Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der P K in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 22. September 2023, Zl. LVwG S 1923/001 2022, betreffend Übertretung des Arzneiwareneinfuhrgesetzes 2010 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmünd), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. September 2023 legte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Revisionswerberin im Beschwerdeverfahren zur Last, diese habe im Fernabsatz vom Inland aus per Fernkommunikationsmittel dem Anwendungsbereich des Arzneiwareneinfuhrgesetzes 2010 AWEG 2010 unterliegende Arzneiwaren, nämlich 60 Stück „Ivermectin Tablets USP“, bestellt, welche aufgrund dieser Bestellung per Postversand am 4. Oktober 2021 in das Bundesgebiet verbracht worden seien; dadurch habe es die Revisionswerberin zu verantworten, dass entgegen §§ 3 und 6 AWEG 2010, wonach das Verbringen von Arzneiwaren dosiert oder in Aufmachung für den „Kleinverkehr“ nur zulässig sei, wenn eine Meldung an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen erstattet worden sei, die angeführten Arzneiwaren ohne (nachträgliche) Meldung in das Bundesgebiet verbracht worden seien, weshalb über die Revisionswerberin wegen Übertretung des § 21 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1, § 4 und § 6 AWEG 2010 eine Geldstrafe von € 250, (Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben wurde.
2 Die Revision gegen dieses Erkenntnis ließ das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zu.
3 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 3. Für den Revisionsfall sind folgende Bestimmungen des Arzneiwareneinfuhrgesetzes 2010 AWEG 2010, BGBl. I Nr. 79/2010 idF BGBl. I Nr. 163/2015, von Interesse:
„Geltungsbereich
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren und Blutprodukten. [...]
[...]
Arzneiwaren
Einfuhr, Verbringen, Behördenzuständigkeit
§ 3. (1) Die Einfuhr oder das Verbringen von Arzneiwaren dosiert oder in Aufmachung für den Kleinverkauf, ist, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, nur zulässig, wenn im Fall der Einfuhr eine Einfuhrbescheinigung ausgestellt wurde oder im Falle des Verbringens eine Meldung erfolgt ist.
[...]
Antrags und Meldeberechtigung
§ 4. (1) Zur Antragstellung auf Ausstellung einer Einfuhrbescheinigung und zur Meldung sind berechtigt:
1. öffentliche Apotheken,
2. Anstaltsapotheken, und
3. Unternehmen, die in einer Vertragspartei des EWR zum Vertrieb von Arzneiwaren berechtigt sind.
[...]
Meldung
§ 6. (1) Das Verbringen von in einer Vertragspartei des EWR zugelassenen oder hergestellten Arzneiwaren darf nur für Zwecke gemäß § 5 Abs. 1 und 2 erfolgen und bedarf sofern Abs. 2 nicht anderes bestimmt einer Meldung gemäß 3.
(2) Sofern es sich beim Verbringen von Arzneiwaren gemäß Abs. 1 um Arzneiwaren für klinische oder nichtklinische Prüfungen oder klinische Versuche handelt, bedarf es keiner Meldung. Sofern es sich um Arzneiwaren für klinische oder nichtklinische Prüfungen oder klinische Versuche handelt, die in der Schweiz zugelassen oder hergestellt worden sind und aus der Schweiz nach Österreich befördert werden, bedarf es ebenfalls keiner Meldung.
(3) Eine Meldung gemäß Abs. 1 hat spätestens zwei Monate nach dem Verbringen zu erfolgen.
[...]
Strafbestimmungen
§ 21. (1) Wer
1. Arzneiwaren entgegen § 3 ohne Einfuhrbescheinigung einführt, oder
2. bei Arzneiwaren die nachträgliche Meldung des Verbringens gemäß § 6 unterlässt oder Arzneiwaren ohne Meldung entgegen §§ 7, 8 oder 9 verbringt, oder
[...]
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 600 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 7 260 Euro zu bestrafen.
[...]“
7 4.1. Die Revisionswerberin, welche sich in ihrem „Recht, nicht ohne die hierfür erforderlichen Voraussetzungen schuldig erkannt und bestraft zu werden“, als verletzt erachtet, bringt zunächst zur Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision vor, es fehle hg. Rechtsprechung zum „Adressatenkreis des § 21 Abs. 1 Z 2 erster Fall AWEG“, welcher sich auf Personen beziehe, die eine Meldung unterlassen hätten. Diesem „Begriff des Unterlassens“ müsse „aber inhärent sein, dass das korrespondierende positive Tun dieser Person überhaupt durch die Rechtsordnung gestattet“ sei, was bei der Revisionswerberin, einer Privatperson, aufgrund der Bestimmung des § 3 AWEG 2010 (gemeint wohl: § 4 Abs. 1 AWEG 2010) nicht der Fall sei.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27. Februar 2019, Ro 2019/10/0004, 0005 (siehe insbesondere Rz 17 bis 22), ausgehend von den Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 AWEG 2010 zum Ausdruck gebracht, dass auch einer gemäß § 4 Abs. 1 AWEG 2010 zur Antragstellung auf Ausstellung einer Einfuhrbescheinigung und zur Meldung nicht berechtigten Person ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 AWEG 2010 (damals: gegen das Verbot der Einfuhr von Arzneimitteln ohne Einfuhrbescheinigung) vorgeworfen werden kann.
9 Nichts Anderes gilt entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Auffassung für den hier gegenständlichen Vorwurf eines Verstoßes gegen das Verbot des Verbringens von Arzneimitteln ohne Meldung (§ 3 Abs. 1 zweiter Fall AWEG 2010).
10 4.2. Im Weiteren bemängeln die Zulässigkeitsausführungen unter dem Gesichtspunkt des § 44a Z 1 VStG, dass obwohl die Revisionswerberin auf die „zahlreichen Ausnahmen“ des § 11 AWEG 2010 hingewiesen habe in der Tatumschreibung nicht festgehalten sei, dass eine Ausnahme gemäß § 11 AWEG 2010 nicht gegeben sei; dem Akteninhalt lasse sich „nicht entnehmen“, ob eine solche Ausnahme vorliege.
11 Zu diesem Vorbringen genügt der Hinweis auf die hg. Rechtsprechung, wonach ein Hinweis auf das Fehlen der Voraussetzungen für die Anwendung einer im Gesetz vorgesehenen, ein Verbot einschränkenden Ausnahmeregelung in dem § 44a Z 1 VStG betreffenden Teil des Spruches nur dann erforderlich ist, wenn sich ein Beschuldigter durch ein entsprechendes konkretes Sachverhaltsvorbringen mit der für ihn geltenden Ausnahmeregelung verantwortet hat oder dies nach der Aktenlage offenkundig ist (vgl. etwa VwGH 30.9.1993, 93/18/0239, mwN, sowie 20.2.2001, 2000/11/0294 bis 0300).
12 4.3. Die darauf folgende Behauptung der Revisionswerberin, Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses stünden in einem „unlösbaren Widerspruch“ zueinander, weil im Spruch ein Verbringen am 4. Oktober 2021 vorgeworfen werde, während in der Begründung der 27. September 2021 „als Tag angegeben“ sei, an dem die „Ware im Bundesgebiet eingelangt ist“, erweist sich als unrichtig:
13 Der betreffende Passus der Begründung des wiedergegebenen Erkenntnisses (S. 8 oben) stellt sprachlich eindeutig bloß eine Wiedergabe von „Beschwerdevorbringen“ dar.
14 4.4. Soweit die Revisionswerberin in ihrem Zulässigkeitsvorbringen als Begründungsmangel rügt, das Verwaltungsgericht habe ungeachtet eines näher dargestellten Vorbringens „keine Feststellungen zum Zeitpunkt des Verbringens der Arzneimittel getroffen“, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt, hat doch das Verwaltungsgericht durch Bestätigung des vor ihm bekämpften Straferkenntnisses den Zeitpunkt des Verbringens der Arzneimittel festgestellt (vgl. oben unter Rz 1; vgl. auch VwGH 15.6.2023, Ro 2021/02/0009, 0010, mwN, wonach das Gesetz keine Norm kennt, die dem Verwaltungsgericht vorschreibt, im Spruch seiner Entscheidung einen von der Behörde ausreichend konkretisierten Bescheidspruch zu wiederholen).
15 Schon aus diesem Grund kann die Revisionswerberin insofern keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzeigen (vgl. etwa VwGH 30.8.2023, Ra 2022/10/0001, mwN).
16 4.5. Schließlich rügt die Revisionswerberin als Verfahrensmangel, „weder von der belangten Behörde vor dem VwG noch vom VwG selbst“ seien Erhebungen zu einer „Meldung gemäß § 3 AWEG“ durchgeführt worden.
17 In diesem Zulässigkeitsvorbringen legt die Revisionswerberin allerdings die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht konkret dar, setzte dies doch voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des vorgeworfenen Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 18.9.2023, Ra 2021/10/0171, mwN).
18 5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. Oktober 2023