Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des F S, vertreten durch Mag. Clara Anna Rauter als bestellte Verfahrenshelferin, diese vertreten durch Dr. Christoph Gottesmann, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. September 2024, I423 22954351/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 19. August 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er im Wesentlichen damit begründete, in Syrien zum Reservedienst der syrischen Armee einberufen worden zu sein und nicht kämpfen zu wollen.
2 Mit Bescheid vom 14. Juni 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf die Dauer eines Jahres befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das BVwG soweit wesentlich aus, das erstmals in der Beschwerdeschrift erstattete Vorbringen des Revisionswerbers hinsichtlich einer etwaigen Zwangsrekrutierung durch die Syrian Democratic Forces (SDF) unterliege dem Neuerungsverbot und sei somit nicht beachtlich.
5 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9Vorab wird darauf hingewiesen, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des BVwG vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen ist (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/18/0005, mwN). Dementsprechend entziehen sich Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren.
10 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung der Anwendbarkeit des Neuerungsverbotes abgewichen, indem es die angenommene Missbrauchsabsicht nicht ausreichend dargelegt, sondern nur unterstellt habe.
11 Neues Vorbringen in der Beschwerde führt nach der hg. Rechtsprechung grundsätzlich dazu, dass von einem „geklärten Sachverhalt“ im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA VG, der ein Absehen von der Verhandlung erlaubt, nicht ausgegangen werden darf. Ausgenommen davon ist der Fall, dass das neue Vorbringen dem Neuerungsverbot gemäß § 20 Abs. 1 und 2 BFAVG unterliegt (vgl. dazu grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018).
12Für die Annahme eines Neuerungsverbotes bedarf es nach der Rechtsprechung der Auseinandersetzung mit der für die Annahme eines Neuerungsverbotes erforderlichen Voraussetzung der missbräuchlichen Verlängerung des Asylverfahrens (vgl. VwGH 17.8.2023, Ra 2023/18/0297, mwN).
13 Das BVwG hat sich mit dem erstmals in der Beschwerde erhobenen Vorbringen betreffend eine Zwangsrekrutierung durch die SDF näher befasst und dieses wegen der angenommenen Missbrauchsabsicht unter ausführlicher Begründung als gegen das Neuerungsverbot verstoßend gewertet.
14 Das Zulässigkeitsvorbringen begegnet diesen Erwägungen lediglich mit dem Vorbringen, dass das BVwG die Missbrauchsabsicht bloß unterstellt, aber keine Gründe für diese Annahme angeführt habe; es habe sich mangels mündlicher Verhandlung auch keinen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber und seiner Glaubwürdigkeit verschafft.
15 Mit diesen Ausführungen, die die vom BVwG im angefochtenen Erkenntnis entgegen dem Revisionsvorbringenangestellten Überlegungen zur Missbrauchsabsicht ausblenden, wird aber nicht dargelegt, dass die rechtliche Beurteilung des BVwG zum angenommenen Neuerungsverbot in unvertretbarer Weise erfolgt wäre (vgl. neuerlich VwGH 17.8.2023, Ra 2023/18/0297).
16 Vor diesem Hintergrund zeigt die Revision auch nicht auf, dass das BVwG von den Leitlinien der Rechtsprechung zur Abstandnahme von einer Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG abgewichen wäre (vgl. neuerlich VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 17.7.2025, Ra 2025/14/0028, mwN).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. September 2025