Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des M H in W, vertreten durch Dr. Oliver Scherbaum, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 13/12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Oktober 2024, W192 22915571/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 8. Mai 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005, den er im Wesentlichen damit begründete, sein Leben sei wegen der Taliban in Gefahr gewesen.
2Mit Bescheid vom 31. März 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 In seiner Begründung ging das BVwG davon aus, dass der Revisionswerber in Afghanistan nicht der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt sei, die in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Soldat bzw. Sanitäter oder „westlichen Lebenseinstellung“ stünde. Schließlich werde ihm bei einer allfälligen Rückkehr auch nicht seine Lebensgrundlage entzogen, weil es sich um einen gesunden, leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne besonderen Schutzbedarf handle, der zudem familiären Rückhalt habe.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8Die Revision formuliert in der Zulassungsbegründung als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Eigenschaft, Bediensteter bzw. Angehöriger der Armee oder Polizei der ehemaligen Regierung gewesen zu sein aufgrund der damit einhergehenden (drohenden) Verfolgungsgefahr durch die Taliban bei der Rückkehr nach Afghanistan, die Zuerkennung des Status als Asylberechtigter nach § 3 AsylG 2005 bzw. die Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter nach § 8 AsylG 2005 rechtfertige; hilfsweise, ob deshalb ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 zu gewähren sei. Im Übrigen wird (nur) vorgebracht, dass die Länderberichte im angefochtenen Erkenntnis davon sprächen, dass ein hochrangiges Mitglied der ehemaligen Streitkräfte bei Rückkehr von den Taliban als Feind behandelt worden sei. Schenke man diesem Bericht Glauben, so sei die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen auch für den Revisionswerber als ehemaligen Angehörigen des Militärs real. Unter diesem Gesichtspunkt sei seine Furcht in Bezug auf die Rückkehr nach Afghanistan auch entsprechend zu würdigen.
9 Dem ist entgegenzuhalten, dass sich das BVwG im gegenständlichen Fall ausführlich damit beschäftigt hat, ob dem Revisionswerber aufgrund seiner früheren militärischen Tätigkeit als Stabsunteroffizier mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung durch die Taliban droht. Es hat sich dabei sowohl mit den Risikoprofilen nach den einschlägigen Richtlinien des UNHCR auseinandergesetzt, im Übrigen aber einzelfallbezogen dargelegt, weshalb es im Fall des Revisionswerbers kein (hinreichendes) Verfolgungsrisiko erkennt.
10Mit diesen Erwägungen setzt sich die Revision nicht auseinander. Ihr Hinweis auf ein hochrangiges Mitglied der ehemaligen Streitkräfte, das bei der Rückkehr Probleme mit den Taliban gehabt habe, verfängt nicht, handelt es sich nach den Feststellungen des BVwG doch beim Revisionswerber um kein solches hochrangiges Mitglied. Feststellungen allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat können außerdem die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Revisionswerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen (vgl. etwa VwGH 18.4.2024, Ra 2024/18/0139, mwN). Das BVwG ist aber in vertretbarer Weise gerade nicht von einer solchen Gefährdung des Revisionswerbers bei seiner Rückkehr ausgegangen.
11Warum allein die Eigenschaft, Bediensteter bzw. Angehöriger der Armee oder Polizei der ehemaligen Regierung gewesen zu sein, wie die Revision zu vermeinen scheint, entgegen der oben angesprochenen Judikatur jedenfalls und ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalls internationalen Schutz oder einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 rechtfertigen sollte, legt die Revision nicht einmal ansatzweise dar.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 17. März 2025