Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Mag. Tolar als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Gröger als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des M A, vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof und Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Februar 2024, L510 2257173 1/20E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, Araber und Sunnit, stellte am 13. Dezember 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, an Demonstrationen gegen die eng mit der irakischen Regierung kooperierenden schiitischen Milizen „Asaib Ahl Al Haqq“ und „Saraya Al Salam“ teilgenommen zu haben und deshalb von diesen mit dem Tode bedroht worden zu sein bzw. zu werden.
2 Mit Bescheid vom 15. Juni 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Das BVwG stellte insbesondere fest, der Revisionswerber sei im Irak nicht wegen seiner politischen Überzeugungen oder seiner Teilnahme an Demonstrationen seitens des Staates oder diesem nahestehender schiitischer Milizen verfolgt worden und habe auch nicht glaubhaft gemacht, im Fall der Rückkehr Gefahr zu laufen, asylrelevante Verfolgungshandlungen zu erleiden. In der Beweiswürdigung stützte sich das BVwG auf näher dargestellte Unplausibilitäten und Widersprüchlichkeiten des Vorbringens des Revisionswerbers.
5 Die vorliegende außerordentliche Revision richtet sich der Sache nach gegen die vom BVwG vorgenommene Beweiswürdigung und rügt die mangelnde Heranziehung im einzelnen genannter Beweismittel (insbesondere Länderberichte).
6 Damit wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Soweit sich die Revision (der Sache nach) gegen die vom BVwG vorgenommene Beweiswürdigung wendet, stellt sie nur die Überzeugungskraft einzelner der vom BVwG angestellten Überlegungen in Frage, nämlich insbesondere das Argument des BVwG, es sei unlogisch, dass der Revisionswerber seinem Vorbringen zufolge fünf Tage von einer Miliz in Haft gehalten worden sein solle, obwohl er doch ohnedies die von der Miliz verlangte Verpflichtungserklärung, nicht weiter zu demonstrieren, unterschrieben habe, und das weitere Argument, im von der Bundesagentur für Betreuungs und Unterstützungsleistungen verfassten Beschwerdeschriftsatz sei von „Organisator*innen“ der Demonstrationen die Rede gewesen, während der Revisionswerber im Rahmen der Verhandlung im Wesentlichen von einem Organisator näher berichtet habe.
11 Damit übergeht die Revision den Umstand, dass sich das BVwG auf zahlreiche weitere beweiswürdigende Überlegungen stützte: So gründete das BVwG die Annahme der Unglaubhaftigkeit der Inhaftierung des Revisionswerbers etwa auch auf Divergenzen der Angaben zur Häufigkeit der Festnahmen durch die Milizen und Unplausibilitäten der Angaben zur Entführung vor der Inhaftierung, zu den Vorkommnissen nach dem Unterschreiben der Verpflichtungserklärung und zum Interesse, das die Milizen an einer Verfolgung der Person des Revisionswerbers haben sollten. Auch hinsichtlich der als untergeordnet angenommenen Rolle des Revisionswerbers bei den grundsätzlich für glaubhaft befundenen Demonstrationsteilnahmen führte das BVwG neben dem Umstand, dass er divergierende Angaben zu den Organisator(inn)en gemacht habe, etwa das weitere Argument an, dass die Angaben des Revisionswerbers zum behaupteten Organisator, der ein Englischlehrer gewesen sei, sowie zur behaupteten persönlichen Verbundenheit zwischen diesem und dem Revisionswerber nicht nachvollziehbar seien. Diesen weiteren, jeweils für sich tragenden Erwägungen setzt die Revision nichts Stichhaltiges entgegen. Insgesamt gelingt es der Revision somit nicht, eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung darzutun (zum diesbezüglichen Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes für das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vgl. etwa VwGH 29.2.2024, Ra 2023/18/0298, mwN).
12 Soweit die Revision die mangelnde Heranziehung im Einzelnen genannter Länderberichte, aus denen hervorgehe, dass Demonstrationen wie jene, an denen der Revisionswerber teilgenommen habe, im Irak weiterhin stattfänden, sowie das Übergehen von vorgelegten Beweismitteln, nämlich von Fotos betreffend einzelne erfolgte Demonstrationsteilnahmen, rügt, behauptet sie Verfahrensfehler, deren Relevanz in konkreter Weise darzulegen ist (vgl. VwGH 18.8.2023, Ra 2023/18/0215, mwN). Angesichts des Umstandes, dass das BVwG Demonstrationsteilnahmen des Revisionswerbers ohnedies grundsätzlich für glaubhaft befunden hat, gelingt es der Revision mit diesem Vorbringen nicht, fallbezogen darzulegen, welche anderen, für den Revisionswerber günstigeren Feststellungen das BVwG aufgrund einer Einbeziehung der genannten weiteren Beweismittel hätte treffen sollen. Mit dem pauschalen Verweis auf näher genannte Berichte von UNHCR zum Risikoprofil von in Opposition zu syrischen Milizen wahrgenommenen Personen übersieht die Revision, dass eine Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Revisionswerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen kann (vgl. VwGH 13.12.2023, Ra 2023/18/0436 bis 0442, mwN) und das BVwG in vertretbarer Weise gerade nicht von einer solchen Gefährdung des Revisionswerbers im Falle seiner Rückkehr ausgegangen ist.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. April 2024