JudikaturVwGH

Ra 2022/10/0176 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
07. Dezember 2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision der H W in W, vertreten durch Forsthuber Partner, Rechtsanwälte in 2500 Baden, Wiener Straße 80, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. Oktober 2022, Zl. W203 2257713 1/2E, betreffend Zurückweisung eines „Widerspruchs“ i.A. des Schulunterrichtsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 1. Mit Schreiben vom 28. März 2022 beantragte die Revisionswerberin, dass die an ihrer Schule, einem Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium, für den 1. April 2022 anberaumte Präsentation und Diskussion ihrer vorwissenschaftlichen Arbeit ortsungebunden und über ein elektronisches Kommunikationsmittel erfolgen möge.

2 Nachdem die Schulleitung darauf mit E Mail vom 29. März 2022 abschlägig geantwortet hatte, erhob die Revisionswerberin dagegen mit Schreiben vom 31. März sowie vom 6. April 2022 „Widerspruch“.

3 Mit Bescheid vom 14. April 2022 wies die belangte Behörde diese Anbringen „ohne inhaltliche Behandlung“ zurück, weil diese gemäß § 71 Abs. 9 SchulunterrichtsgesetzSchUG unzulässig seien.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. Oktober 2022 wies das Bundesverwaltungsgericht eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin ab, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ; zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, die belangte Behörde habe die gegenständlichen Anträgemangels Vorliegen einer der in §§ 70 und 71 SchUG taxativ aufgezählten Angelegenheiten zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

5 2. In ihrer gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision bringt die Revisionswerberin unter „ E. Revisionspunkte “ Folgendes vor:

„Die Revisionswerberin erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht

°auf ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und Parteiengehör im Sinne des § 45 AVG

°dadurch auf Akteneinsicht im Sinne des § 17 AVG

°in seinem Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6 EMRK

°sowie in seinem Recht auf wirksame Verteidigung nach Art 6 Abs 3 EMRK verletzt.

Aus diesem Grund wird die revisionsgegenständliche Entscheidung ihrem gesamten Umfang nach angefochten, wobei die angefochtene Entscheidung sowohl an inhaltlicher Rechtswidrigkeit als auch an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet.“

63. Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

7Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. für viele etwa VwGH 27.7.2022, Ra 2022/10/0108, mwN).

84.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis, mit dem die Zurückweisung der Anbringen der Revisionswerberin durch die belangte Behörde bestätigt und damit der Spruch des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides übernommen wurde, hat das Verwaltungsgericht eine ausschließlich verfahrensrechtliche Entscheidung getroffen. In Hinblick auf diesen normativen Gehalt des Erkenntnisses käme vorliegend allein die Verletzung der Revisionswerberin im Recht auf meritorische Entscheidung (Sachentscheidung) über deren Anträge in Betracht (vgl. etwa VwGH 27.9.2022, Ra 2022/10/0042, mwN). In den von ihr geltend gemachten Rechten konnte die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis nicht verletzt werden.

94.2. Darüber hinaus sei angemerkt, dass die Revisionswerberin mit der geltend gemachten Verletzung in ihrem Recht auf ein „ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren“ und auf Parteiengehör keine Rechtsverletzung aufzeigen könnte, handelt es sich dabei doch nicht um Revisionspunkte im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern vielmehr um die Geltendmachung von Revisionsgründen, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend geltend gemacht werden können (vgl. etwa VwGH 28.9.2021, Ra 2021/10/0155, sowie VwGH 14.1.2022, Ra 2022/10/0180 bis 0182, jeweils mwN).

10Auch die von der Revisionswerberin angeführten Rechte nach Art. 6 EMRKdarunter die in Art. 6 Abs. 3 EMRK verbürgten Rechte des Angeklagten im Strafverfahren - bezeichnen keine subjektiven Rechte im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, ist doch zur Prüfung einer behaupteten Verletzung dieser Rechte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 5 BVG nicht berufen, weil es sich dabei um verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte handelt (vgl. etwa wiederum VwGH Ra 2022/10/0108, mwN).

11Bei der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften handelt es sich schließlich nicht um die Geltendmachung eines Revisionspunktes, sondern um die Behauptung von Aufhebungsgründen (§ 42 Abs. 2 VwGG; vgl. etwa VwGH 30.5.2022, Ra 2022/10/0070, 0071, mwN).

125. Die Revision war daher mangels tauglichen Revisionspunktes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 7. Dezember 2022