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erkannte ihm mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 30. Juni 2015 den Status des Asylberechtigten zu und stellte fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

2 Der Revisionswerber wurde in der Folge in Österreich straffällig und mehrfach, darunter auch mehrfach wegen des sowohl vollendeten als auch versuchten Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung, rechtskräftig verurteilt.

3Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19. Februar 2024 wurde dem Revisionswerber im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung wegen eines Verbrechens der ihm früher zuerkannte Status des Asylberechtigten aberkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme. Unter einem wurde dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung des Revisionswerbers nach Syrien unzulässig sei.

4 Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revisiongemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

8In der Begründung der Zulässigkeit der Revision wendet sich der Revisionswerber gegen die Aberkennung des Status des Asylberechtigten, die auf den Ausschlussgrund des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 gestützt wurde. In seinen Ausführungen vermengt er allerdings die Voraussetzungen, die bei einer solchen Prüfung zu beachten sind, mit jenen, die im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung Platz zu greifen haben.

9Entgegen der vom Revisionswerber zum Ausdruck kommenden Ansicht hat bei der Beurteilung, ob die Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wegen des Vorliegens des Asylausschlussgrundes des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 zu erfolgen hat, eine Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK nicht stattzufinden (vgl. zu den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ausführlich VwGH 25.7.2023, Ra 2021/20/0246, dort im Besonderen unter Bedachtnahme auf die vom Gerichtshof der Europäischen Union zuvor klargestellten Vorgaben der Statusrichtlinie). Eine Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005, bei der aufgrund des § 9 Abs. 1 BFA Verfahrensgesetz (BFAVG) eine Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK hätte vorgenommen werden müssen, wurde wiederum gegen den Revisionswerber (im Hinblick darauf, dass bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine Abschiebung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 für unzulässig erklärt worden war) nicht erlassen.

10Sollte der Revisionswerber mit seinem auf eine „soziale Verfestigung“ im Bundesgebiet hinweisenden Vorbringen hingegen den Abs. 3 des § 7 AsylG 2005 ansprechen, ist er darauf hinzuweisen, dass sich dieser nach seinem eindeutigen Wortlaut allein auf eine Aberkennung nach § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 (also wegen des Eintritts eines der in Art. 1 Abschnitt C Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe) bezieht. Im vorliegenden Fall wurde aber die gegenüber dem Revisionswerber ausgesprochene Aberkennung des Status des Asylberechtigten darauf nicht gestützt.

11 Auf jenes Vorbringen, das sich seinem Inhalt nach auf § 9 BFAVG oder § 7 Abs. 3 AsylG 2005 bezieht, war daher hier nicht weiter einzugehen.

12 Dass aber dem Bundesverwaltungsgericht, das bei seiner Beurteilung auf die fallbezogen maßgeblichen konkreten Umstände abgestellt hat, ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Fehler unterlaufen wäre, vermag der Revisionswerber mit seinem Vorbringen nicht aufzuzeigen. Im Besonderen hat das Verwaltungsgericht in nicht unvertretbarer Weise nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es sich einen unmittelbaren Eindruck vom Revisionswerber verschafft hat, dargelegt, weshalb aufgrund seines bisherigen (und auch im Rahmen des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten gezeigten) Verhaltens das Vorliegen einer weiterhin von ihm ausgehenden Gefahr zu bejahen war.

13 In der Revision wird sohin keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 12. Mai 2025