JudikaturVwGH

Ra 2025/10/0010 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
10. Oktober 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der L S, vertreten durch Dr. Gerhard Steiner, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 15. Jänner 2025, Zl. VGW 141/070/17025/2024 2, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 15. Jänner 2025 wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) im Beschwerdeverfahren einen Antrag der Revisionswerberin auf Leistungen der Mindestsicherung ab. Die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung die Rechtsansicht zugrunde, die Revisionswerberin zähle nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG). Es argumentierte, die Revisionswerberin befinde sich nach § 15 Mutterschutzgesetz in Karenz, sie sei nicht erwerbstätig und ihr komme die Erwerbstätigeneigenschaft iSd. § 51 Niederlassungs und Aufenthaltsgesetz nicht mehr zu, da die Beibehaltung dieser nicht in Betracht komme, wenn die Wiederaufnahme bzw. Ausübung der Erwerbstätigkeit infolge der Inanspruchnahme der Karenz unterbleibe und nicht im Anschluss an das Beschäftigungsverbot erfolge. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Revisionswerberin über eine aufrechte Einstellungszusage verfüge (Verweis auf VwGH 11.8.2017, Ro 2015/10/0019, EuGH 19.6.2014, C 507/12). Zudem habe die Revisionswerberin kein Recht auf Daueraufenthalt iSd. § 53a NAG erworben. Zwar liege ein ununterbrochener Aufenthalt seit mehr als fünf Jahren im Inland vor, jedoch sei die Revisionswerberin nur teilweise erwerbstätig sowie immer wieder arbeitssuchend gewesen, habe Mindestsicherung bezogen und könne die erforderlichen fünf Jahre nicht nachweisen.

3 Das Verwaltungsgericht stützte sich am Ende seiner rechtlichen Beurteilung jedoch auf die vulnerable Situation der Revisionswerberin. Da die Revisionswerberin Alleinerzieherin eines Kleinkindes unter zwei Jahren sei und eine aufrechte Einstellungszusage für September 2025 vorgelegt habe, erachtete es das Verwaltungsgericht als geboten, von der Rechtswohltat iSd. § 39 Abs. 2 WMG Gebrauch zu machen und der Revisionswerberin entsprechende Leistungen zukommen zu lassen.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die unter der Überschrift „4.) Revisionsgründe“ (gemeint wohl: Revisionspunkte) Folgendes vorbringt:

„Die Revisionswerberin erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien in ihrem subjektiven Recht auf rechtsrichtige Anwendung der §§ 5 Abs. 2 WMG, 51 und 53a NAG verletzt. Die angefochtene Entscheidung wird mit ihrem gesamten Inhalt nach als rechtswidrig infolge Verletzung materiell-rechtlicher Vorschriften bekämpft“.

5 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 4.7.2018, Ra 2018/10/0046, mwN).

7 Ein abstraktes Recht auf „richtige Anwendung“ von durch Paragraphenzahlen bezeichneten Bestimmungen besteht nicht. Bei der behaupteten Verletzung des Rechts auf „rechtsrichtige Anwendung“ der §§ 5 Abs. 2 WMG, 51 und 53a NAG handelt es sich daher nicht um einen Revisionspunkt, sondern um einen Revisionsgrund iSd § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG (vgl. erneut VwGH 4.7.2018, Ra 2018/10/0046, mwN).

8 Die Revision war daher wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 10. Oktober 2025

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