Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Bludenz gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 24. September 2024, LVwG 318 21/2024 R15, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Dr. M N in W, vertreten durch die Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Schmiedgasse 2), zu Recht erkannt:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
1 Aus dem angefochtenen Beschluss ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid der belangten Behörde und (nunmehrigen) Revisionswerberin vom 5. Juni 1979 wurde die Baubewilligung für das ehemalige Sporthotel Z. auf näher genannten Grundstücken in L. erteilt. Die Grundstücke sind im geltenden Flächenwidmungsplan als „Baufläche Wohngebiet“ ausgewiesen, eine Zusatzwidmung für Ferienwohnungen liegt nicht vor. Das Sporthotel wird seit 4. Juni 2009 nicht mehr als Hotel betrieben; der Baukonsens wurde den Verwendungszweck der Hotelzimmer betreffend nie geändert.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. Mai 2014 wurde die Baubewilligung für Umbaumaßnahmen im Erdgeschoß sowie im ersten und zweiten Untergeschoß des Sporthotels erteilt, wodurch anstelle des ehemaligen Küchen-, Restaurant- und Speisesaalbereiches ein Sportgeschäft samt Skiwerkstatt und Skidepot und einer kleinen Bar für Getränke und Imbisse eingerichtet wurde.
Bereits im Jahr 1991 wurden zwischen den Rechtsvorgängern der mitbeteiligten Partei und der Sporthotel Z. GmbH Benützungsvereinbarungen über ausschließliche Nutzungsrechte an vier näher genannten „Hotelappartments“ (im angefochtene Beschluss auch als „Wohnungen“ bezeichnet) abgeschlossen.
Am 17. November 1993 wurden die vier „Wohnungen“ gegenüber der Gemeinde L. gemäß Art. II Abs. 2 und 3 des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 27/1993, als Ferienwohnungen angezeigt. Die Gemeinde L. stellte laut Schreiben vom 17. August 1994 keinen Untersagungsgrund gemäß Art. 2 Abs. 4 lit. a bis d leg. cit. fest und erhob keinen Einwand gegen die weitere Nutzung der „Wohnungen“ als Ferienwohnungen.
An den „Wohnungen“ wurde in weiterer Folge Wohnungseigentum begründet; dieses wurde mit Kaufvertrag vom 26. September 2016 der mitbeteiligten Partei übertragen und ins Grundbuch eingetragen.
Mit Eingabe vom 7. November 2023 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für die Verwendung der vier „Wohnungen“ als Ferienwohnung (Zweitwohnsitz) samt ergänzender baulicher Anpassungen. In der Baubeschreibung wird unter anderem ausgeführt, die Zimmer des ehemaligen Beherbergungsbetriebes seien „bereits vor 1992 regelmäßig als eigenständige Ferienwohnungen mit jeweils vorhandenen Wasch- und Kochgelegenheiten (Kühlschrank, Herdplatte) genutzt worden.“ Nunmehr sollten die „Wohnungen“ einem zeitgemäßen Wohnungsstandard entsprechend umgestaltet werden.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Februar 2024 wurde die beantragte Baubewilligung für den Umbau der ehemaligen Hotelzimmer und deren Verwendung als Ferienwohnungen gemäß § 28 Abs. 2 und 3 Baugesetz (BauG) iVm §§ 16, 16a und 58 Raumplanungsgesetz (RPG) wegen eines Widerspruches zu raumplanungsrechtlichen Bestimmungen (Hinweis auf VwGH 16.2.2022, Ra 2021/06/0207 0208) versagt.
2 Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) der dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei insofern statt, als der oben angeführte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Revisionswerberin zurückverwiesen wurde. Eine Revision wurde für zulässig erklärt.
Begründend führte das LVwG - soweit relevant - aus, die derzeit als Hotelzimmer konsentierten Wohnungseinheiten sollten umgebaut und die Verwendung insofern geändert werden, als sie (ausschließlich) als Ferienwohnungen verwendet würden, was bewilligungspflichtig sei. Die Verwendung als Ferienwohnung widerspreche jedoch dem Flächenwidmungsplan. Das beantragte Bauvorhaben dürfe gemäß § 58 RPG trotz der widersprechenden Widmung durchgeführt werden, wenn es der Weiterführung einer sonst raumplanungsrechtlich rechtmäßig ausgeübten Nutzung diene. „Seit 1993 wurden die betreffenden Wohnungen der [mitbeteiligten Partei] durchgängig ausschließlich als Ferienwohnungen genutzt.“
Die Beweiswürdigung lautet: „Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund des vorgelegten Verwaltungsaktes sowie der mündlichen Verhandlung als erwiesen angenommen. Der Sachverhalt ist soweit auch unbestritten.“
Anschließend setzte sich das LVwG mit der Auslegung des Art. II Abs. 2 und 3 des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 27/1993, auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass diese Übergangsbestimmung nicht voraussetze, dass die Weiterführung der rechtmäßigen raumplanungsmäßigen Nutzung von Hotelzimmern als Ferienwohnungen an den Fortbestand eines touristischen Betriebes geknüpft sei. § 58 Abs. 1 RPG - so das LVwG weiter - stelle lediglich darauf ab, dass die konkreten Räume seit 1993 durchgängig als Ferienwohnungen genutzt worden seien.
„Unbestritten wurden die verfahrensgegenständlichen Wohnungen seit 1993 ununterbrochen als Ferienwohnungen genutzt. Dies selbst nach Beendigung des Hotelbetriebes am 04.06.2009 und auch nach erfolgtem Umbau auf Grundlage des Bescheides vom 09.05.2014, bei dem die Küchen-, Restaurant- und Speisesaalbereiche in ein Sportgeschäft umgewandelt wurden. Ungeachtet dessen blieb auch der baurechtliche Konsens der betreffenden Wohnräume als Hotelzimmer bis dato ebenso wie die faktische Nutzung als Ferienwohnung unverändert bestehen.“ Zusammengefasst liege im gegenständlichen Fall somit eine Weiterführung einer sonst raumplanungsrechtlich rechtmäßig ausgeübten Nutzung iSd § 58 RPG vor.
Die belangte Behörde habe die Versagung der Baubewilligung für die Errichtung allein auf den Umstand gestützt, dass das Bauvorhaben den raumplanungsrechtlichen Vorschriften nicht entspreche und sei aus diesem Grund von einem unzulässigen Bauvorhaben ausgegangen. Dieser Versagungsgrund liege jedoch nicht vor; eine Prüfung der übrigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Baubewilligung sei noch nicht erfolgt, weshalb der Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Revisionswerberin zurückzuverweisen sei.
Hinsichtlich der Frage der raumplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung für den Umbau der ehemaligen Hotelzimmer und deren Verwendung als Ferienwohnung sei die belangte Behörde an die in diesem Beschluss geäußerte Rechtsansicht gebunden.
Die Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Zulässigkeit der Ferienwohnungsnutzung iSd Art. II Abs. 2 lit. b des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, LGB1 Nr. 27/1993, an die Dauer der Einbettung in einen touristischen Betrieb anknüpfe, fehle.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision, in der zu ihrer Zulässigkeit unter anderem vorgebracht wird, dem LVwG sei ein gravierender Verfahrensfehler unterlaufen, indem es eigenmächtig und ohne ein entsprechendes Ermittlungsverfahren von dem im Bescheid vom 19. Februar 2024 festgestellten Sachverhalt abgegangen sei. Das LVwG habe seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt, dass die verfahrensgegenständlichen „Wohnungen“ seit 1993 „durchgängig ausschließlich als Ferienwohnungen genutzt“ worden seien. Dies sei unrichtig und faktisch gar nicht möglich, weil die Hotelzimmer über keine Kücheneinrichtungen verfügten und die Hotelinfrastruktur seit dem Umbau auf Grundlage des Bescheides aus dem Jahr 2014 nicht mehr existiere. Im Bescheid vom 19. Februar 2024 sei festgestellt worden, es sei im Detail unbekannt, ob die Hotelzimmer seit der Beendigung des Hotelbetriebes im Jahr 2009 und nach dem Umbau auf Grundlage des Bescheides aus dem Jahr 2014 faktisch genutzt worden seien. Hinsichtlich der Anwendung der Bestandsregelung des § 58 Abs. 1 und 4 RPG sei das LVwG von der Entscheidung VwGH 16.2.2022, Ra 2021/06/0207 0208, abgewichen, wonach eine „Weiterführung“ gemäß § 58 Abs. 1 leg. cit. grundsätzlich eine durchgehende Ausübung der Nutzung voraussetze.
4 Die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
5 Die Revision ist bereits aufgrund der Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision zulässig.
6 Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts zu begründen. Diese Begründung hat - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt aussprach - jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Emittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens wiederstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. [...] Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt ein Begründungsmangel zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert (vgl. etwa VwGH 19.9.2024, Ra 2023/06/0110, Rn. 10f, mwN). Gleiches gilt gemäß § 31 Abs. 3 VwGVG für Beschlüsse gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG.
Den dargelegten Anforderungen an die Begründung wird der angefochtene Beschluss nicht gerecht:
7 Die - äußerst kursorische - Beweiswürdigung im angefochtenen Beschluss gibt keinen Aufschluss darüber, auf welche Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sich das LVwG stützt, wenn es abweichend von den Feststellungen der belangten Behörde und teilweise auch vom Vorbringen in der Beschwerde von einer seit 1993 durchgehenden Nutzung der „Wohnungen“ ausschließlich als Ferienwohnungen ausgeht. Eine entsprechende Begründung wäre auch vor dem Hintergrund erforderlich, dass nach dem Umbau auf Grundlage des Bescheides vom 9. Mai 2014 die Küchen-, Restaurant- und Speisesaalbereiche in ein Sportgeschäft umgewandelt wurden. Dem angefochtenen Beschluss sind nämlich keine Feststellungen zur Frage zu entnehmen, ob der bestehende baurechtliche Konsens für Hotelzimmer entgegen dem Revisionsvorbringen das Vorhandensein von Kochgelegenheiten umfasst.
8 Darüber hinaus fehlen im angefochtenen Beschluss Feststellungen dazu, welche Verwendung zur Zeit der Erlassung oder Änderung des gemäß § 58 Abs. 1 RPG relevanten Flächenwidmungsplanes rechtmäßig ausgeübt wurde bzw. wann und aufgrund welcher Umstände diese ursprünglich rechtmäßige Verwendung nunmehr welchem Flächenwidmungsplan widerspreche.
9 Vor dem Hintergrund dieser Feststellungsmängel ist es dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich, den angefochtenen Beschluss auf dessen inhaltliche Rechtmäßigkeit zu überprüfen, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war. Insofern war auf die in der Zulässigkeitsbegründung des LVwG aufgeworfene Frage betreffend Art. II Abs. 2 lit. b des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes nicht mehr einzugehen.
Wien, am 10. Februar 2025
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