Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Marzi als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lodi Fè, über die Revision des O B, vertreten durch Mag. Volkan Kaya, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 17. Mai 2022, LVwG AV 1282/001 2021, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Aufwandersatz findet nicht statt.
1.1. Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte im März 2021 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „DaueraufenthaltEU“ gemäß § 45 Abs. 1 NAG.
1.2. Diesen Antrag wies die Bezirkshauptmannschaft Tulln (im Folgenden: Behörde) mit Bescheid vom 5. Juli 2021 ab.
Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.
2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 17. Mai 2022 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den vorgenannten Bescheid als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2.2. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber die hier gegenständliche Revision.
3.1. Im Zuge der weiteren Bearbeitung der Revisionssache wurde durch eine Mitteilung der Behörde wobei deren Inhalt auch durch eine Abfrage des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister bestätigt wurde bekannt, dass dem Revisionswerber im Oktober 2024 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden ist.
3.2. In Anbetracht dessen gab der Verwaltungsgerichthof mit Verfügung vom 14. August 2025 dem Revisionswerber die Gelegenheit, sich zu der Frage zu äußern, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen noch ein rechtliches Interesse an der inhaltlichen Erledigung der Revision bestehe. Andernfalls werde beabsichtigt, die Revision in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG für gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.
3.3. Der Revisionswerber nahm dazu innerhalb der ihm eingeräumten Frist dahingehend Stellung, dass er die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft im Oktober 2024 bestätigte. Unter einem stimmte er dem in Aussicht genommenen Vorgehen gemäß § 33 Abs. 1 VwGG zu und beantragte einen Kostenersatz gemäß §§ 55 iVm 47 ff VwGG.
4. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist bei einer Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 BVG unter einer Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Vielmehr liegt ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber infolge Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Artkein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung hat und somit materiell klaglos gestellt wurde (vgl. etwa VwGH 8.10.2024, Ra 2022/22/0054, Pkt. 3.2., mwN).
Es ist nämlich nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofs, in einer Revisionssache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt und letztlich bloß eine Entscheidung über theoretische Rechtsfragen ergehen könnte (vgl. etwa VwGH 19.12.2024, Ra 2022/22/0080, Pkt. 4., mwN).
5. Vorliegend ist auf Grund der im Oktober 2024 erfolgten Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an den Revisionswerber und damit des fehlenden Erfordernisses eines anderen Aufenthaltsrechts (vgl. in dem Sinn etwa VwGH 24.2.2009, 2008/22/0087) nicht zu erkennen, dass von seiner Seite her an einer meritorischen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Revision noch ein rechtliches Interesse besteht.
6.1. Die Revision war deshalb als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
6.2. Wird wie vorliegendeine Revision ohne formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, so ist die Kostenentscheidung mangels formeller Klaglosstellung nicht wie vom Revisionswerber begehrtgemäß § 55 VwGG, sondern gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen (vgl. etwa VwGH 13.12.2023, Ra 2022/22/0099, Rn. 9, mwN).
Im Hinblick darauf, dass die Frage des hypothetischen Schicksals der Revision nicht ohne nähere Prüfung zu lösen wäre und die Entscheidung über den vom Revisionswerber gestellten Kostenantrag daher einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.
Wien, am 8. Oktober 2025