Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision der M F, vertreten durch Dr. Bernhard Fink, Dr. Peter Bernhart, Mag. Klaus Haslinglehner, Dr. Bernd Peck, Mag. Kornelia Kaltenhauser und Mag. Michael Lassnig, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Oktober 2024, W284 22760991/23E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige des Iran, stellte am 25. März 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den sie mit Furcht vor einem Mann, der sie vergewaltigt habe, sowie der prekären Lage von Frauen im Iran begründete, in weiterer Folge dann überdies mit einer drohenden Verfolgung wegen ihrer Konversion zum Christentum.
2Mit Bescheid vom 30. Mai 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte der Revisionswerberin keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das BVwG zusammengefasst aus, dass gegenständlich eine Scheinkonversion vorliege. Auch wenn Übergriffe oder Diskriminierungen von Frauen asylrelevant sein könnten, erreiche die im Iran bestehende Diskriminierung von Frauen kein Ausmaß, das die Annahme rechtfertigen würde, dass alle im Iran lebenden Frauen wegen ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Frauen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten.
5 Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde von diesem mit Beschluss vom 11. Dezember 2024, E 4431/2024 5, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der Folge wurde die gegenständliche außerordentliche Revision eingebracht.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Revisionswerberin wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung der von ihr erhobenen Revision zunächst gegen die beweiswürdigenden Erwägungen des BVwG betreffend die von ihr behauptete Konversion zum Christentum.
10Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 16.7.2025, Ra 2025/14/0075, mwN).
11 Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist. Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung die sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (vgl. VwGH 19.2.2025, Ra 2025/14/0010, mwN).
12Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dürfen an das Wissen eines Asylwerbers über den von ihm angenommenen Glauben bzw. einzelne theologische Fragestellungen zwar keine überzogenen Erwartungen geknüpft werden. Jedoch handelt es sich auch bei der Beurteilung, welches Wissen konkret von einem Asylwerber erwartet werden kann, letztlich immer um eine Beurteilung im Einzelfall, bei der auch sonstige nach der konkreten Sachlage maßgebliche Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. abermals VwGH 19.2.2025, Ra 2025/14/0010, mwN).
13 Gegenständlich führte das BVwG eine mündliche Verhandlung durch, in der es sich einen persönlichen Eindruck von der Revisionswerberin verschaffte und kam in Auseinandersetzung mit zahlreichen Umständen und Äußerungen der Revisionswerberin in seiner Beweiswürdigung zum Schluss, dass eine Scheinkonversion vorliege. Die Revision zeigt mit ihren Ausführungen nicht auf, dass die Beweiswürdigung des BVwG mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wäre. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es nämlich nicht darauf an, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre.
14 Da das BVwG nicht von einer Konversion der Revisionswerberin ausging, geht auch das Revisionsvorbringen ins Leere, wonach das BVwG keine Feststellungen zur Lage von Konvertiten im Iran getroffen habe.
15Die Revision bringt überdies vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Situation von Frauen in Afghanistan abgewichen (Verweis auf VwGH 23.10.2024, Ra 2021/20/0425). In diesem Zusammenhang versäumt es die Revision vor dem Hintergrund der iranischen Staatsbürgerschaft darzulegen, dass der zugrundeliegende Sachverhalt jener zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das BVwG dennoch anders entschieden hat und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. zu den Anforderungen an die Revision in diesem Zusammenhang VwGH 24.10.2024, Ra 2023/05/0006, mwN).
16Gegen die beweiswürdigenden Ausführungen des BVwG im Zusammenhang mit der sich aus der Berichtslage zum Iran ergebenden konkreten Situation der Revisionswerberin bringt die Zulässigkeitsbegründung hingegen nichts vor, weshalb kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt wird. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen die Revisionswerberin gerichtete Verfolgung nicht ersetzen kann (vgl. VwGH 16.7.2025, Ra 2025/20/0291, mwN).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 8. September 2025