JudikaturVwGH

Ra 2025/08/0055 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
25. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der P Y, vertreten durch Mag. Erich Allinger, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. April 2025, W198 2300487-1/7E, betreffend Widerruf und Rückforderung des Arbeitslosengeldes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Neunkirchen), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

1 Nach den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses habe die Revisionswerberin (mit Unterbrechungen) ab 30. August 2023 Arbeitslosengeld bezogen. Mit (nicht im vorgelegten Akt befindlichem) Bescheid vom 27. Dezember 2023 habe so die Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses weiterdie zuständige Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) festgestellt, dass die Revisionswerberin ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld für 42 Tage ab dem 27. November 2023 gemäß § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) verloren habe, und dies damit begründet, dass die Revisionswerberin wiederholt einen dringend notwendigen Deutschkurs nicht angetreten habe. Eine dagegen erhobene Beschwerde habe das Bundesverwaltungsgericht (in Bestätigung einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 26. Februar 2024) mit einer hier nicht relevanten Maßgabe nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung (am 11. Juni 2024) mit Erkenntnis vom 26. Juni 2024 abgewiesen. Auch diese in den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses und in seiner Beweiswürdigung erwähnten Erledigungen sind im vorgelegten Akt nicht enthalten (dem Verwaltungsgerichtshof wurde erst als Beilage zur Revisionsbeantwortung des AMS eine Kopie der erwähnten Beschwerdevorentscheidung, der Niederschrift über die im erwähnten vorangegangenen Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts durchgeführte Verhandlung sowie eine Kopie des dazu ergangenen Erkenntnisses vom 26. Juni 2024 zur Kenntnis gebracht). Das Bundesverwaltungsgericht habe so die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis weiter in der genannten Entscheidung festgestellt, dass „entgegen der Angaben“ der Revisionswerberin „in ihrem Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld ab 30.08.2023 die Betreuung ihres Sohnes durch ihre Schwiegermutter seit Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld ab 30.08.2023 an keinem einzigen Tag gewährleistet“ gewesen sei.

2Mit Bescheid vom 5. Juli 2024 sprach das AMS gegenüber der Revisionswerberin aus, der Bezug von Arbeitslosengeld werde für die Zeiträume 30. August 2023 bis 14. September 2023, 11. November 2023 bis 17. November 2023, 19. November 2023 bis 17. Jänner 2024, 14. Februar 2024 bis 17. März 2024 und 17. Mai 2024 bis 30. Juni 2024 gemäß § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen bzw. „die Bemessung rückwirkend berichtigt“. Die Revisionswerberin werde gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 6.218,33 verpflichtet. Zur Begründung führte das AMS aus, die Revisionswerberin habe im genannten Zeitraum zu Unrecht Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen, weil sie falsche Angaben betreffend die Kinderbetreuung für ihr minderjähriges Kind gemacht habe. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts „vom 11.06.2024“ (richtig wohl: vom 26. Juni 2024) sei festgestellt worden, dass es in diesen Zeiträumen niemals eine Kinderbetreuung für den Sohn der Revisionswerberin gegeben habe. Somit sei sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden und sei daher zur Rückzahlung verpflichtet.

3 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde, zu deren Begründung sie zusammengefasst ausführte, dass es eine Betreuung durch die Großmutter des Kindes gegeben habe, diese sei jedoch am 27. November 2023 krank gewesen. Mit der Großmutter sei auch für den „Ernstfall“ trainiert worden, damit diese in den Zeiten, in denen die Revisionswerberin einen Kurs besuche, das Kind betreuen könne. Zudem habe sich die Revisionswerberin um eine zweite Lösung bemüht und das Kind habe einen Platz in der Kleinkinderbetreuung eines näher genannten Kindergartens bekommen. Nach ihrem Umzug habe das Kind ab 29. Juli 2024 einen Platz in diesem Kindergarten bekommen.

4 Diese Beschwerde wies das AMS mit Beschwerdevorentscheidung vom 26. September 2024 ab.

5 Die Revisionswerberin beantragte mit Schreiben vom 3. Oktober 2024 die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin stellte sie ausdrücklich den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, beantragte ihre Einvernahme als Partei sowie die Einvernahme von Zeugen und brachte ergänzend zu ihrem Beschwerdevorbringen vor, es sei in bestimmten (näher angeführten) Zeiten eine „Kinderbetreuung seitens der Großmutter vorhanden“ gewesen und ihr Sohn sei ab 2. Mai 2024 im Kindergarten gewesen. Sie sei „immer bereit“ gewesen, an den Kursen des AMS teilzunehmen, außer am 27. November 2023, an dem die Großmutter erkrankt und auch keine Betreuung im Kindergarten möglich gewesen sei, weshalb die Revisionswerberin die Betreuung ihres Sohnes für zwei Wochen habe übernehmen müssen. Die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts (gemeint: im Erkenntnis vom 26. Juni 2024), wonach die Betreuung des Kindes nie gewährleistet gewesen sei, sei nicht richtig. Hätte die Revisionswerberin einen Deutschkurs besuchen oder sich „bei einer Firma bewerben“ müssen, wäre es „sehr wohl gegangen“, dass die Großmutter auf das Kind aufpasst.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte es für nicht zulässig.

7Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Begründung seiner Entscheidung zusammengefasst aus, die Revisionswerberin habe entgegen der mit dem AMS getroffenen Vereinbarung wiederholt notwendige Deutschkurse nicht angetreten, weshalb mit Bescheid des AMS vom 27. Dezember 2023 der Verlust ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG ausgesprochen worden sei. Mit Erkenntnis vom 26. Juni 2024 habe das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung festgestellt, dass entgegen den Angaben der Revisionswerberin in ihrem Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld die Betreuung ihres Kindes durch ihre Schwiegermutter seit Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld ab 30. August 2023 an keinem Tag gewährleistet gewesen sei. Die Schwiegermutter habe nie allein auf den Sohn der Revisionswerberin aufgepasst und dies sei ihr ohne die Anwesenheit der Revisionswerberin oder ihres Ehemannes allein nicht möglich gewesen. Das Kind der Revisionswerberin habe von 2. Mai 2024 bis 28. Juni 2024 die Kleinkindbetreuung besucht, sei in diesem Zeitraum dort jedoch selten und nur in Begleitung der Revisionswerberin anwesend gewesen. Die Betreuungspflichten für das Kind seien sohin im strittigen Zeitraum nicht geregelt gewesen und die Revisionswerberin sei dem Arbeitsmarkt nicht mindestens 16 Stunden pro Woche im Rahmen der üblicherweise auf dem Arbeitsmarkt angebotenen Beschäftigungen zur Verfügung gestanden.

8 Seine Feststellungen stützte das Bundesverwaltungsgericht unter anderem auf Bestandteile der Akten zum Verfahren über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27. Dezember 2023 betreffend den Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld, nämlich die Niederschrift über die in diesem Verfahren durchgeführte Verhandlung vom 11. Juni 2024 und das in diesem Beschwerdeverfahren ergangene Erkenntnis vom 26. Juni 2024, weiters auch auf eine Betreuungsvereinbarung vom 30. August 2023 sowie den Bescheid des AMS vom 27. Dezember 2023.

9In seiner Beweiswürdigung führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass sich aus den Aussagen der Schwiegermutter der Revisionswerberin sowie ihres Ehemannes in der im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid vom 27. Dezember 2023 (betreffend die Sperre gemäß § 10 AlVG) durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2024 ergeben habe, dass die Schwiegermutter der Revisionswerberin nie allein auf das Enkelkind aufgepasst habe und diese keinesfalls eine geeignete Betreuungsperson gewesen sei.

10 Zur Möglichkeit einer alternativen Betreuung des Sohnes der Revisionswerberin im Kindergarten führte das Bundesverwaltungsgericht, bezugnehmend auf eine Bestätigung der Stadtgemeinde K sowie ein Telefonat des AMS mit der zuständigen Mitarbeiterin einer „Kleinkindbetreuung“ dieser Stadtgemeinde, aus, dass der Sohn vom 2. Mai 2024 bis 28. Juni 2024 zwar die Kleinkindbetreuung besucht habe, aber nur selten und auch dann nur in Begleitung der Revisionswerberin anwesend gewesen sei. Zwar sei es nachvollziehbar und lebensnah, dass die Revisionswerberin ihren an Fieberkrämpfen leidenden Sohn nicht in Fremdbetreuung geben bzw. allein lassen habe wollen, es zeige sich jedoch, dass die Revisionswerberin der Arbeitsvermittlung nicht im geforderten Mindestausmaß zur Verfügung gestanden sei.

11 Eine mündliche Verhandlung habe unterbleiben können, weil „über den im Wesentlichen gleichen Sachverhalt“ bereits am 11. Juni 2024 im Rahmen des Verfahrens betreffend den Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Beisein der Revisionswerberin sowie ihres Ehemanns und ihrer Schwiegermutter eine Verhandlung stattgefunden habe. Diese Personen hätten ausführlich Auskunft über die - nicht gewährleistete - Betreuung des Sohnes im strittigen Zeitraum gegeben. Hinsichtlich der restlichen Widerrufszeit bzw. der grundsätzlichen Betreuung durch einen Kindergarten habe die belangte Behörde Nachforschungen angestellt, aus denen sich ergebe, dass eine ausreichende Kinderbetreuung durch den Kindergarten aufgrund der Fehlzeiten des Sohnes und der mangelnden Eingewöhnung nicht habe stattfinden können.

12In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht dazu näher aus, dass der für den Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt, welcher im Wesentlichen unbestritten sei, als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden könne. In der Beschwerde seien keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen worden und es sei auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen gewesen. Dem Absehen von der mündlichen Verhandlung stünden auch die Art. 6 Abs. 1 EMRK und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

13Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber nach Durchführung des Vorverfahrens, in dessen Rahmen die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattetet hat, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

14 Als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG macht die Revisionswerberin geltend, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte abgewichen.

15 Die Revision erweist sich unter diesem Gesichtspunkt als zulässig und berechtigt.

16Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

17Bei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung handelt es sich um „civil rights“ im Sinn des Art. 6 EMRK. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört es im Fall widersprechender prozessrelevanter Behauptungen zu den grundlegenden Pflichten des Verwaltungsgerichts, dem auch in § 24 VwGVG verankerten Unmittelbarkeitsprinzip Rechnung zu tragen und sich als Gericht im Rahmen einer - bei der Geltendmachung von „civil rights“ in der Regel auch von Amts wegen durchzuführenden - mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschaffen und insbesondere darauf seine Beweiswürdigung zu gründen (vgl. VwGH 19.2.2025, Ra 2024/08/0041, mwN).

18 Das Bundesverwaltungsgericht begründete die Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung damit, dass über den „im Wesentlichen gleichen“ Sachverhalt bereits im Rahmen des Verfahrens über den Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld eine mündliche Verhandlung am 11. Juni 2024 stattgefunden habe, in deren Rahmen die Revisionswerberin sowie deren Ehemann und Schwiegermutter bereits einvernommen worden seien. Eine mündliche Verhandlung und die Einvernahme der Revisionswerberin und der genannten Zeugen seien „nicht erforderlich“. Die Revisionswerberin, ihr Ehemann und ihre Schwiegermutter hätten bereits ausführlich Auskunft gegeben.

19 Damit verkennt das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen für eine Abstandnahme von der - beantragten - mündlichen Verhandlung.

20Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen. Die Akten lassen dann im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann. Dies ist dann der Fall, wenn in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet wurde und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Ein bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes kann außer Betracht bleiben (vgl. etwa VwGH 25.10.2023, Ra 2023/08/0034).

21 Dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt dem Bundesverwaltungsgericht nicht in der beschriebenen Weise bereits geklärt und unstrittig vorlag, folgt schon daraus, dass die Revisionswerberin die relevanten Sachverhaltsannahmen des AMS im angefochtenen Bescheid vom 5. Juli 2024 und in der Beschwerdevorentscheidung vom 26. September 2024, wonach es in den strittigen Zeiträumen keine Betreuung für ihren Sohn gegeben habe (woraus das AMS ableitete, dass die Revisionswerberin dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden sei), unter Anbot von Beweisen substantiiert bestritten hat.

22 Der Verweis des Verwaltungsgerichts auf den Umstand, dass in einem vorangehenden Verfahren über die Beschwerde der Revisionswerberin gegen einen anderen ihr gegenüber ergangenen Bescheid des AMS eine mündliche Verhandlung stattgefunden habe, bildet keinen Ersatz für die mündliche Verhandlung im vorliegenden Beschwerdeverfahren. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in diesem Verfahren allenfalls Beweisergebnisse hervorgekommen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, die dem Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren relevant erschienen. Davon abgesehen war Gegenstand des vorangehenden Verfahrens auch nicht die vorliegend zu beurteilende Frage der Verfügbarkeit der Revisionswerberin am Arbeitsmarkt in den hier strittigen Zeiträumen zwischen 30. August 2023 und 30. Juni 2024, sondern bloß die Feststellung des Anspruchsverlusts für 42 Tage ab dem 27. November 2023 als Sanktion für den unterbliebenen Besuch eines der Revisionswerberin vom AMS vorgeschriebenen Deutschkurses.

23 Dass der Sachverhalt nicht unstrittig war, zeigt sich - abgesehen von dem die Annahmen des AMS bestreitenden entscheidungserheblichen Tatsachenvorbringen der Revisionswerberin - auch daran, dass das Bundesverwaltungsgericht eine eigenständige Beurteilung und ergänzende Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt vorgenommen hat, mit denen es dem Vorbringen der Revisionswerberin entgegengetreten ist. Dabei hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Übrigen auch nicht bloß auf die Ergebnisse der (zur Verneinung der Verhandlungspflicht von ihm ins Treffen geführten) mündlichen Verhandlung im vorangehenden Beschwerdeverfahren gestützt, sondern auch auf ergänzende Beweismittel, wie einen Aktenvermerk des AMS über eine telefonische Stellungnahme der zuständigen Mitarbeiterin in einer Kinderbetreuungseinrichtung betreffend die Betreuung des Sohnes der Revisionswerberin.

24Die Voraussetzungen für ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung lagen somit nicht vor, auch zumal im vorliegenden Fall ein anderer Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden hat als in jenem Verfahren, in dem eine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte. Es gehört gerade im Fall zu klärender bzw. widersprechender prozessrelevanter Behauptungen - wie hier vorliegend - zu den grundlegenden Pflichten des Verwaltungsgerichtes, dem auch im § 24 VwGVG verankerten Unmittelbarkeitsprinzip Rechnung zu tragen, um sich als Gericht einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschaffen und insbesondere darauf seine Beweiswürdigung zu gründen (vgl. VwGH 30.6.2025, Ra 2024/08/0075, mwN). Ist eine Verhandlung nach Art. 6 EMRK geboten, dann erübrigt sich eine nähere Prüfung der Relevanz des Verfahrensmangels der Unterlassung einer solchen Verhandlung (vgl. VwGH 26.9.2022, Ra 2020/08/0080, mwN).

25Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz hatte mangels Antrags (vgl. § 59 Abs. 1 VwGG) nicht zu erfolgen.

Wien, am 25. August 2025