JudikaturVwGH

Ra 2025/01/0151 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des B, vertreten durch Dr. Christian Schmaus, Rechtsanwalt in Wien, der gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2025, Zl. W240 22549242/14E, betreffend Wiederaufnahme in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antragnicht stattgegeben.

1 Mit Bescheid vom 8. April 2022 wies die belangte Behörde den Antrag des Revisionswerbers, eines syrischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz vom 29. Juli 2021 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

2Der gegen die Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers gab das Verwaltungsgericht mit am 29. November 2022 mündlich verkündetem und mit 22. Dezember 2022 gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG in gekürzter Form schriftlich ausgefertigten Erkenntnis statt, erkannte dem Revisionswerber den Status des Asylberechtigten zu und stellte fest, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

3Mit dem angefochtenen Beschluss erklärte das Verwaltungsgericht das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren über die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 2022 im Umfang der Abweisung seines Antrags auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 VwGVG von Amts wegen für wiederaufgenommen (Spruchpunkt A) und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt B).

4 Dagegen erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision samt Antrag auf aufschiebende Wirkung.

5Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

6Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen (vgl. etwa VwGH 18.9.2020, Ra 2020/01/0338, Rn. 4 mwN).

7Der Revisionswerber bringt zu seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zusammengefasst vor, er habe bisher als Asylberechtigter freien Zugang zum Arbeitsmarkt gehabt und sei aufgrund einer Anstellung im Bundesgebiet bisher selbsterhaltungsfähig gewesen. Zudem habe seine in Syrien befindliche Familie „Anträge auf Familienzusammenführung“ gestellt. Durch die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht sei der Revisionswerber nicht nur dieser Rechte verlustig geworden, „sondern auch sämtlicher weiterer, die mit der Innehabung des Status des Asylberechtigten einhergehen“. Der Verlust dieser Rechte greife in seine grundrechtlich geschützten Positionen, vor allem jene nach Art. 8 EMRK und in sein Recht auf Reisefreiheit nach dem 4. ZP EMRK ein.

8Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts hat die Bewilligung bzw. Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens zur Folge, dass der Bescheid (das Erkenntnis), mit dem das wiederaufzunehmende Verfahren abgeschlossen wurde, ex tunc außer Kraft tritt (vgl. VwGH 8.8.2019, Ra 2019/04/0049, Rn. 6; 5.9.2023, Ra 2023/09/0066, Rn. 8, jeweils mwN). Durch die Bewilligung bzw. Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens wird somit das wiederaufzunehmende Verfahren in das Stadium vor der Erlassung des Bescheids (Erkenntnisses), der (das) durch die Wiederaufnahme außer Kraft tritt, zurückversetzt (vgl. VwGH 21.11.2002, 2001/07/0027, mwN).

9 Vorliegend bedeutet dies, dass das wiederaufzunehmende Verfahren vor dem Verwaltungsgericht über die Beschwerde des Revisionswerbers in das Stadium vor Erlassung des durch die Wiederaufnahme ex tunc außer Kraft getretenen Erkenntnisses zurückversetzt wird und der Revisionswerber (lediglich) den ihm mit diesem Erkenntnis zuerkannten Status des Asylberechtigten verliert. Da jedoch von dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts über die Wiederaufnahme der Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 2022 unberührt bleibt, kommt dem Revisionswerber der ihm mit diesem Bescheid zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten zu.

10Ausgehend davon legt der Revisionswerber mit seinem Vorbringen keinen unverhältnismäßigen Nachteil gemäß § 30 Abs. 2 VwGG dar. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 24. September 2025