JudikaturVwGH

Ra 2024/19/0493 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
09. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des S B in W, vertreten durch Mag. Thomas Klein, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Kärntner Straße 7B/2. OG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. September 2024, L504 22871801/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber ist türkischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volkgruppe der Kurden. Er stellte am 7. Juli 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er im Wesentlichen vor, dass ihm auf Grund der Mitgliedschaft seines Vaters bei der (Oppositionspartei) HDP Verfolgung drohe.

2Mit Bescheid vom 19. Jänner 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Gegen diesen Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das BVwG habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen. In der Beschwerde sei die mangelhafte Beweiswürdigung substantiiert und nachvollziehbar gerügt worden. Das BVwG habe weder Feststellungen zur Rolle der Ultranationalisten bzw. der MHP-Mitglieder im türkischen Polizei- bzw. Sicherheitssystem noch zur Lage des Revisionswerbers im Fall einer Rückkehr getroffen. Es bestehe auch ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot, weil das BVwG trotz einer substantiierten Beschwerde ausführe, dass die Beweiswürdigung des BFA nicht erschüttert worden sei. Schließlich sei die Beweiswürdigung des BVwG in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden.

7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Absehen von der mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet worden sein, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 8.8.2024, Ra 2024/19/0049, mwN).

8 Im vorliegenden Fall führt die Revision nur pauschal aus, dass die Beschwerde substantiiert der Beweiswürdigung entgegengetreten sei, das BVwG eine ergänzende Beweiswürdigung durchgeführt habe und sich einen persönlichen Eindruck hätte verschaffen müssen. Mit diesem teils lediglich aus allgemeinen Rechtssätzen bestehenden Vorbringen zeigt die Revision aber kein Abweichen von den oben dargelegten Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes auf.

9 Werden darüber hinaus Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs und Feststellungsmängel sowie ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 5.9.2024, Ra 2024/19/0389, mwN; zur Relevanzdarlegung bei einem vorgebrachten Verstoß gegen das Überraschungsverbot siehe etwa VwGH 25.05.2023, Ra 2023/19/0146, mwN).

Eine solche Relevanzdarlegung ist der vorliegenden Revision jedoch nicht zu entnehmen.

10Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 11.04.2024, Ra 2024/19/0136, mwN).

Dass dem BVwG eine unvertretbare Fehlbeurteilung im Rahmen der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, zeigt die Revision mit ihrem pauschalen Vorbringen ebenso nicht auf.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 9. Dezember 2024