JudikaturVwGH

Ro 2025/05/0006 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
27. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des Mag. R H, vertreten durch die Komwid Kompein Widmann Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 2. Mai 2025, VGW 111/V/084/4701/2025 6, betreffend eine Angelegenheit nach der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: C GmbH Co KG, vertreten durch die HSP Rechtsanwälte GmbH in Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen „verfahrensleitenden Beschluss“ hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde der mitbeteiligten Partei (Bauwerberin) vom 2. März 2023 gegen einen Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (belangte Behörde) vom 17. Februar 2023, mit welchem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für einen Neubau versagt worden ist, „gemäß § 17 VwGVG iVm § 6 Abs. 1 AVG an die Behörde zuständigkeitshalber“ weitergeleitet.

2 Dem wurde begründend vorangestellt, im Verfahren betreffend einen Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erteilung einer Baubewilligung habe das Verwaltungsgericht über Beschwerde des Revisionswerbers als Nachbarn mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 17. Februar 2025 (gekürzte Ausfertigung vom 10. März 2025) die von der belangten Behörde mit Bescheid vom 11. Juli 2024 erteilte Baubewilligung wegen Unzuständigkeit der Behörde ersatzlos aufgehoben und dies damit begründet, dass die der Bewilligung vorangegangene in Rechtskraft erwachsene Beschwerdevorentscheidung, mit welcher der (den Baubewilligungsantrag abweisende) Bescheid vom 17. Februar 2023 (über Beschwerde der mitbeteiligten Partei) aufgehoben worden sei, verspätet erlassen worden sei und damit die Zuständigkeit zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung bereits auf das Verwaltungsgericht übergegangen gewesen sei. Aus Lehre und Judikatur so das Verwaltungsgericht weiter gehe jedoch hervor, dass eine verspätet erlassene Beschwerdevorentscheidung ungeachtet ihrer objektiven Rechtswidrigkeit in Rechtskraft erwachse, wenn kein Vorlageantrag gestellt werde. Die Beschwerdevorentscheidung sei daher im gegenständlichen Fall weiterhin aufrecht im Rechtsbestand, der ursprüngliche Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung weiterhin offen und die belangte Behörde zur Entscheidung über diesen Antrag zuständig, weshalb die durch die belangte Behörde in Entsprechung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts vom 17. Februar 2025 vorgelegte Beschwerde der mitbeteiligten Partei vom 2. März 2023 gemäß § 17 VwGVG iVm § 6 Abs. 1 AVG an die belangte Behörde zuständigkeitshalber weitergeleitet werde.

3 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision.

4 Die Revision erweist sich als nicht zulässig.

5 Nach § 25a Abs. 3 VwGG ist gegen verfahrensleitende Beschlüsse eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können vielmehr erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.

6 Nach der gemäß § 17 VwGVG für Verwaltungsgerichte sinngemäß anwendbaren Bestimmung des § 6 AVG hat das Verwaltungsgericht bei ihm eingelangte Anbringen, zu deren Behandlung es nicht zuständig ist, ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen. Für die „sinngemäße“ Anwendung des § 6 AVG im Verfahren der Verwaltungsgerichte nach dem VwGVG gilt, dass die Weiterleitung eines Anbringens (hier: der Beschwerde) nach dieser Bestimmung nicht als verfahrensabschließender Beschluss, sondern als wenngleich ebenfalls in Beschlussform zu treffende (§ 31 Abs. 1 VwGVG) verfahrensleitende Anordnung im Sinne des § 31 Abs. 2 und 3 letzter Satz VwGVG zu qualifizieren ist (vgl. dazu ausführlich VwGH 17.2.2015, Ra 2015/01/0022, oder auch VwGH 2.8.2018, Ra 2018/03/0072). Die Weiterleitung nach § 6 AVG ist nicht bindend; sie hat in diesem Sinn anders als etwa die Zurückweisung eines Anbringens keine die betreffende Rechtssache erledigende Wirkung (vgl. wiederum VwGH 17.2.2015, Ra 2015/01/0022).

7 Im vorliegenden Fall deutet nichts darauf hin, dass das Verwaltungsgericht in einer der Rechtskraft fähigen Weise einen Abspruch über seine Zuständigkeit treffen wollte. Es hat vielmehr lediglich die erwähnte Beschwerde an die belangte Behörde zuständigkeitshalber weitergeleitet und damit bloß einen verfahrensleitenden Beschluss gefasst (vgl. erneut VwGH 17.2.2015, Ra 2015/01/0022, mit Hinweis auf VfGH 30.11.2007, B 1538/07 ua); es handelt sich insbesondere um keine Zurückweisung der Beschwerde. Ein Eingriff in die Bindungswirkung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes vom 17. Februar 2025 infolge der Weiterleitung der Beschwerde liegt daher nicht vor.

8 Die gegenständliche Revision erweist sich daher gemäß § 25a VwGG als unzulässig (und zwar ungeachtet des Umstandes, dass die Abtretung an die Behörde unter Missachtung der Bindungswirkung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes vom 17. Februar 2025 [vgl. zur Bindungswirkung von aufhebenden Entscheidungen nach § 28 Abs. 5 VwGVG etwa VwGH 17.11.2015, Ra 2015/22/0076; 25.4.2024, Ra 2023/22/0093, jeweils mwN] zu Unrecht ergangen ist).

9 Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 27. August 2025