Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der M Gesellschaft m.b.H. in E, vertreten durch Dr. Bernhard Fink, Dr. Peter Bernhart, Mag. Klaus Haslinglehner, Dr. Bernd Peck, Mag. Kornelia Kaltenhauser und Mag. Michael Lassnig, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 5/III, gegen das am 10. August 2023 mündlich verkündete und mit 1. September 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark, Zl. LVwG 44.8 1826/2023 20, betreffend ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Land Steiermark, vertreten durch die Held Berdnik Astner Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Karmeliterplatz 4), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1.Der Mitbeteiligte (Auftraggeber) führte beginnend im April 2023 ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich über einen näher bezeichneten Bauauftrag durch. Das von der Revisionswerberin in diesem Vergabeverfahren gelegte Angebot wurde vom Auftraggeber mit Entscheidung vom 13. Juni 2023 gemäß § 141 Abs. 1 BVergG 2018 ausgeschieden. Dagegen erhob die Revisionswerberin einen Nachprüfungsantrag, mit dem begehrt wurde, die Ausscheidensentscheidung für nichtig zu erklären.
2 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 1. September 2023 wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) diesen Antrag ab. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revisionswerberin die entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen habe, und die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
3 2.1. Das Verwaltungsgericht stellte zunächst die fallbezogen maßgeblichen Teile der bestandfest gewordenen Ausschreibung dar: Demzufolge sei die Kalkulation der Preise (der Auftrag sollte nach dem Billigstbieterprinzip vergeben werden) nach der ÖNORM B2061 vorzunehmen und es seien die Preisanteile „Lohn“ und „Sonstiges“ auszuweisen gewesen. Die Preise seien als veränderliche Preise anzubieten gewesen und die Preisumrechnung würde für beide Preisanteile nach unterschiedlichen Parametern erfolgen. Hinsichtlich einer allenfalls erforderlichen Mängelbehebung sei festgelegt worden, dass ein Angebot ohne Setzung einer Nachfrist auszuscheiden sei, wenn vom Bieter keine fristgerechte Aufklärung erfolge. In der (für anwendbar erklärten) ÖNORM B2061 sei festgelegt, dass Gerätekosten dem Preisanteil „Sonstiges“ zuzurechnen seien.
4 Der Auftraggeber habe so das Verwaltungsgericht in seinen Feststellungen weiter im Zuge der Angebotsprüfung jene Positionen im Angebot der Revisionswerberin gekennzeichnet, die eine atypisch hohe Lohnkomponente (im Vergleich zum Preisanteil „Sonstiges“) aufwiesen. Auch bei weiteren Positionen hätten erhebliche Abweichungen in der Aufteilung zwischen „Lohn“ und „Sonstiges“ bestanden. Die Kostenanteile für Gerätekosten seien von der Revisionswerberin in den vorgelegten K7 Blättern in 61 Positionen nicht entsprechend den Bestimmungen der ÖNORM B2061 in der Spalte „Sonstiges“, sondern in der Spalte „Lohn“ ausgewiesen worden. Das Angebot der Revisionswerberin sei ausgeschieden worden, weil in 61 Positionen eine nicht nachvollziehbare Preisgliederung erfolgt sei und die in der K7 Kalkulation angeführten Gerätekosten den Lohnkosten zugeschlagen worden seien.
In seiner Beweiswürdigung hielt das Verwaltungsgericht fest, die Revisionswerberin habe die von ihr vorgenommene Zuordnung der Kosten nicht bestritten, sondern damit begründet, dass die Geräte in ihrem Eigentum stünden und dies in den angebotenen Einheitspreisen als reiner Reparaturlohn ausgewiesen worden wäre.
5 2.2. In seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Verwaltungsgericht fest, die Bieter hätten nach der bestandfesten Ausschreibung bei der Kalkulation ihrer Angebote zwingend die ÖNORM B2061 einzuhalten gehabt. Durch die Anwendung der ÖNORM B2061 würden Rechnungsvorgänge im Rahmen der Baukalkulation vereinheitlicht und nachvollziehbar gemacht. Der Auftraggeber habe vorliegend eine Preisplausibilitätsprüfung durchgeführt und diese ordnungsgemäß dokumentiert. Der Revisionswerberin sei vorgehalten worden, welche Einzelpositionen aus welchen Gründen als unplausibel angesehen worden seien.
6Dadurch, dass die Revisionswerberin in 61 Positionen Kostenanteile für Gerätekosten nicht beim Preisanteil „Sonstiges“ ausgewiesen, sondern zum Anteil „Lohn“ verschoben habe, habe sie die Bestimmungen der ÖNORM B2061 missachtet; die ÖNORM B2061 differenziere (hinsichtlich der Zuordnung der Gerätekosten) auch nicht danach, ob die Geräte im Eigentum der Bieter stünden. Da das Angebot im Widerspruch zur ÖNORM B2061 stehe, habe die Revisionswerberin ihre Kalkulation nicht so erstellt, wie dies in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt gewesen sei. Ein solches Angebot sei auszuscheiden. Der Auftraggeber sei daher zutreffend vom Vorliegen des Ausscheidensgrundes nach § 141 Abs. 1 Z 7 BVergG 2018 (den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes Angebot) ausgegangen.
7 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 5.1. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob (bei Zugrundelegung der ÖNORM B2061) ein Angebot ausschreibungswidrig sei, wenn im Anteil „Sonstiges“ keine Aufwände kalkuliert worden seien, unabhängig davon, ob sie tatsächlich anfielen. Nach der bisherigen vergaberechtlichen Judikatur sei es zulässig, für einzelne Positionen „keinen Preis bzw Null Euro“ anzubieten. Das Verwaltungsgericht sei im angefochtenen Erkenntnis (zu Unrecht) davon ausgegangen, dass ein Angebot auszuscheiden sei, auch wenn die Kalkulation nach der ÖNORM B2061 erfolgt sei und die Preise nicht in andere Positionen verschoben worden seien, und dass ein solches Angebot nicht aufgeklärt werden könne.
12 Weiters moniert die Revisionswerberin, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine Verschiebung von Preisanteilen von „Sonstiges“ zu „Lohn“ unzulässig sei.
13Schließlich bringt die Revisionswerberin noch vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, dass ein Angebot unter Zugrundelegung der ÖNORM B2061 für die Kalkulation nicht vollständig im Sinn der §§ 136 bis 138 BVergG 2018 vertieft zu prüfen sei. Dem angefochtenen Erkenntnis liege offenbar zugrunde, dass ein derartiges Angebot nicht vollständig vertieft zu prüfen sei; dies sei vorliegend auch der Fall gewesen, weil die Ausscheidensentscheidung von 61 Positionen spreche, eine Aufklärung aber nur hinsichtlich 57 Positionen gefordert worden sei.
14 5.2.Dem in Rn. 11 dargestellten Zulässigkeitsvorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung gerade nicht zugrunde gelegt hat, dass die Kalkulation des Angebotes der Revisionswerberin entsprechend den Vorgaben der ÖNORM B2061 erfolgt sei. Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung auch nicht zugrunde gelegt, dass die Gerätekosten mit 0 Euro ausgepreist worden seien, sondern es ist davon ausgegangen, dass die Kostenanteile für Gerätekosten unter dem Preisbestandteil „Lohn“ (und nicht „Sonstiges“) ausgewiesen worden seien. Dass die dieser Feststellung zugrundeliegende Beweiswürdigung vom Verwaltungsgericht in unvertretbarer Weise vorgenommen worden wäre, zeigt die Revisionswerberin nicht auf (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungskalkül des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Beweiswürdigung etwa VwGH 18.8.2017, Ra 2017/04/0022, 0023, Rn. 14, mwN). Ausgehend davon kommt es aber auf die von der Revisionswerberin insoweit aufgeworfenen Fragen fallbezogen nicht an. Zur Beantwortung bloß abstrakter Rechtsfragen auf Grund von Revisionen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen (vgl. etwa VwGH 18.11.2021, Ra 2018/04/0127, Rn. 20, mwN).
15Zum Revisionsvorbringen im Zusammenhang mit der (Un)Zulässigkeit der Verschiebung von Preisanteilen von „Sonstiges“ zu „Lohn“ ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer in vertretbarer Weise vorgenommenen einzelfallbezogenen Auslegung von Parteierklärungen oder Ausschreibungsunterlagen keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. etwa VwGH 9.11.2023, Ra 2021/04/0211, Rn. 17, mwN). Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht wie dargestellt davon ausgegangen, dass die Erstellung der Kalkulation unter Einhaltung der ÖNORM B2061 in der Ausschreibung verbindlich vorgegeben worden sei und dass die Kalkulation der Revisionswerberin diesen Vorgaben (hinsichtlich einzelner Positionen) nicht entsprochen habe. Dass diese Beurteilung unvertretbar gewesen wäre, zeigt die Revisionswerberin in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.
16 Soweit die Revisionswerberin schließlich eine unvollständige vertiefte Angebotsprüfung nämlich nicht hinsichtlich aller vom Auftraggeber ins Treffen geführter Positionen moniert, ist nicht ersichtlich, inwieweit der diesbezüglich aufgeworfenen Frage im vorliegenden Fall Relevanz zukommen sollte. Es ist nämlich nicht ersichtlich (und wird von der Revisionswerberin auch nicht dargelegt), inwieweit ein (wie von der Revisionswerberin im Hinblick auf vier Positionen ins Treffen geführt) unvollständiger Vorhalt bzw. eine unvollständige Prüfung die Rechtswidrigkeit der Beurteilung hinsichtlich der übrigen (vom Verwaltungsgericht als entgegen den Ausschreibungsbestimmungen kalkuliert angesehenen) Positionen nach sich ziehen sollte.
17 6. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
18Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. November 2024