Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., in der Revisionssache der I GmbH in L, vertreten durch die Shamiyeh Reiser Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Am Schillerpark, Rainerstraße 6 8, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 20. August 2021, Zl. RV/5100226/2021, betreffend Umsatzsteuer 2017 und 2018 sowie Festsetzung Umsatzsteuer 1 4/2019, den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die I GmbH war nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) im Streitzeitraum eine Gesellschaft, die im Bereich der Blockchain und Kryptowährungstechnologie mit Kunden Dienstleistungsverträge abgeschlossen hat.
2 Im April 2019 wurde über das Vermögen der I GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.
3 Nach einer Außenprüfung betreffend die Jahre 2017 und 2018 erließ das Finanzamt mit Ausfertigungsdatum vom 7. August 2019 gerichtet an „Dr. [S] als Masseverwalter der [I] GmbH“ die Umsatzsteuerbescheide 2017 und 2018 sowie den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für 1 4/2019, in denen es insbesondere geltend gemachte Vorsteuerabzüge weitgehend versagte, was zu entsprechenden Steuernachforderungen führte.
4 Dagegen erhob „Dr. [S] als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren der [I] GmbH“ Beschwerde.
5 Diese Beschwerde wurde mittels an den Insolvenzverwalter gerichteter Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamts abgewiesen, wogegen dieser einen Vorlageantrag an das BFG erhob.
6 Mit der angefochtenen Erledigung sprach das BFG über die Beschwerde ab und richtete diese an die „[I] GmbH, z.H. [S] Rechtsanwälte GmbH“.
7 Gegen diese Erledigung wendet sich die vorliegende ordentliche Revision der „[I] GmbH, vertreten durch Dr. [S] als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der [I] GmbH“.
8 Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 2 Abs. 2 IO). Der Insolvenzverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Insolvenzmasse soweit die Befugnisse des Schuldners beschränkt sind gesetzlicher Vertreter des Schuldners iSd § 80 BAO (vgl. VwGH 2.10.2014, Ro 2014/15/0028, mwN). Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Insolvenzeröffnung der Insolvenzverwalter an die Stelle des Schuldners, soweit es sich um Aktiv oder Passivbestandteile der Insolvenzmasse handelt. Die Abgaben sind daher während des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter, der insofern den Schuldner repräsentiert, festzusetzen (vgl. VwGH 9.11.2011, 2009/16/0260, mwN).
9 Während des Insolvenzverfahrens dürfen somit weder Abgabenbescheide noch Erkenntnisse bzw. Beschlüsse, mit welchen über Beschwerden gegen Abgabenbescheide abgesprochen wird, an den Schuldner gerichtet werden. Eine nach Konkurseröffnung an den Schuldner gerichtete Erledigung geht ins Leere; sie entfaltet weder eine Wirkung für den Schuldner noch für den Insolvenzverwalter (vgl. VwGH 15.9.2020, Ra 2020/15/0073).
10 Durch die bloße Zustellung einer an den Schuldner gerichteten Erledigung an den Insolvenzverwalter ist ein Erkenntnis nicht wirksam erlassen worden (vgl. VwGH 29.3.2007, 2005/15/0131).
11 Da die als Erkenntnis intendierte Erledigung des BFG sohin keine Rechtswirksamkeit zu entfalten vermochte (und die Beschwerdesache folglich noch unerledigt ist), war die Revision mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Kosten waren gemäß §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG nicht zuzusprechen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann nämlich die in Form einer Zurückweisung der Revision gegen eine als Erkenntnis intendierte Erledigung getroffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einer Zurückweisung im Begriffsverständnis des § 51 VwGG gleichgehalten werden, wenn der Fehler der von der revisionswerbenden Partei bekämpften Erledigung sich wie im Revisionsfall nicht in deren Sphäre ereignet hat. Bei dieser Sachlage hat es bei der allgemeinen Regel des § 58 Abs. 1 VwGG zu bleiben, wonach jede Partei den im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat (vgl. VwGH 28.6.2012, 2011/15/0161, mwN).
Wien, am 26. Juni 2024
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