Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie den Hofrat Dr. Lukasser und die Hofrätin Mag. Zehetner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des P P, vertreten durch Mag. a Dr. in Jasmine Senk, Rechtsanwältin in Linz, gegen das am 17. Juli 2024 mündlich verkündete und mit 7. Oktober 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, Zl. LVwG 351545/8/GS/TO, betreffend Einstellung einer zuerkannten Leistung der Sozialhilfe nach dem Oö. SOHAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Linz), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. April 2024 wurde die dem Revisionswerber mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juni 2023 zuerkannte Leistung zur Unterstützung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß Oö. Sozialhilfe Ausführungsgesetz (Oö. SOHAG) mit 15. April 2024 eingestellt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG wurde für unzulässig erklärt.
3 Das Verwaltungsgericht traf dazu soweit für den vorliegenden Revisionsfall relevant die Feststellungen, dass dem Revisionswerber eine Sozialhilfeleistung aufgrund seines Langzeitkrankenstandes befristet bis 31. Mai 2024 zuerkannt worden sei, wobei regelmäßig Arbeitsunfähigkeitsmeldungen vorzulegen gewesen seien. Der Revisionswerber habe wiederholt Krankmeldungen von Allgemeinmedizinern ohne zuvor durchgeführte Untersuchung, jeweils ausgestellt für mehrere Monate, übermittelt. Aus dem neurologisch psychiatrischen Sachverständigengutachten eines näher genannten gerichtlich beeideten Sachverständigen vom 28. August 2012 ergebe sich jedoch, dass der Revisionswerber am zweiten Arbeitsmarkt einsetzbar sei. Um das aktuell bestehende Leistungskalkül festzustellen, habe die belangte Behörde das berufliche Bildungs und Rehabilitationszentrum (BBRZ) mit der Begutachtung der Arbeitsfähigkeit des Revisionswerbers im Zuge des Sozialhilfebezuges beauftragt. Die beiden in der Folge anberaumten Termine für die arbeitsmedizinische Begutachtung habe der Revisionswerber nicht wahrgenommen und dies im Wesentlichen mit seinem Gesundheitszustand begründet; er habe um einen Hausbesuch gebeten.
4 In seiner rechtlichen Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es sei „zu prüfen, ob der [Revisionswerber] entsprechend der Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Z 2 Oö. SOHAG bereit [sei], sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen“. Nach dem Oö. SOHAG könne einem Sozialhilfeempfänger „im Rahmen der Bemühungs oder Mitwirkungspflicht aufgetragen werden, sich einer medizinischen Begutachtung zu unterziehen (siehe § 23) oder Qualifizierungsmaßnahmen, wie Betreuung und Unterstützung zur Überwindung der eingeschränkten Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt, anzunehmen“. Nach § 6 Abs. 5 Z 4 Oö. SOHAG stelle die Umsetzung von Maßnahmen, die von der Behörde aufgetragen würden, eine Bemühungspflicht und sohin eine Voraussetzung für die Leistung der Sozialhilfe dar. Würden die aufgetragenen Maßnahmen nicht umgesetzt, sei dies als mangelnde Bereitschaft der hilfesuchenden Person zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen, zu werten, und dies stelle einen Wegfall der Voraussetzung für den Erhalt der Sozialhilfe dar.
5 Der Revisionswerber habe die ihm vorgeschriebene Maßnahme, nämlich die Wahrnehmung des zuletzt anberaumten Termines im BBRZ zur Begutachtung seiner Arbeitsfähigkeit, nicht umgesetzt, obwohl er ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die Untersuchung verpflichtend wahrzunehmen sei, ansonsten dies als mangelnde Bereitschaft, zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen, gewertet werde.
6 Das Verwaltungsgericht hielt fest, die Bemühungspflicht sei grundsätzlich auf angemessene und zumutbare Aktivitäten einzuschränken und bejahte in der Folge mit näherer Begründung sowohl die Zumutbarkeit der vorgeschriebenen Maßnahme, unter anderem aufgrund der Möglichkeit, einen Krankentransport in Anspruch zu nehmen, ebenso wie deren Angemessenheit, insbesondere weil ein BBRZ Gutachten im vorliegenden Fall zur Feststellung des Leistungspotentials am besten geeignet sei.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Im vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
11Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Das Oö. Sozialhilfe Ausführungsgesetz (Oö. SOHAG), LGBl. Nr. 107/2019 idF LGBl. Nr. 107/2022, lautet auszugsweise wie folgt:
„[...]
§ 6
Sachliche Voraussetzungen für die Leistung der Sozialhilfe
(1) Voraussetzung für die Leistung der Sozialhilfe ist, dass eine Person im Sinn des § 5
1. von einer sozialen Notlage (Abs. 2) betroffen ist und
2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (Abs. 4).
(2) Eine soziale Notlage liegt bei Personen vor,
1. die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder
2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben,
nicht decken können.
(3) Nicht als soziale Notlage gelten Situationen, für die bereits auf Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde oder durch andere Gesetze zur Sicherung von Interessen Dritter Zugriffe unter das Sozialhilfeniveau zugelassen sind.
(4) Die Leistung der Sozialhilfe setzt die Bereitschaft der hilfesuchenden Person voraus, in angemessener und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage sowie gegebenenfalls zur Integration insbesondere auch zu dem für die Integration erforderlichen Spracherwerb beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos oder unmöglich wäre. [...]
(5) Als Beitrag der hilfesuchenden Person im Sinn des Abs. 1 Z 2 gelten insbesondere:
1. der Einsatz von Leistungen Dritter und eigener Mittel nach Maßgabe der §§ 14 bis 16;
2. der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 12 und die erforderlichen Maßnahmen zur Integration;
3. die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte (§ 14 Abs. 3);
4. die Umsetzung ihr von einem Träger der Sozialhilfe oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage. [...]
(6) Sofern Ansprüche gemäß Abs. 5 Z 3 nicht ausreichend verfolgt werden, ist unbeschadet des § 14 Abs. 3 letzter Satz die unmittelbar erforderliche Deckung des notwendigen Wohnbedarfs der im gemeinsamen Haushalt mit der hilfesuchenden Person lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen sicherzustellen.
[...]
§ 19
Sanktionssystem
(1) Leistungen der Sozialhilfe sind,
1. sofern keine Bereitschaft zum Einsatz der Arbeitskraft oder der Überwindung einer eingeschränkten Vermittelbarkeit am österreichischen Arbeitsmarkt, insbesondere zum Erwerb der dafür erforderlichen Sprachkenntnisse, besteht oder
2. wenn sie unrechtmäßig bezogen werden, insbesondere auf Grund des Verschweigens von Einkünften bzw. sonstiger anrechnungspflichtiger Leistungen oder auf Grund einer fehlerhaften oder unvollständigen Angabe der eigenen Einkommens , Vermögens und Wohnverhältnisse oder
3. wenn sie zweckwidrig verwendet werden
stufenweise wie folgt zu kürzen:
[...]
(4) Leistungen der Sozialhilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, können im Einzelfall über Abs. 1 hinaus gekürzt oder von vornherein nicht gewährt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die betreffende Person beharrlich die Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung oder die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen zur Überwindung einer eingeschränkten Vermittelbarkeit am österreichischen Arbeitsmarkt verweigert.
[...]
§ 23
Mitwirkungspflicht; Ermittlungsverfahren
(1) Die hilfesuchende Person (ihre gesetzliche Vertretung) ist zur Mitwirkung der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts verpflichtet. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind jedenfalls Einkommens und Vermögensverzeichnisse abzugeben, geeignete Unterlagen zum Nachweis der wirtschaftlichen Situation vorzulegen sowie erforderliche Untersuchungen zu ermöglichen.
[...]
(6) Im Ermittlungsverfahren kann die Behörde abweichend von § 52 AVG grundsätzlich für die ärztliche Begutachtung von hilfesuchenden bzw. bezugsberechtigten Personen auch nicht amtliche Sachverständige beauftragen.
[...]
§ 27
Einstellung und Neubemessung
(1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Sozialhilfe wegfällt, ist die Leistung mit schriftlichem Bescheid einzustellen. Dies gilt auch dann, wenn die bezugsberechtigte Person ihren Hauptwohnsitz und ihren tatsächlichen Aufenthalt in den örtlichen Zuständigkeitsbereich einer anderen Bezirksverwaltungsbehörde verlegt.
[...]
(4) Wenn sich eine für das Ausmaß der Sozialhilfe maßgebende Voraussetzung ändert, ist die Leistung mit Bescheid neu zu bemessen. Wechselt lediglich die Höhe der im § 6 Abs. 5 Z 1 angeführten Leistungen Dritter und eigenen Mittel, ist keine gesonderte Bescheiderlassung erforderlich, es sei denn, der Richtsatz wird voraussichtlich mehrmals oder erheblich überschritten. Die leistungsbeziehende Person hat das Recht binnen 14 Tagen nach Empfang der Leistung einen Bescheid über die Neubemessung zu beantragen.
[...]“
13In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst eine wesentliche Abweichung in der Begründung der schriftlichen Ausfertigung von der Niederschrift der mündlichen Verkündung sowie ein Verstoß gegen die Identität der Sache geltend gemacht. Allerdings wird mit diesen Vorbringen eine grundsätzliche Rechtsfrage schon deshalb nicht dargelegt, weil darauf in den Revisionsgründen nicht mehr zurückgekommen wird (vgl. etwa VwGH 18.6.2025, Ra 2024/01/0211, mwN).
14In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird im Weiteren vorgebracht, das Verwaltungsgericht begründe seine Entscheidung einerseits mit § 23 Oö. SOHAG (der mangelnden Mitwirkung im Ermittlungsverfahren), andererseits sehe es auch § 6 Oö. SOHAG (die Bemühungspflicht) verletzt. Der für eine Entscheidung nach § 23 Oö. SOHAG entscheidungsrelevante Sachverhalt sei jedoch nicht ausreichend festgestellt worden; zu dessen Erhebung hätte das Verwaltungsgericht eine „alternative Begutachtung“ des Revisionswerbers gemäß § 55 AVG zulassen müssen. Die Begutachtung hätte „zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts geführt“.
15 Mit diesem Vorbringen wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht konkret dargelegt, weil dies voraussetzt, dass schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des vorgeworfenen Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 25.10.2023, Ra 2023/10/0401, mwN). Schon deshalb wird damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt.
16 Im Folgenden wird in der Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit nicht weiter konkretisiert vorgebracht, eine arbeitsmedizinische Untersuchung sei „keine geeignete Maßnahme“ zur Abwendung, Minderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage und „[s]ollten tatsächlich“ die §§ 6 Abs. 1 „lit b“ (gemeint wohl: Z 2), Abs. 4 und Abs. 5 Oö. SOHAG zur Anwendung gelangen, verneine das Verwaltungsgericht „offenbar ... auch“ den Beitrag der hilfesuchenden Person zum Einsatz der Arbeitskraft gemäß § 6 Abs. 5 Z 2 Oö. SOHAG, sodass die Leistungen der Sozialhilfe gemäß § 19 Oö. SOHAG lediglich stufenweise zu kürzen gewesen wären.
17Mit diesem unsubstantiierten Vorbringen wird nicht dargelegt, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet habe. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 22.12.2022, Ra 2021/10/0118, mwN). Daher wird damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Darüber hinaus setzt sich der Revisionswerber weder mit der Begründung des Verwaltungsgerichts zur Angemessenheit und Zumutbarkeit der aufgetragenen Maßnahme auseinander oder legt dar, inwieweit diese im Rahmen der Bemühungspflicht gemäß § 6 Abs. 5 Z 4 Oö. SOHAG keine geeignete Maßnahme darstelle, noch wird aufgezeigt, inwieweit sich das Verwaltungsgericht auch auf § 6 Abs. 5 Z 2 Oö. SOHAG gestützt hätte (s. Rz. 4ff; demnach beruhte die Einstellung der Leistung nicht auf dem mangelnden Einsatz der Arbeitskraft des Revisionswerbers, sondern auf seiner mangelnden Mitwirkung an der Begutachtung derselben).
18 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
19Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 13. November 2025
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