JudikaturVwGH

Ra 2024/02/0253 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
17. Januar 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des M A in S, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12, gegen das am 20. Juni 2024 verkündete und am 8. Oktober 2024 ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, LVwG 606659/8/DM/Bb, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz Land), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (Verwaltungsgericht) wurden über den Revisionswerber in Bestätigung eines entsprechenden Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz Land wegen Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO eine Geld und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vorgeschrieben. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

2 Das Verwaltungsgericht stellte u.a. fest, der Revisionswerber habe die im Ortsgebiet zulässige Geschwindigkeit um 65 km/h überschritten. Dafür stützte es sich auf das aus seiner Sicht schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des beigezogenen Sachverständigen, der dazu im Wesentlichen ausführte, dass Winkelfehler oder eine sonstige Nichteinhaltung der für das eingesetzte und gültig geeichte Lasermessgerät (PoliScan Speed Mobil FM1) geforderten Aufstellungskriterien oder eine Abweichung davon nur dazu führen könnten, dass die gemessene Geschwindigkeit niedriger sei als die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit. Eine ungenaue Ausrichtung des Messgerätes lasse lediglich die Anzahl der gültigen Messungen sinken.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber erachtet seine Revision deshalb für zulässig, weil das Verwaltungsgericht unrichtige Ausführungen des Sachverständigen unreflektiert seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Die nach der Gebrauchsanweisung betreffend die Aufstellung des Messgerätes zu überprüfende und gegebenenfalls zu editierende Einstellung der Höhe zwischen der Unterkante des Messgerätes und dem Niveau der Fahrbahn mit einer Genauigkeit von ca. 5 cm sei weder durch ein Protokoll noch durch eine Zeugenaussage belegt. Seinen diesbezüglichen Beweisanträgen habe das Verwaltungsgericht nicht entsprochen. Der vom Sachverständigen für seine Schlussfolgerung, eine ungenaue Ausrichtung des Messgerätes führe nicht zu Fehlmessungen, herangezogene Hinweis in Punkt 7.11.2 der Gebrauchsanweisung habe nichts mit der Aufstellhöhe zu tun, sondern nur mit dem Schwenkwinkel nach links oder rechts.

8Nach der hg. Rechtsprechung ist die Würdigung eines Sachverständigengutachtens Teil der Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen (vgl. VwGH 22.10.2024, Ra 2024/02/0202, mwN).

9Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht unterliegt. Die Würdigung der Beweise ist keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Dies schließt aber eine Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 13.8.2024, Ra 2024/02/0152, mwN).

10 Dem Revisionswerber ist zwar einzuräumen, dass weitere Informationen im Punkt 7.11.2 der Gebrauchsanweisung auf den Schwenkwinkel eingehen, abgesehen davon werden aber die Winkel in der Mehrzahl angesprochen und die Aussagen zur Ausrichtung des Messgerätes nicht auf die horizontale Ebene eingeschränkt. Es war Aufgabe des Sachverständigen, die Auswirkungen von Winkelabweichungen zu beurteilen und es ist nicht unschlüssig, wenn er in diesem Zusammenhang auch die vertikale Winkelabweichung gleich beurteilte.

11 Der vom Revisionswerber in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgelegte Zeitschriftenartikel, wonach die Aufstellhöhe wichtig für eine korrekte Messwerterfassung sei, bezieht sich auf eine andere Softwareversion als sie der im Akt befindlichen Gebrauchsanweisung zugrunde liegt. In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird daher keine Unschlüssigkeit des Sachverständigengutachtens und der Beweiswürdigung aufgezeigt.

12 Hinsichtlich der gestellten Beweisanträge ist darauf zu verweisen, dass Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen ist, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahmen einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG liegt nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 6.7.2023, Ra 2023/02/0108, mwN).

13 Da allfällige Abweichungen von den Aufstellungskriterien des Geschwindigkeitsmessgerätes nach den (unwiderlegten) Ausführungen des Sachverständigen fallbezogen nur zur Anzeige einer niedrigeren Geschwindigkeit führen konnte, kam es auf die Beweisanträge des Revisionswerbers auf Beischaffung der Protokolle und Vernehmung des Zeugen jeweils zur Höhe des Messgerätes über der Fahrbahn nicht mehr an.

14 Der Revisionswerber sieht im angefochtenen Erkenntnis weiters eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der die Durchführung der nach den Verwendungsbestimmungen für das Geschwindigkeitsmessgerät vorgeschriebenen Kontrollen eine notwendige Bedingung für die Wertung der darauf folgenden Geschwindigkeitsmessung als richtig sei (Hinweis auf VwGH 25.1.2002, 2001/02/0123).

15 Dem zitierten Erkenntnis lagen Verwendungsbestimmungen zugrunde, die in Punkt 2.7 für das Geschwindigkeitsmessgerät Laser VKGM LTI 20.20 TS/KM näher beschriebene Kontrollen vor Beginn sowie mindestens jede halbe Stunde während der Messungen und nach jedem Wechsel des Aufstellungsortes vorschreiben, weshalb dort die Durchführung der Kontrollen als eine notwendige Bedingung für die Wertung der danach folgenden Geschwindigkeitsmessungen als richtig angesehen wurde. Eine vergleichbare Regelung wurde für das hier eingesetzte Geschwindigkeitsmessgerät weder festgestellt noch in der Revision behauptet. Schon deshalb steht das angefochtene Erkenntnis nicht mit der vom Revisionswerber genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Widerspruch.

16Darüber hinaus wirkten sich im vorliegenden Fall allfällige Abweichungen von den Aufstellungskriterien nach dem Sachverständigengutachten nicht zum Nachteil des Revisionswerbers aus (vgl. zu gültigen Messergebnissen infolge eines Sachverständigengutachtens bei Verstößen gegen Verwendungsrichtlinien oder Vorschriften der Zulassung etwa VwGH 7.8.2003, 2002/02/0259, und VwGH 14.12.2018, Ra 2018/02/0294, jeweils mwN).

17 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Jänner 2025