JudikaturVwGH

Ro 2025/11/0012 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
21. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Kronegger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision des J L, vertreten durch die Wohlmuth Rechtsanwalts GmbH Co KG in Leibnitz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 28. Oktober 2024, Zl. 405 6/336/1/8 2024, betreffend Übertretung des Öffnungszeitengesetzes 2003 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tamsweg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 12. Juni 2024 wurde der Revisionswerber für schuldig befunden, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der R eGen zu verantworten, dass diese Genossenschaft zumindest am 17. Mai 2024 eine Verkaufsstelle an einem näher genannten Standort nicht zu den Ladenschlusszeiten geschlossen gehalten habe, sondern es Kunden ermöglicht habe, sieben Tage pro Woche, rund um die Uhr, einzukaufen, und er nicht dafür gesorgt habe, dass die Verkaufsstelle zu den gesetzlich bestimmten Zeiten geschlossen gehalten worden sei, wodurch er gegen § 368 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) iVm. § 4 Abs. 1 iVm. § 11 Öffnungszeitengesetz 2003 verstoßen habe. Aus diesem Grund wurde über den Revisionswerber eine Geldstrafe in der Höhe von € 350,samt Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 368 iVm. § 370 Abs. 1 GewO 1994 verhängt. Ferner wurde ihm ein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens vorgeschrieben.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab, verpflichtete den Revisionswerber zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens nach § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.

3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber sei gewerberechtlicher Geschäftsführer der R eGen, die auf einer Fläche von ca. 30 bis 35 m² einen zur Gänze kameraüberwachten „Selbstbedienungsladen“ in einem offenen Foyer einer Bank betreibe. Die Kunden würden beim Einkauf die ausgewählten Waren, bei denen es sich zu einem großen Teil um Produkte von regionalen Produzenten handle, aus den im Laden aufgestellten Regalen oder Kühlschränken entnehmen. Produkte, auf denen sich ein Strichcode befinde, würden von den Kunden an der Kassa eingescannt werden. Bei Waren (z.B. bei Äpfeln), auf denen kein Strichcode angebracht sei, würden die Kunden die Ware auf einem Touchscreen auswählen und anschließend die Stückzahl angeben. Die Waren würden anschließend an der elektronischen Bezahleinheit mit Karte oder Bargeld bezahlt werden. In diesem Selbstbedienungsladen seien keine Arbeitnehmer anwesend. Die Kühlschränke und Regale würden vom Revisionswerber sowie von den Lieferanten befüllt werden.

4In rechtlicher Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht zunächst fest, im vorliegenden Fall sei unstrittig, dass ein gewerblicher Warenhandel vorliege, wobei auch nicht behauptet worden sei, dass es sich um einen „Bauernmarkt“, eine „marktähnliche Veranstaltung“ oder um einen „Markt“ im Sinn von § 286 GewO 1994 handle. Der Verkauf der gegenständlichen Produkte, die von regionalen Landwirten und Gewerbetreibenden zugekauft werden würden, erfolge auch nicht im Rahmen der von der Anwendung der GewO 1994 ausgenommenen Land und Forstwirtschaft oder im Rahmen eines landund forstwirtschaftlichen Nebengewerbes, weshalb auf die in Rede stehende Warenausgabe grundsätzlich die Bestimmungen der GewO 1994 sowie des Öffnungszeitengesetzes 2003 (vgl. dessen § 1) Anwendung fänden.

5 Fallbezogen sei somit zu prüfen gewesen, ob es sich bei der gegenständlichen Verkaufsstelle wie vom Revisionswerber ins Treffen geführt um eine „Warenausgabe aus Automaten“ im Sinn von § 2 Z 1 Öffnungszeitengesetz 2003 handle.

6 Der Begriff „Automat“ sei zwar gesetzlich nicht definiert, doch ergebe sich aus näher dargelegten Gründen, dass der hier vorliegende Selbstbedienungsladen nicht als „Automat“ zu qualifizieren sei (in diesem Zusammenhang Hinweis auf VfGH 14.12.2023, VfSlg. 20.658).

7 Der objektive Tatbestand der dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretung sei daher erfüllt.

8 Im Übrigen enthält das angefochtene Erkenntnis Ausführungen zur subjektiven Tatseite sowie zur Strafbemessung.

9Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass weder dem Öffnungszeitengesetz 2003 noch der GewO 1994 eine gesetzliche Definition des Begriffs „Automat“ zu entnehmen sei und zur Auslegung dieses Begriffs keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe.

10 Gegen diesen Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 25. Februar 2025, E 4713/2024 5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

11 Die vorliegende ordentliche Revision schließt sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B VG im Wesentlichen den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts an.

12 Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B VG liegen nicht vor:

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Nach Art. 133 Abs. 4 BVG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 4.11.2024, Ro 2022/11/0017, mwN).

16 Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B VG also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nach Einbringung der Revision bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. anstatt vieler VwGH 16.5.2025, Ro 2024/10/0018, mwN).

17In seinem Erkenntnis vom 11. Juni 2025, Ra 2024/11/0033, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mit der sowohl in der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes als auch im Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ins Treffen geführten Rechtsfrage hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „Automaten“ im Sinn von § 2 Z 1 Öffnungszeitengesetz 2003 ausführlich auseinandergesetzt. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses kann daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden.

18 Angesichts der mittlerweile ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verständnis des Begriffs „Automaten“ ist weder ersichtlich, dass es dazu aus Anlass des Revisionsfalls weiterer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedürfte, noch, dass die im angefochtenen Erkenntnis vorgenommene Beurteilung, derzufolge der in Rede stehende Selbstbedienungsladen nicht als „Automat“ im Sinn von § 2 Z 1 Öffnungszeitengesetz 2003 zu qualifizieren sei, im Widerspruch zum oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 2025 stünde (vgl. insbesondere Rn. 35, 36 und 42 der genannten Entscheidung).

19 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. August 2025