JudikaturVwGH

Ra 2025/18/0232 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
01. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Gröger und Dr. in Sabetzer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des A A, vertreten durch Mag. Lukas Amsüss, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juni 2025, W185 2223927 4/6E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Somalias, verfügt in Italien über eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 12. November 2025.

2 Am 26. Februar 2024 stellte er nach erfolglosen Asylanträgen in Frankreich, Malta, Schweden und Deutschland in Österreich den verfahrensgegenständlichen Antrag (seinen zweiten Folgeantrag) auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er nicht nach Italien zurückkehren wolle, da seine im Bundesgebiet asylberechtigte Partnerin, mit der er traditionell verheiratet sei, und die gemeinsamen Kinder in Österreich lebten und seine Unterstützung bräuchten.

3Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 29. Mai 2024 gemäß § 4a Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurück und sprach aus, dass sich der Revisionswerber nach Italien zurückzubegeben habe. Es erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, ordnete die Außerlandesbringung des Revisionswerbers gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) an und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

4Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die dagegen erhobene Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. Begründend führte es zusammengefasst aus, dass der Revisionswerber in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Eine Verletzung der nach Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte des Revisionswerbers sei nicht anzunehmen. Auch stelle die Außerlandesbringung keine Verletzung des nach Art. 7 GRC oder Art. 8 EMRK gewährleisten Rechts auf Privat- und Familienleben dar.

5Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorbringt, das BVwG habe sein Erkenntnis mangelhaft begründet und zu Unrecht von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen. Zudem sei es von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK abgewichen.

6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Soweit die Revision (unter Bezugnahme auf § 21 Abs. 7 BFAVG und § 24 VwGVG) eine Verletzung der Verhandlungspflicht ins Treffen führt, übersieht sie, dass die Verhandlungspflicht im wie hier Zulassungsverfahren besonderen Verfahrensvorschriften, nämlich § 21 Abs. 3 und Abs. 6a BFAVG folgt. Dass das BVwG von den in der hg. Rechtsprechung dazu aufgestellten rechtlichen Leitlinien (vgl. dazu grundlegend VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072, sowie zuletzt z.B. VwGH 14.7.2025, Ra 2024/18/0738) abgewichen wäre, zeigt die Revision nicht auf.

11 Die Revision bemängelt in den Zulässigkeitsgründen weiters, das BVwG habe keine ausreichenden bzw. aktuellen Feststellungen über das Familienleben des Revisionswerbers in Österreich getroffen. Damit präzisiert sie aber weder näher, welche konkreten nicht bereits vom BVwG seiner Begründung zugrunde gelegtenFeststellungen dazu zu treffen gewesen wären, noch legt sie hinreichend dar, dass selbst unter der Annahme, dass Feststellungsmängel gegeben wären, ein anderes Verfahrensergebnis möglich gewesen wäre. Somit fehlt es aber an der zur Geltendmachung einer Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung geforderten Darlegung der Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels (vgl. z.B. VwGH 2.9.2024, Ra 2024/18/0401, mwN).

12Wenn sich die Revision schließlich gegen die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung zur angeordneten Außerlandesbringung des Revisionswerbers wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinzuweisen, wonach eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG ist (vgl. etwa VwGH 24.11.2022, Ra 2022/18/0205, mwN). Das BVwG hat sich ausführlich mit der von der Revision monierten Trennung des Revisionswerbers von seiner in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Familie beschäftigt. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Revision nicht näher auseinander, weshalb sie schon deswegen eine Unvertretbarkeit der Interessenabwägung nicht aufzuzeigen vermag.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 1. September 2025