Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Marzi als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lodi-Fè, über die Revision des B S, vertreten durch Dr. Max Kapferer, Dr. Thomas Lechner und Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2022, I413 1406005 5/5E, betreffend Karte für Geduldete (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Aufwandersatz findet nicht statt.
1.1. Der Revisionswerber, ein im Jahr 2008 in Österreich eingereister nigerianischer Staatsangehöriger, stellte zunächst einen Antrag auf internationalen Schutz, der letztlich im Dezember 2018 unter Erlassung einer Rückkehrentscheidung und unter Feststellung der Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria rechtskräftig abgewiesen wurde. Im Juli 2019 wurde zudem ein Einreiseverbot für die Dauer von 18 Monaten rechtskräftig erlassen.
Der Revisionswerber verblieb unrechtmäßig in Österreich.
1.2. Am 24. September 2020 stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 FPG.
Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl letztlich mit Bescheid vom 25. Mai 2022 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 14. Juli 2022 als unbegründet ab; ferner sprach es aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
1.3. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die gegenständliche außerordentliche Revision.
2.1. Im Zuge der Bearbeitung der Revisionssache brachte der Verwaltungsgerichtshof durch Abfrage des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister in Erfahrung, dass für den Revisionswerber im März 2024 ein Heimreisezertifikat (durch die nigerianische Vertretungsbehörde in Wien) ausgestellt wurde und er daraufhin am 1. April 2024 begleitet nach Nigeria abgeschoben wurde.
2.2. In Anbetracht dessen teilte der Verwaltungsgerichtshof dem Revisionswerber unter Einräumung einer Frist zur Äußerungmit verfahrensleitender Verfügung vom 27. September 2025 mit, dass kein Interesse des Revisionswerbers an einer meritorischen Entscheidung über die Revision mehr zu sehen sei, zumal der geltend gemachte Duldungstatbestand des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG aufgrund der inzwischen (nach Ausstellung eines entsprechenden Heimreisezertifikats) vollzogenen Abschiebung als widerlegt zu erachten sei.
2.3. In seiner daraufhin erstatteten Stellungnahme vom 13. Oktober 2025 bestätigte der Revisionswerber, dass er aufgrund des von der nigerianischen Vertretungsbehörde in Wien ausgestellten Heimreisezertifikats am 1. April 2024 nach Nigeria abgeschoben worden sei. Dennoch vertrat er die Ansicht, dass er nach wie vor ein rechtliches Interesse an einer meritorischen Entscheidung über die Revision habe. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, die nigerianische Vertretungsbehörde habe das Heimreisezertifikat zu Unrecht ausgestellt, zumal er tatsächlich nicht in Nigeria, sondern im Sudan geboren worden sei. Er halte sich zwar nunmehr (seit seiner Abschiebung) in Nigeria auf, könne dort aber keine Personaldokumente erlangen und sich nicht registrieren lassen und daher auch keiner Beschäftigung nachgehen. Er sei mittlerweile obdachlos in den Straßen von Abuja und lebe „von der Hand in den Mund“ bzw. von finanziellen Zuwendungen seiner Unterstützer in Österreich. Er befinde sich daher insgesamt in einer ausweglosen Lage.
3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.
3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei einer Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 BVG unter einer Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Vielmehr liegt ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber - infolge Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art - kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung hat und somit materiell klaglos gestellt wurde (vgl. etwa VwGH 6.12.2023, Ra 2020/22/0155, Pkt. 4.2., mwN).
Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (aufgrund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für ihn keinen objektiven Nutzen mehr hat, den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen also insoweit nur mehr theoretische Bedeutung zukommt (vgl. etwa VwGH 27.3.2024, Ra 2023/22/0185, Pkt. 3.2., mwN).
4.1. Vorliegend wurde nach der Einbringung der Revision von der nigerianischen Vertretungsbehörde in Wien ein Heimreisezertifikat für den Revisionswerber ausgestellt und dieser am 1. April 2024 nach Nigeria abgeschoben.
Angesichts der erfolgten Abschiebung liegen aber die Voraussetzungen für eine Duldung gemäß § 46a FPG schon in Ermangelung eines (weiteren) Aufenthalts im Inland nicht mehr vor und kommt daher die Ausstellung einer Karte für Geduldete aufgrund des gegenständlichen Antrags vom 24. September 2020 jedenfalls nicht mehr in Betracht (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation etwa VwGH 8.10.2024, Ra 2022/22/0054, insbes. Pkt. 4.1., mwN).
Im Hinblick darauf ist nicht ersichtlich, dass einer meritorischen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die außerordentliche Revision noch praktische Bedeutung zukäme. Daran vermag auch das oben wiedergegebene Vorbringen des Revisionswerbers in seiner Stellungnahme vom 13. Oktober 2025 nichts zu ändern, wird doch auch damit kein hier beachtliches rechtliches Interesse an einer meritorischen Erledigung der Revision aufgezeigt.
4.2. Die Revision war deshalb wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
4.3. Von der Durchführung einer vom Revisionswerber beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
5.1. Wird eine Revision ohne formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidungwegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, so ist die Kostenentscheidung mangels formeller Klaglosstellung nicht gemäß § 55 VwGG, sondern gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen (vgl. etwa VwGH 18.3.2024, Ra 2020/22/0081, Pkt. 5.1., mwN).
5.2. Im Hinblick darauf, dass vorliegend die Frage des hypothetischen Schicksals der Revision nicht ohne nähere Prüfung zu lösen wäre und die Entscheidung über den gestellten Kostenantrag daher einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.
Wien, am 29. Oktober 2025
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