Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des O A, vertreten durch Mag. Lukas Höllwerth, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. September 2024, W242 22822092/7E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 17. Oktober 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er im Wesentlichen vor, dass er vom Militärdienst bei der syrischen Armee desertiert sei. Er fürchte im Falle einer Rückkehr, zum Militärgericht gebracht bzw. verhaftet zu werden. Zudem würden ihn die Kurden als Verbrecher betrachten, weil er seinen Militärdienst bei der syrischen Armee geleistet habe.
2 Mit Bescheid vom 21. November 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht soweit für das Revisionsverfahren relevant aus, dass dem Revisionswerber keine Einziehung zum Militärdienst in der syrischen Armee drohe, weil die staatlichen Behörden in seiner Heimatregion keinen Zugriff auf ihn hätten. Die Heimatregion des Revisionswerbers sei zudem ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar. Der Revisionswerber sei auch nicht aus sonstigen Grünen bedroht, von einer der syrischen Konfliktparteien als politischer Gegner angesehen zu werden.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9Vorauszuschicken ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen ist. Dementsprechend entziehen sich Änderungen der Sachund Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren (vgl. etwa VwGH 4.4.2022, Ra 2021/19/0227, mwN).
10 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das Bundesverwaltungsgericht habe es unterlassen, sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, wonach er seinen Militärdienst bei der syrischen Armee abgeleistet habe und von den Kurden als Gegner angesehen würde, auseinanderzusetzen und die dem Revisionswerber im Einzelfall drohenden Verfolgungshandlungen zu ermitteln. Es habe auch unterlassen, konkrete Feststellungen zur Rekrutierungssituation in der Region Hasaka zu treffen.
11 Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs und Feststellungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 5.9.2024, Ra 2024/19/0262, mwN).
12 Eine solche Darlegung enthält die vorliegende Revision nicht. Es werden lediglich pauschal Verfahrensmängel behauptet, ohne konkret darzulegen, anhand welcher zusätzlicher oder anders zu treffender Feststellungen das Bundesverwaltungsgericht zu einem für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte kommen können.
13Soweit sich der Revisionswerber mit seinem übrigen Vorbringen gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts wendet, ist dem entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 12.3.2024, Ra 2023/19/0235, mwN).
14 Das Bundesverwaltungsgericht legte anhand der getroffenen Länderfeststellungen dar, dass der Revisionswerber selbst bei Wahrunterstellung seines Fluchtvorbringens nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr der Verfolgung durch das syrische Regime ausgesetzt sei, weil das syrische Regime in der kurdisch kontrollierten Herkunftsregion des Revisionswerbers keine Einfluss und Kontrollmöglichkeiten habe. Dem Revisionswerber sei eine Einreise in seine Herkunftsregion über den Grenzübergang Semalka möglich, ohne in Kontakt mit dem syrischen Regime zu kommen. Die Revision zeigt mit ihren allgemein gehaltenen Ausführungen, wonach eine Rückkehr des Revisionswerbers in sein Heimatdorf nicht möglich wäre, ohne Gefahr zu laufen, als Reservist zum syrischen Militär eingezogen zu werden, nicht auf, dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leidet.
15Die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, der Revisionswerber könne einer Verfolgung durch das syrische Regime durch Rückkehr in seine Heimatregion entgehen, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Auf die weitere in der Revision aufgeworfene Frage, ob ihm bei Kontakt mit den syrischen Behörden eine gegen das syrische Regime gerichtete politische Überzeugung unterstellt würde, kommt es deshalb nicht an (vgl. VwGH 29.2.2024, Ra 2024/18/0043).
16 Das Vorbringen, mit dem sich die Revision gegen die Feststellung wendet, dass eine Verweigerung des Wehrdienstes von den kurdischen Milizen nicht als Ausdruck einer politischen Gesinnung gesehen würde, geht schon deshalb ins Leere, weil das Bundesverwaltungsgericht eine drohende Rekrutierung des Revisionswerbers durch kurdische Milizen verneint hat und die Revision diese Feststellung nicht bekämpft.
17 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 30. Dezember 2024