JudikaturVwGH

Ra 2024/11/0197 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
26. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätin Dr. in Oswald als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision der S S und des D D, beide vertreten durch die Gewessler Rechtsanwaltsges.m.b.H. in Wien, gegen das am 3. Mai 2024 mündlich verkündete und mit 21. Mai 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, Zl. VGW 101/092/3844/2024 13 und Zl. VGW 101/V/092/3845/2024, betreffend Genehmigung nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in Bestätigung eines Bescheides der belangten Behörde vom 5. Februar 2024, den Antrag der Erstrevisionswerberin auf Genehmigung des Eigentumserwerbs an mit Wohnungseigentum verbundenen Liegenschaftsanteilen in Wien gemäß § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz (im Folgenden: WrAuslGEG) ab. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die in den Jahren 1982 und 1979 geborenen Revisionswerber seien indische Staatsbürger. Sie hätten zwei in den Jahren 2006 und 2018 geborene Kinder. Die Familie bewohne die im Eigentum des Zweitrevisionswerbers stehende verfahrensgegenständliche Wohnung. Der Zweitrevisionswerber verfüge noch über eine zweite Eigentumswohnung in Wien, welche gegenwärtig vermietet sei. Darin solle in Zukunft die 18-jährige Tochter wohnen.

3 Die Revisionswerber hätten am 4. April 2023 einen Schenkungsvertrag über die gegenständliche Wohnung geschlossen, weil damals der zweitrevisionswerbende Geschenkgeber gesundheitliche Probleme gehabt habe und er seine Ehefrau absichern habe wollen. Es sei nicht geplant, dass die Revisionswerber und das jüngere Kind in absehbarer Zeit aus dieser Wohnung ausziehen würden.

4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, gemäß § 4 Abs. 1 WrAuslGEG sei die Genehmigung des Eigentumserwerbs durch Ausländer ua zu erteilen, wenn am Zustandekommen des Rechtsgeschäfts ein volkswirtschaftliches oder soziales Interesse bestünde.

5Nach Auffassung der Revisionswerber bestünde ein volkswirtschaftliches Interesse am Rechtserwerb darin, dass dadurch ein potenziell langfristiges Nachlass- oder Scheidungsverfahren in Bezug auf die gegenständliche Wohnung von vornherein vermieden werde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege jedoch die Vermeidung derartiger, potenziell langfristiger Verfahren nicht im volkswirtschaftlichen Interesse (Hinweis auf VwGH 27.9.2022, Ra 2020/11/0017).

6 Es bestehe auch kein soziales Interesse, da bereits vor Genehmigung des Schenkungsvertrages das Wohnbedürfnis der Erstrevisionswerberin durch die verfahrensgegenständliche Wohnung gedeckt worden sei und gedeckt werde. Auch die vorgebrachte Absicherung der Geschenknehmerin für den Fall einer Scheidung oder des Todes ihres Ehemannes begründe kein soziales Interesse, weil derzeit keine Anhaltspunkte für solche Ereignisse vorlägen. Lediglich mögliche zukünftige Ereignisse überschritten aber nicht die „Erheblichkeitsschwelle“ für das Vorliegen eines sozialen Interesses iSd § 4 Abs. 1 WrAuslGEG.

7 Mit Beschluss vom 16. September 2024, E 2584/2024 5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobene Beschwerde der Revisionswerber ab. Mit Beschluss vom 24. Oktober 2024, E 2584/2024 7, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

8 Gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine verfassungskonforme Interpretation des WrAuslGEG es gebiete, Schenkungen an Ehegatten von der Genehmigungspflicht auszunehmen, zumindest wenn keine Verdachtsmomente für ein Umgehungsgeschäft vorliegen, wie dies in allen anderen Grundverkehrsgesetzen der Fall sei. Rechtsprechung fehle auch zur Frage, ob die gesetzliche Fürsorgepflicht der Ehegatten nach § 97 ABGB ein im Rahmen des WrAuslGEG zu berücksichtigendes soziales Interesse sei.

13 Damit wird eine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B VG nicht dargetan:

14Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, liegt ein soziales Interesse am Grundstückserwerb bzw. zur Schaffung einer Wohnmöglichkeit nicht vor, wenn ein Wohnbedürfnis anders gedeckt werden kann bzw. anders gedeckt wird; vgl. VwGH 7.2.2025, Ra 2023/11/0139, mwN). Die Revision tritt der Begründung des Verwaltungsgerichts, die Zweitrevisionswerberin sei auf die Schenkung nicht angewiesen, um ihr Wohnbedürfnis in der gegenständlichen Wohnung zu befriedigen, nicht konkret entgegen.

15Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Vermeidung eines Verlassenschaftsverfahrens, welches die Rechtsordnung für den Erbschaftsfall vorsieht, weder ein volkswirtschaftliches noch ein soziales Interesse iSd § 4 Abs. 1 WrAuslGEG darstellt (vgl. VwGH 27.9.2022, Ra 2020/11/0017).

16Aus welchen Gründen vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung „die gesetzliche Fürsorgepflicht der Ehegatten nach § 97 ABGB“ im Revisionsfall zu einer anderen Beurteilung führen sollte und zu welcher konkreten Rechtsfrage in diesem Zusammenhang Rechtsprechung fehlt, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision mit diesem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen nicht dargelegt.

17 Insoweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit verfassungsrechtliche Fragen anspricht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Normbedenken keine grundsätzliche, vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG darstellen (vgl. etwa VwGH 28.5.2024, Ro 2023/04/0052, mwN), und dass der von den Revisionswerbern angerufene Verfassungsgerichtshof die Behandlung ihrer gegen das angefochtene Erkenntnis gerichteten Beschwerde abgelehnt hat. Insoweit die Revision darauf abzielt, dass die Grundverkehrsgesetze der anderen Bundesländer Rechtserwerbe zwischen Ehegatten von einer Genehmigung ausnähmen, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Gesetzeslage nach dem WrAuslGEG, was die Genehmigungsbedürftigkeit des zwischen den Ehegatten abgeschlossenen gegenständlichen Schenkungsvertrages betrifft, eindeutig ist (vgl. VwGH 26.4.2018, Ra 2018/11/0069), und dass nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes mit dem Hinweis auf andere österreichische Grundverkehrsgesetze unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nichts zu gewinnen ist, weil das bundesstaatliche Prinzip die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis der Regelungen verschiedener Landesgesetzgeber zueinander ausschließt (vgl. VfSlg. 18.338/2008, mwN; vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 BVG bei eindeutiger Rechtslage VwGH 1.2.2022, Ra 2019/11/0210 bis 0212, mwN).

18 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 26. August 2025