Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision des A H, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2024, W275 2274947 1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte am 17. Mai 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, auf Grund seiner Tätigkeit als Reporter sowie der Zugehörigkeit zu einem Minderheitenclan Angst vor der Al-Shabaab-Miliz zu haben.
2 Mit Bescheid vom 13. Mai 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das BVwG habe in Bezug auf die vorgelegten Unterlagen eine weitergehende Befragung unterlassen. So habe das BVwG den Revisionswerber nicht näher befragt, ob er sich auf Grund seiner Verfolgung erinnern könne, in welchem Zeitraum er genau gearbeitet habe. Weiters rügt sie, dass die Mutter des Revisionswerbers nicht als Zeugin einvernommen worden sei und das BVwG es versäumt habe, konkretere Fragen in Bezug auf sein Fluchtvorbringen zu stellen.
6 Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 24.4.2024, Ra 2023/19/0500 , mwN).
Eine solche Darlegung enthält die Revision nicht. Es werden lediglich pauschal Ermittlungsmängel behauptet, ohne konkret darzulegen, anhand welcher zusätzlich oder anders zu treffender Feststellungen das BVwG zu einem für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte kommen können.
7 Soweit die Revision vorbringt, das BVwG habe es unterlassen, die Mutter des Revisionswerbers als Zeugin für die Ermordung seines Freundes einzuvernehmen, ist darauf hinzuweisen, dass ein diesbezüglicher Beweisantrag im Asylverfahren nicht gestellt wurde. Aus diesem Grund käme vorliegend nur die Verletzung amtswegiger Ermittlungspflichten im Sinn des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 in Betracht (vgl. VwGH 29.8.2023, Ra 2023/18/0277)
Die Frage, ob auf Basis eines konkret vorliegenden Standes eines Ermittlungsverfahrens ein „ausreichend ermittelter Sachverhalt“ vorliegt oder ob weitere amtswegige Ermittlungen erforderlich sind, begründet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern stellt eine jeweils einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung dar (vgl. VwGH 24.4.2024, Ra 2023/19/0500 , mwN).
Das BVwG ging im vorliegenden Fall nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung davon aus, dass dem Revisionswerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine asylrelevante Verfolgung durch die Al Shabaab Miliz oder auf Grund seiner Clanzugehörigkeit drohe. Diesen Erwägungen hält die Revision nichts Stichhaltiges entgegen.
Dass dem BVwG bei dieser Beurteilung ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender wesentlicher Verfahrensmangel unterlaufen wäre und dem BVwG unter Berücksichtigung der ihm vorliegenden Beweisergebnisse weitere amtswegige Ermittlungen „erforderlich“ im Sinne des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 erscheinen mussten, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
8 Soweit sich die Revision mit ihrem Vorbringen auch gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 18.4.2024, Ra 2024/19/0133, mwN).
Die Revision zielt in erster Linie darauf ab, die eigenen beweiswürdigenden Erwägungen an die Stelle des BVwG zu setzen. Es gelingt ihr damit nicht, einen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel der Beweiswürdigung darzutun.
9 In der Revision sohin werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 5. September 2024