Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision der W in L, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 18. Juni 2024,405 4/5851/1/5 2024, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Salzburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Salzburg vom 8. August 2023 wurde der Revisionswerberin angelastet, sie habe am 15. Juni 2023 zu einem konkret angegebenen Zeitpunkt an einem näher genannten Ort ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt und sich nach Durchführung einer klinischen Untersuchung durch einen im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt nach Aufforderung geweigert, sich Blut abnehmen zu lassen, obwohl die klinische Untersuchung einen Verdacht der Suchtgiftbeeinträchtigung ergeben habe. Sie habe dadurch § 99 Abs. 1 lit. c iVm § 5 Abs. 10 StVO verletzt, weshalb über sie eine Geldstrafe in Höhe von € 2.000, (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage 14 Stunden) verhängt wurde.
2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) mit dem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen angefochtenen Erkenntnis insofern Folge, als es die Geldstrafe auf € 1.600, (die Ersatzfreiheitsstrafe auf 13 Tage) herabsetzte. Im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, die Revisionswerberin sei von der Polizeistreife angehalten und aufgrund des äußerst starken Cannabisgeruchs aus ihrem Fahrzeug sowie geröteter, wässriger Augen, starkem Zittern und sichtbarer Unruhe aufgefordert worden, zur Polizeiinspektion zur klinischen Untersuchung mitzukommen. Ein Suchtmittelschnelltest sei positiv auf THC verlaufen. Die Amtsärztin habe nach der klinischen Untersuchung eine Fahruntauglichkeit attestiert und die Revisionswerberin zur Blutabnahme aufgefordert. Die Revisionswerberin habe sich geweigert, sich von der Amtsärztin Blut abnehmen zu lassen. Nachfolgend habe sie der Blutabnahme wiederum zugestimmt. Die Amtsärztin habe die Verweigerung zur Kenntnis genommen und von einer Blutabnahme Abstand genommen. Die Revisionswerberin sei von den amtshandelnden Polizisten über die Folgen der Verweigerung aufgeklärt worden.
4 Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht auf das amtsärztliche Gutachten und die übereinstimmenden Angaben im Rahmen der Verhandlung. Es sei unbestritten geblieben, dass die Revisionswerberin nach „positiver“ klinischer Untersuchung von der Amtsärztin zur Blutabnahme aufgefordert worden sei und diese zuerst verweigert worden sei.
5 Zusammengefasst ging das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass die Revisionswerberin durch die deutlich von allen anwesenden Personen wahrgenommene Verweigerung, sich trotz des Verdachts einer Suchtgiftbeeinträchtigung Blut von der Amtsärztin abnehmen zu lassen, den objektiven Tatbestand erfüllt habe. Nach weiteren Ausführungen zum Verschulden, zur Strafbemessung und zu den Kosten wurde das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage verneint.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Revisionswerberin erachtet ihre Revision zunächst deshalb als zulässig, weil das Verwaltungsgericht von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 99 Abs. 1 lit. c iVm § 5 Abs. 10 StVO ausgegangen sei, obwohl die Amtshandlung noch nicht beendet gewesen sei. Es sei damit von der übertragbaren Rechtsprechung zur Verweigerung der Durchführung von Alkomattests abgewichen, wonach bis zur Beendigung der Amtshandlung der Aufforderung straffrei Folge geleistet werden könne. Zudem seien nur Organe der Bundespolizei berechtigt, zur Durchführung der Blutabnahme aufzufordern. Das Verwaltungsgericht habe die Feststellung unterlassen, dass sie nach Belehrung durch die Polizisten über die gesetzliche Verpflichtung zur Blutabnahme und die Rechtsfolgen einer Verweigerung der Blutabnahme zugestimmt habe, weshalb sekundäre Feststellungsmängel vorlägen.
11Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt die Bedeutung der klinischen Untersuchung jedenfalls in der Feststellung, dass der Lenker fahrtüchtig ist. Durch die klinische Untersuchung kann zwar die Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt, festgestellt werden. Nach einer solchen Feststellung ist jedoch zwingend eine Blutabnahme vorzunehmen. Erst die Blutabnahme bringt demnach Gewissheit, ob der durch die klinische Untersuchung gewonnene Verdacht, die Beeinträchtigung sei auf eine Suchtgifteinnahme zurückzuführen, zutrifft (vgl. etwa VwGH 11.11.2019, Ra 2019/02/0167, mwN).
12Nach § 5 Abs. 9 iVm Abs. 5 StVO kann ein Lenker, von dem vermutet werden kann, dass er sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, von den Organen der Straßenaufsicht zu einem Arzt gebracht werden, der eine klinische Untersuchung durchführt und im Fall der Feststellung einer Beeinträchtigung durch Suchtgift gemäß § 5 Abs. 10 StVO eine Blutabnahme vorzunehmen hat (vgl. VwGH 9.1.2025, Ra 2024/02/0239, mwN). Voraussetzung einer Blutabnahme ist gemäß § 5 Abs. 10 StVO, dass der Arzt zu dem Schluss gekommen ist, dass eine Beeinträchtigung vorliegt, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen lässt (vgl. VwGH 25.8.2020, Ro 2019/11/0006, mit Hinweis auf AB 1210 BlgNR XXI. GP 2).
13Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b und c StVO sind sowohl die Verweigerung der ärztlichen Untersuchung nach § 5 Abs. 9 StVO als auch die Verweigerung der Blutabnahme nach § 5 Abs. 10 StVO strafbar (vgl. erneut etwa VwGH 9.1.2024, Ra 2024/02/0239).
14 Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass in der klinischen Untersuchung von der Amtsärztin eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch Suchtgift festgestellt worden sei. Der darauf ergangenen Aufforderung der Amtsärztin zur Blutabnahme sei die Revisionswerberin nicht nachgekommen. Sie habe diese verweigert.
15Wenn die Revision geltend macht, diese Feststellung sei aktenwidrig bzw. habe die Revisionswerberin auf die Aufforderung zur Blutabnahme lediglich gemeint, eine solche nicht durchführen zu wollen, wenn dies nicht notwendig sei, so ist ihr zu entgegen zu halten, dass die Revisionswerberin selbst in der mündlichen Verhandlung angegeben hatte, sie habe auf die Aufforderung der Amtsärztin zur Blutabnahme geantwortet, „dass sie den Bluttest nicht machen möchte“. Diese Angaben decken sich auch mit den übrigen Beweisergebnissen. Der StVO kann weder eine Verpflichtung entnommen werden, den Betroffenen vor einer Blutabnahme auf allfällige Folgen einer Verweigerung hinzuweisen (vgl. etwa VwGH 8.8.2022, Ra 2022/02/0134, mwN, wonach es nicht erforderlich ist, einen geprüften Fahrzeuglenker über die Rechtsfolgen einer allfälligen Verweigerung der Atemluftprobe zu belehren, weil ihm die Bestimmungen der StVO bekannt sein müssen) noch ist zur Tatbestandsverwirklichung eine Aufforderung zur Blutabnahme durch einen Polizeibeamten notwendig.
16 Ausgehend davon gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, dass die Amtshandlung mit der Weigerung der Revisionswerberin, sich Blut abnehmen zu lassen, nicht schon beendet war und ihre Bestrafung nach § 99 Abs. 1 lit. c iVm § 5 Abs. 10 StVO zu Unrecht erfolgt ist.
17 Dass der Revisionswerberin nicht hinreichend klar gewesen wäre, eine Blutabnahme dulden zu sollen, wird in der Revision nicht behauptet.
18 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. April 2025