JudikaturVwGH

Ra 2024/18/0738 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Gröger und Dr. in Sabetzer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des R A, vertreten durch Mag. Gabriela Kohlenberger als bestellte Verfahrenshelferin, diese vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Barnabitengasse 3/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 2024, W185 2295477 1/6E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Dem Revisionswerber, einem staatenlosen Palästinenser aus dem Gazastreifen, wurde nach der Aktenlage am 8. Juni 2023 in Griechenland der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Am 20. November 2023 stellte er in Österreich den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, nicht in Griechenland leben zu wollen, weil es dort keine Arbeit gebe und die Lebensumstände schlecht seien.

2Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 21. Juni 2024 gemäß § 4a Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurück und sprach aus, dass sich der Revisionswerber nach Griechenland zurückzubegeben habe. Es erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, ordnete die Außerlandesbringung des Revisionswerbers gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) an und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

3Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. Begründend führte es aus, dass der Revisionswerber in Griechenland Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Eine Verletzung der nach Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte des Revisionswerbers sei nicht anzunehmen.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11. März 2025, E 4921/2024 11, ablehnte und sie in weiterer Folge dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

5 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorbringt, das BVwG habe sein Erkenntnis mangelhaft begründet und zu Unrecht von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst Begründungsmängel vor. Das BVwG habe nicht beachtet, dass das griechische HELIOS Programm und damit das letzte verbliebene Unterstützungsprogramm für international Schutzberechtigte im September 2024 eingestellt worden sei. Nunmehr sei es aufgrund der bürokratischen Hürden für Schutzberechtigte nicht mehr möglich, sich in Griechenland eine Existenzgrundlage aufzubauen.

10Das BVwG hat sich jedoch abgesehen vom erwähnten Hilfsprogramm vertretbar auch auf andere Umstände zur Verneinung einer Verletzung der Rechte des Revisionswerbers nach Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC bei Rückkehr nach Griechenland gestützt (vgl. zu den diesbezüglichen Leitlinien VwGH 25.1.2022, Ra 2021/18/0085). So gründete das BVwG seine Erwägungen wesentlich darauf, dass der Revisionswerber, der ein gesunder Mann sei, auf Lesbos bei einer Hilfsorganisation untergebracht gewesen und nach einem kurzen Aufenthalt in Athen auch wieder dort untergekommen sei. Zwar seien Schutzberechtigte durchaus mit Schwierigkeiten beim Zugang zu Unterkunft oder Arbeitsmarkt konfrontiert, diese seien allerdings angesichts des bestehenden Unterstützungsangebots für Personen mit Schutzstatus (etwa seitens UNHCR oder IOM und lokaler Hilfsorganisationen) unter Aufwendung von zumutbaren Anstrengungen nicht unüberwindbar.

11 Vor dem Hintergrund dieser unabhängig von der Frage der Existenz des HELIOS Programmes für sich tragfähigen Erwägungen gelingt es der Revision nicht, aufzuzeigen, dass das Erkenntnis des BVwG mit einem relevanten Begründungsmangel behaftet wäre.

12 Soweit die Revision des Weiteren eine Verletzung der Verhandlungspflicht ins Treffen führt, ist darauf hinzuweisen, dass die Verhandlungspflicht im wie hier Zulassungsverfahren besonderen Verfahrensvorschriften, nämlich § 21 Abs. 3 und Abs. 6a BFAVG folgt. Dass das BVwG von den in der hg. Rechtsprechung dazu aufgestellten rechtlichen Leitlinien (vgl. dazu grundlegend VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072) abgewichen wäre, zeigt die Revision nicht auf.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 14. Juli 2025