Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer, die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision der Österreichischen Gesundheitskasse, vertreten durch Ullmann Geiler und Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria Theresien Straße 1719, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2024, I413 2281154-1/13E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1100 Wien, Wienerbergstraße 11; 2. M G in H; 3. Pensionsversicherungsanstalt in 6020 Innsbruck, Ing. Etzel Straße 13, und 4. S GmbH in G, vertreten durch Dr. Bernhard Wörgötter, Rechtsanwalt in 6380 St. Johann/Tirol, Mag. E. Angerer Weg 14; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Österreichische Gesundheitskasse hat der viertmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
1Mit Bescheid vom 8. September 2023 stellte die revisionswerbende Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) fest, dass die Zweitmitbeteiligte mit ihrer Tätigkeit als Saunameisterin in den Zeiträumen 22. April 2016 bis 16. Mai 2016, 12. Juli 2016 bis 20. Dezember 2016 und 21. März 2017 bis 8. November 2017 als Dienstnehmerin der Viertmitbeteiligten der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung nach dem AlVG unterlegen sei.
2 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der von der Viertmitbeteiligten gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde statt und behob den Bescheid ersatzlos.
3Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Zweitmitbeteiligte in der Hotelsaunaanlage der Viertmitbeteiligten als Saunameisterin tätig gewesen sei. Sie sei Vertreterin des G.G. (Zweitmitbeteiligter im zu Ra 2024/08/0045 geführten Verfahren) gewesen und ausschließlich mit ihm in einem Vertragsverhältnis gestanden. Von G.G. sei ihr eine Tagespauschale zwischen € 200, und € 250, bezahlt worden.
4 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die Zweitmitbeteiligte eine persönliche Arbeitspflicht getroffen habe; die Einräumung einer generellen Vertretungsbefugnis durch die Viertmitbeteiligte scheide nämlich schon deswegen aus, weil mit dieser überhaupt kein Vertragsverhältnis bestanden habe. Die Zweitmitbeteiligte sei aber weder persönlichen Weisungen der Viertmitbeteiligten unterlegen noch hätten sie Berichtspflichten getroffen. Sie habe auch keine Stundenaufzeichnungen zu führen gehabt. Auch eine „inhaltliche Bindung an die [Viertmitbeteiligte]“ sei nicht gegeben gewesen, vielmehr habe die Zweitmitbeteiligte das Konzept des G.G. umgesetzt. Die Feedbackbögen der Gäste hätten nicht ihrer Kontrolle gedient, sondern generell den Sauna und Wellnessbereich betroffen. Es sei auch kein Konkurrenzverbot vorgelegen. Insgesamt sei in einer Gesamtbetrachtung von einem Überwiegen der Merkmale persönlicher Unabhängigkeit gegenüber jenen der persönlichen Abhängigkeit auszugehen gewesen.
5 In einem nächsten Schritt sei zu prüfen, ob die Zweitmitbeteiligte lohnsteuerpflichtig gewesen sei. Ein Bescheid, mit dem die Lohnsteuerpflicht bindend festgestellt worden sei, liege nicht vor. Daher habe das Bundesverwaltungsgericht dies als Vorfrage eigenständig zu prüfen. Vor dem Hintergrund der Ausführungen zur Frage der persönlichen Abhängigkeit lägen auch die Voraussetzungen für eine Dienstnehmereigenschaft im steuerrechtlichen Sinn nicht vor, da die Zweitmitbeteiligte nicht unter der Leitung der Viertmitbeteiligten gestanden sei bzw. nicht in deren geschäftlichem Organismus deren Weisungen zu befolgen gehabt habe.
6Die Zweitmitbeteiligte sei somit nicht als Dienstnehmerin im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG für die Viertmitbeteiligte beschäftigt gewesen.
7Es bleibe zu prüfen, ob die Tätigkeit der Zweitmitbeteiligten im Rahmen eines freien Dienstvertrags im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG ausgeübt worden sei. Dies sei zu verneinen, weil sie Inhaberin einer Gewerbeberechtigung hinsichtlich des freien Gewerbes „Animation Planung sinnvoller Freizeitgestaltung“ gewesen sei. Die Innehabung eines Gewerbescheines bzw. eine Tätigkeit im Rahmen einer Gewerbeberechtigungund die daraus folgende Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVGschlössen die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG aus.
8 Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
9Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
10 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
13Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14Das Vorbringen unter diesem Gesichtspunkt betreffend die Beurteilung der Lohnsteuerpflicht und des Umfangs der Gewerbeberechtigung gleicht jenem im Verfahren zu Ra 2024/08/0045 betreffend G.G., jenen für die Viertmitbeteiligte tätig gewesenen Saunameister, den die Zweitmitbeteiligte vertrat. Insoweit kann daher gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf den Beschluss vom heutigen Tag verwiesen werden, mit dem die zur genannten Zahl erhobene Revision zurückgewiesen wurde.
15 Soweit die Revision außerdem geltend macht, dass das Bundesverwaltungsgericht bei der Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit der Zweitmitbeteiligten von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, wird damit schon deswegen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt, weil mit dem angefochtenen Erkenntnis entsprechend der durch den Inhalt des Spruchs des bekämpften Bescheides abgesteckten Sache des Beschwerdeverfahrensnur über die Pflichtversicherung auf Grund der Beschäftigung bei der viertmitbeteiligten Partei abgesprochen wurde (vgl. dazu, dass die Frage, ob ein die Pflichtversicherung auslösendes Beschäftigungsverhältnis vorliegt, immer nur in Bezug auf einen bestimmten Dienstgeber im Sinn des § 35 Abs. 1 ASVG zu prüfen ist, VwGH 16.11.2005, 2005/08/0096, mwN). Mit der Viertmitbeteiligten stand die Zweitmitbeteiligte aber nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts in gar keiner Vertragsbeziehung, sodass eine Pflichtversicherung nach dem ASVG auf Grund eines Dienstverhältnisses mit der Viertmitbeteiligten schon aus diesem Grund ausgeschlossen und die ersatzlose Behebung des Bescheides der ÖGK ausgehend davon im Ergebnis jedenfalls richtig war.
16Das angefochtene Erkenntnis entfaltet aber - wie der Vollständigkeit halber anzumerken ist - nur insoweit Rechtskraftwirkung, als die Pflichtversicherung nach dem ASVG auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Zweitmitbeteiligten als Dienstnehmerin und der Viertmitbeteiligten als Dienstgeberin verneint wird; sie steht daher nicht der Erlassung eines Bescheides entgegen, mit dem allenfalls die Pflichtversicherung der Zweitmitbeteiligten nach dem ASVG auf Grund ihrer Tätigkeit für G.G. festgestellt wird.
17 In der Revision werden nach dem oben Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
18Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Umsatzsteuer, die in den dort genannten Pauschalbeträgen bereits enthalten ist.
Wien, am 11. März 2025