Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Marzi als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Zettl, über die Revision des S B, vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Fleischmarkt 1/3. Stock, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2022, L519 2150883 2/3E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Aufwandersatz wird nicht zugesprochen.
1.1. Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte zunächst einen Antrag auf internationalen Schutz, der letztlich im Dezember 2018 u.a. unter Erlassung einer Rückkehrentscheidung und unter Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak rechtskräftig abgewiesen wurde.
Der Revisionswerber verblieb unrechtmäßig in Österreich.
1.2. Am 10. Jänner 2019 stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 FPG.
Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 30. Juni 2021 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 8. März 2022 als unbegründet ab. Es sprach ferner aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
1.3. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die gegenständliche außerordentliche Revision.
2.1. Im Zuge der Bearbeitung der Revisionssache wurde dem Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26. August 2024 mitgeteilt, dass die irakischen Behörden mittlerweile ein Heimreisezertifikat für den Revisionswerber ausgestellt hätten und dieser am 11. Februar 2024 begleitet in seinen Herkunftsstaat abgeschoben worden sei.
2.2. In Anbetracht dessen teilte der Verwaltungsgerichtshof dem Revisionswerber unter Einräumung einer Frist zur Äußerung mit verfahrensleitender Verfügung vom 6. September 2024 mit, dass die Revision als gegenstandslos geworden zu erachten sei, zumal aufgrund der inzwischen erfolgten Abschiebung der geltend gemachte Duldungstatbestand des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG als überholt erscheine.
2.3. Der Revisionswerber gab innerhalb der dafür eingeräumten Frist keine Äußerung ab.
3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.
3.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist bei einer Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG unter einer Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Vielmehr liegt ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber infolge Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung hat und somit materiell klaglos gestellt wurde (vgl. etwa VwGH 6.12.2023, Ra 2020/22/0155, Pkt. 4.2., mwN).
Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (aufgrund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für ihn keinen objektiven Nutzen mehr hat, den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur mehr theoretische Bedeutung zukommt (vgl. etwa VwGH 27.3.2024, Ra 2023/22/0185, Pkt. 3.2., mwN).
4.1. Vorliegend wurde der (unwidersprochen gebliebenen und inhaltlich auch durch die Eintragungen im Informationssystem Zentrales Fremdenregister bestätigten) Mitteilung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zufolge nach Einbringung der Revision von den irakischen Behörden ein Heimreisezertifikat für den Revisionswerber ausgestellt und dieser am 11. Februar 2024 in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.
Angesichts der mittlerweile erfolgten Abschiebung liegen die Voraussetzungen für eine Duldung gemäß § 46a FPG schon in Ermangelung eines (weiteren) Aufenthalts im Inland nicht mehr vor und kommt daher die Ausstellung einer Karte für Geduldete aufgrund des gegenständlichen Antrags vom 10. Jänner 2019 jedenfalls nicht mehr in Betracht (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation etwa VwGH 16.8.2022, Ra 2021/21/0124, insbes. Rn. 7).
Im Hinblick darauf ist aber nicht ersichtlich, dass einer meritorischen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die außerordentliche Revision noch praktische Bedeutung zukäme. Derartiges wurde auch vom Revisionswerber nicht behauptet.
4.2. Die Revision war deshalb wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
5.1. Wird eine Revision - ohne formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung - wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, so ist die Kostenentscheidung mangels formeller Klaglosstellung nicht gemäß § 55 VwGG, sondern gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen (vgl. etwa VwGH 18.3.2024, Ra 2020/22/0081, Pkt. 5.1., mwN).
5.2. Im Hinblick darauf, dass vorliegend die Frage des hypothetischen Schicksals der Revision nicht ohne nähere Prüfung zu lösen wäre und die Entscheidung über den gestellten Kostenantrag daher einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG).
Wien, am 8. Oktober 2024