JudikaturVwGH

Ra 2024/18/0311 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
11. April 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Gröger und Dr. inSabetzer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. April 2024, W179 2288018-1/6E, betreffend die Zurückweisung einer Beschwerde in einer Asylangelegenheit (mitbeteiligte Partei: A A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

1 Mit Bescheid vom 5. Februar 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Mitbeteiligten auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

2 In weiterer Folge wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Beschluss die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Mitbeteiligten „mangels (erlassenen) Bescheides“ als unzulässig zurück.

3Begründend führte das BVwG aus, das BFA habe den gegenständlichen Bescheid nach dem Akteninhalt ohne Zustellverfügung abgefertigt. Gemäß § 5 Zustellgesetz (ZustG) habe die Zustellverfügung auch die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten. Dazu gehörten u.a. die Zustelladresse, die Zustellform und die technische Art der Zustellung (Hinweis auf näher zitierte Literatur). Ohne Zustellverfügung könne ein Bescheid nicht rechtsgültig erlassen werden. Zudem könne „im Adressat des bekämpften Bescheides keine Zustellverfügung substituierend erkannt“ werden, weil dieser nur auf den Vornamen, den Nachnamen und das Geburtsdatum samt Herkunftsstaat laute, jedoch die benötigten sonstigen Angaben gemäß § 5 ZustG vermissen lasse. Das Verfahren des Mitbeteiligten sei daher weiterhin beim BFA anhängig. Dieses werde eine „korrekte Zustellung“ im Sinne des ZustG vorzunehmen haben.

4 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision, die zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend macht, es bedürfe zur Frage, ob die wirksame Erlassung eines Bescheides von der Existenz einer separaten Zustellverfügung abhängig sei, einer Klarstellung durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Nach Auffassung des BFA reiche es unter Hinweis auf näher zitierte Literatur aus, wenn aus dem zuzustellenden Dokument oder den sonstigen Unterlagen hervorgehe, wem die Behörde das Dokument zustellen wollte. Im konkreten Fall sei zu berücksichtigen, dass der gegenständliche Bescheid dem Mitbeteiligten zugestellt worden sei. Dies ergebe sich bereits aus dem im Akt befindlichen Rückschein. Auch ziehe der Mitbeteiligte in seiner Beschwerde die Formalitäten der Zustellung nicht in Zweifel.

5 Der Mitbeteiligte erstattete - nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof - keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

6 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

7Gemäß § 5 ZustG ist die Zustellung von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.

8 Das BVwG ging im angefochtenen Beschluss davon aus, dass der Bescheid des BFA ohne Zustellverfügung abgefertigt und damit nicht rechtsgültig erlassen worden sei.

9Der gegenständliche Fall gleicht insoweit in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht jenem, über den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 3. April 2025, Ra 2024/01/0201, entschieden hat. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

10 Darin wird - unter Hinweis auf Bumberger/Schmid, ZustG, Praxiskommentar zum Zustellgesetz (2018) 40 - insbesondere festgehalten, dass die Rechtswirksamkeit einer Zustellung nicht von einer bestimmten Form der Zustellverfügung abhängt. § 5 ZustG bedeutet auch nicht, dass ein ausdrücklich als „Zustellverfügung“ bezeichneter Teil des zuzustellenden Dokuments oder ein eigenes Dokument „Zustellverfügung“ vorhanden sein muss. Es reicht, wenn aus dem zuzustellenden Dokument oder aus sonstigen Unterlagen hervorgeht, wem die Behörde das Dokument zustellen wollte. Das kann sich auch allein aus der Adressierung eines Dokuments oder aus der Adressierung des Zustellnachweises ergeben (vgl. Rn. 10 des zitierten Erkenntnisses).

11Ausgehend davon erfüllt der gegenständliche Bescheid des BFA vom 5. Februar 2024 - auch ohne (gesonderte) Zustellverfügung - die Voraussetzungen des § 5 ZustG, zumal der Mitbeteiligte durch die Bezeichnung mit Vorname, Nachname, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit als Adressat des Bescheides festgelegt und damit eindeutig zu identifizieren ist. Nach der Aktenlage wurde der - ab 12. Februar 2024 in einer näher genannten PostGeschäftsstelle zur Abholung hinterlegte - Bescheid vom Mitbeteiligten am selben Tag persönlich übernommen und galt mit diesem Tag gemäß § 17 Abs. 3 zweiter und dritter Satz ZustG als zugestellt.

12 Da der gegenständliche Bescheid gegenüber dem Mitbeteiligten somit am 12. Februar 2024 rechtswirksam erlassen wurde, hat das BVwG dessen Beschwerde gegen diesen Bescheid zu Unrecht mangels Vorliegens eines erlassenen Bescheides zurückgewiesen.

13Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 11. April 2025