JudikaturBVwG

W209 2308468-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
17. Juli 2025

Spruch

W209 2308468-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Gabriele STRAßEGGER und den fachkundigen Laienrichter Peter STATTMANN als Beisitzende über die Beschwerde XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Redergasse vom 26.11.2024 betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für 56 Tage ab 11.11.2024 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 26.11.2024 sprach das Arbeitsmarkservice (im Folgenden: belangte Behörde, AMS) aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 38 iVm § 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für 56 Tage ab 11.11.2024 verloren habe. Das angeführte Ausmaß verlängere sich um die in diesem Zeitraum liegenden Zeiträume des Krankengeldbezugs. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Annahme einer vom AMS zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung verweigert habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, worin er im Wesentlichen vorbrachte, dass das AMS seine Qualifikationen und beruflichen Perspektiven nicht ausreichend berücksichtigt habe. Weiters beanstandete der Beschwerdeführer, dass er nach seiner Ende Oktober 2024 bekannt gegebenen Abmeldung „mit Wirkung zum 07.01.2025“ weiterhin Vermittlungsvorschläge erhalten habe.

3. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war vor dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum zuletzt von 01.02.2023 bis 15.09.2023 vollversicherungspflichtig beschäftigt. Danach bezog er von 16.09.2023 bis 14.06.2024 Arbeitslosengeld und stand im Anschluss daran mit Unterbrechungen bis zu seiner Abmeldung vom Leistungsbezug zum 05.01.2025 im Bezug von Notstandshilfe.

Mit Bescheid vom 04.11.2024 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum von 42 Tagen ab 23.09.2024 seinen Anspruch auf Notstandshilfe verloren habe. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit (rechtskräftigem) Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.04.2025, GZ: W164 2304088-1/4E, als unbegründet abgewiesen. Eine neue Anwartschaft hat der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit nicht erworben.

Laut eigenen Angaben hat der Beschwerdeführer mehrere Universitätsstudien im wirtschaftlichen Bereich in Kroatien und Österreich abgeschlossen und verfügt über mehrjährige Berufserfahrung in Führungspositionen.

Im Betreuungsplan vom 11.09.2024 wurde insbesondere festgehalten, dass der Beschwerdeführer im bisherigen Beruf Geschäftsführer und die bisherige Arbeitssuche nicht erfolgreich gewesen sei, da er eine selbständige Tätigkeit anstrebe und nach Investoren suche. Das AMS werde den Beschwerdeführer bei der Suche nach einer Stelle als „Geschäftsführer (Betriebsleitung)“, im Bereich der Assistenz der Geschäftsführung, als Bürokraft, kaufmännischer Sachbearbeiter, Callcenter-Mitarbeiter, Sekretär oder Portier unterstützen. Der Beschwerdeführer wurde außerdem darüber informiert, dass im Notstandshilfebezug jegliche kollektivvertraglich entlohnte Beschäftigung zumutbar sei. Der Beschwerdeführer verweigerte seine Zustimmung zur Betreuungsvereinbarung.

Im Rahmen eines Termins am 29.10.2024 zur Erstellung einer Niederschrift betreffend eine frühere Vereitelungshandlung gemäß § 10 AlVG stellte der Beschwerdeführer in den Raum, dass er sich zum 07.01.2025 aufgrund einer selbständigen Tätigkeit vom Bezug abmelden werde. Nachweise wie eine Anmeldung zur Sozialversicherung legte der Beschwerdeführer weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt vor. Dem Beschwerdeführer wurde vom AMS auch weder mitgeteilt noch indirekt vermittelt, dass seine Bewerbungspflichten infolgedessen nicht mehr bestehen würden.

Am 05.11.2024 übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den gegenständlichen Vermittlungsvorschlag mit der Aufforderung, sich sofort und wie im Inserat beschrieben zu bewerben. Angeboten wurde eine Vollzeitbeschäftigung mit Personalvorauswahl durch das AMS als „Sales MitarbeiterIn“ mit einem Bruttomonatsgehalt von EUR 2.300,- und Bereitschaft zur Überzahlung. Die Beschäftigungsaufnahme sollte „zum ehestmöglichen Zeitpunkt erfolgen“.

Der Beschwerdeführer meldete am 11.11.2024 via eAMS-Konto zurück, dass er sich nicht vorgestellt habe, und begründete dies mit einer „Beschäftigung ab Jänner“. Daraufhin kam die zugewiesene Beschäftigung nicht zustande. Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass er im Notstandshilfebezug verpflichtet war, sich auf sämtliche zumutbare zugewiesene Stellen zu bewerben, mochten diese auch von seinen Vorstellungen hinsichtlich Status und Entgelt abweichen. Mit seiner Nichtbewerbung nahm er bewusst in Kauf, dass die zugewiesene Beschäftigung nicht zustande kommen würde.

Ebenfalls am 11.11.2024 übermittelte der Beschwerdeführer elektronisch eine „Abmeldung vom Leistungs-/Beihilfenbezug“, wonach er ab 07.01.2025 beim „Diagnosezentrum DRM“ beschäftigt sei. Ein Nachweis könne nicht innerhalb der nächsten 14 Tage nachgereicht werden, da die Unternehmensgründung erst im Jänner stattfinde.

Am 05.01.2025 übermittelte der Beschwerdeführer erneut eine „Abmeldung vom Leistungs-/Beihilfenbezug“, diesmal begründet mit einer Beschäftigungsaufnahme beim „Diagnosezentrum DRM“ am selben Tag. Tatsächlich steht der Beschwerdeführer aber erst seit 01.02.2025 bis laufend wieder in einem vollversicherten Dienstverhältnis.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur letzten sowie aktuellen vollversicherten Beschäftigung des Beschwerdeführers, dessen Angaben zu seinen Qualifikationen, dem Leistungsbezug, den vom Beschwerdeführer vorgenommenen elektronischen Abmeldungen hiervon, dem Anwartschaftserwerb und dem verfahrensgegenständlichen Vermittlungsvorschlag beruhen auf dem diesbezüglich unstrittigen Akteninhalt sowie einer ergänzenden Einsichtnahme in einen aktuellen Datenauszug des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger. Der Inhalt des Betreuungsplans sowie der Umstand, dass der Beschwerdeführer diesen nicht akzeptieren wollte, ist in diesem selbst festgehalten. Dass der Beschwerdeführer sich nicht auf die gegenständliche Stelle beworben hat, ergibt sich ebenfalls unstrittig aus den Verwaltungsakten.

Die (rechtskräftige) Verhängung einer Ausschlussfrist von 42 Tagen ab 23.09.2024 ergibt sich ebenfalls aus den Verwaltungsakten sowie der zusätzlichen Einsichtnahme in den Gerichtsakt zur hg. Zahl W164 2304088-1.

Aus zahlreichen im Akt befindlichen Gesprächsnotizen und Unterlagen – nicht zuletzt dem Betreuungsplan – lässt sich zweifellos ableiten, dass der Beschwerdeführer über seine Bewerbungspflichten und die gesetzlichen Zumutbarkeitsbestimmungen aufgeklärt wurde. Darüber hinaus ist dem ausführlichen im Akt einliegenden Schriftverkehr mit der Ombudsstelle des AMS (s. E-Mails vom 24.09.2024 und 27.09.2024) zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer eingehend und mit Bezugnahme auf seine Einwände die Zumutbarkeitskriterien im Notstandshilfebezug erläutert wurden.

Aus den im Akt einliegenden ausführlichen Gesprächsvermerken der AMS-Beraterin des Beschwerdeführers sowie der ebenfalls anwesenden Abteilungsleiterin zum Termin am 29.10.2024 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer den Beginn einer selbständigen Tätigkeit mit 07.01.2025 und die Vornahme einer entsprechende Abmeldung 62 Tage im Vorhinein im eAMS-Konto ankündigte. Weiters wurde festgehalten, dass die Beraterin ihm die weitere Vorgehensweise erklärte und um die Übermittlung einer Bestätigung der Anmeldung zur Sozialversicherung (SVS) ersuchte.

Weder aus den Gesprächsvermerken noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers lässt sich ableiten, dass dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden wäre, dass er infolge seiner Ankündigung nicht mehr verpflichtet wäre, sich auf vom AMS zugewiesene Stellen zu bewerben. Der Beschwerdeführer brachte in seiner Beschwerde im Gegenteil vor, er sei mangels gegenteiliger Belehrung davon ausgegangen, dass keine weiteren Vermittlungsmaßnahmen mehr erfolgen würden. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Unrichtigkeit einer solchen Annahme ihm spätestens mit der Übermittlung des verfahrensgegenständlichen Vermittlungsvorschlags samt Hinweis auf seine Verpflichtung, das Stellenangebot anzunehmen, vor Augen geführt wurde. Im Übrigen wird auf die nachstehende rechtliche Beurteilung verwiesen.

Sohin ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich im Bewusstsein seiner dahingehenden Pflichten dazu entschied, sich nicht auf die zugewiesene Beschäftigung zu bewerben und damit zumindest in Kauf nahm, dass diese nicht zustande kommen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat zu entscheiden hat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören. Gegenständlich liegt daher Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (u.a.) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Eine solche Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet und angemessen entlohnt ist; als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung (§ 9 Abs. 2 leg. cit.).

Nach § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verliert eine arbeitslose Person, die sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 leg. cit. um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft.

Der Verlust des Anspruches ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen (§ 10 Abs. 3 AlVG).

Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, die arbeitslos gewordene versicherte Person, die trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine zumutbare Beschäftigung einzugliedern und sie so in die Lage zu versetzen, ihren Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. VwGH, 23.02.2005, 2003/08/0039).

Zur Zuweisungstauglichkeit der Beschäftigung

Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich bei der in Frage kommenden Beschäftigung um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt. Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung ist, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten der arbeitslosen Person jenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden. Die arbeitslose Person ist jedoch verpflichtet, allfällige Zweifel über ihre Eignung abzuklären (vgl. VwGH 04.09.2013, 2011/08/0092) bzw. im Zuge der Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Arbeitgeber bzw. dessen Vertreter in einer geeigneten (d.h. nicht unqualifizierten und im Ergebnis als Vereitelungshandlung anzusehenden) Weise jene Informationen zu erfragen, die zur Beurteilung von persönlicher Eignung und Zumutbarkeit unerlässlich sind (vgl. VwGH 24.07.2013, 2011/08/0209).

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann eine arbeitslose Person vom Arbeitsmarktservice zu einer Beschäftigung zugewiesen werden, sofern diese nicht evident unzumutbar ist bzw. das Arbeitsmarktservice nicht von vornherein (etwa auf Grund eines diesbezüglichen Einwands der arbeitslosen Person) Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit begründenden Umstand hat. Es liegt dann an der arbeitslosen Person, beim Vorstellungsgespräch mit dem potenziellen Dienstgeber die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit zu erörtern (vgl. VwGH 02.11.2022, Ra 2021/08/0133).

Nur wenn die arbeitslose Person die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Arbeitsstelle gegenüber dem Arbeitsmarktservice ganz konkret bestreitet (oder die Zumutbarkeit aus anderen Gründen nicht ohne nähere Ermittlungen angenommen werden kann), hat sich das Arbeitsmarktservice mit dieser Frage in der Begründung des Bescheides auseinanderzusetzen. Das Arbeitsmarktservice hat dann – erforderlichenfalls – darzutun, welche Anforderungen mit der zugewiesenen Beschäftigung verbunden sind und ob die arbeitslose Person nach ihren geistigen und körperlichen Fähigkeiten diesen Anforderungen genügt (vgl. VwGH 25.06.2013, 2012/08/0215).

Der Beschwerdeführer wendet zur Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung lediglich ein, dass diese nicht seinen bisherigen Tätigkeiten und Qualifikationen entsprochen habe und seine beruflichen Perspektiven in seinem bisherigen Tätigkeitsfeld durch die Annahme einer solchen Beschäftigung gefährdet würde.

Insofern der Beschwerdeführer sich damit auf den Berufs- bzw. Entgeltschutz nach § 9 Abs. 3 AlVG zu berufen scheint, ist dem entgegenzuhalten, dass ein solcher beim Bezug von Notstandshilfe nach der diesbezüglich eindeutigen Rechtslage gar nicht mehr besteht (vgl. VwGH 25.03.2025, Ra 2022/08/0090). Die Pflicht zur Annahme einer (im Übrigen zumutbaren) zugewiesenen Beschäftigung besteht ungeachtet einer Überqualifikation und ist eine arbeitslose Person im Fall einer Überqualifikation auch verhalten, gegenüber einer potentiellen Dienstgeberin klar zu stellen, die Beschäftigung trotzdem antreten zu wollen (vgl. VwGH 4.4.2002, 2002/08/0062).

Der Beschwerdeführer rügte in seiner Beschwerde weiters, dass ihm nicht mitgeteilt worden sei, dass eine Abmeldung bei geplanter Selbständigkeit anders behandelt werde als eine Jobzusage. Er habe den Termin mit der Erwartung verlassen, dass keine weiteren Vermittlungsmaßnahmen oder Bescheide folgen würden.

Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass eine von der regionalen Geschäftsstelle vermittelte Beschäftigung gemäß § 9 Abs. 4 AlVG auch dann zumutbar ist, wenn eine Wiedereinstellungszusage von einem früheren Arbeitgeber erteilt wurde oder sich die arbeitslose Person schon zur Aufnahme einer Beschäftigung in Zukunft verpflichtet hat (Einstellungsvereinbarung). Es müssen sohin auch Arbeitslose, die eine Einstellungsvereinbarung getroffen habe, dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Bei Vermittlung einer Beschäftigung durch das AMS ist auf eine (Wieder-)Einstellungszusage oder -vereinbarung keine Rücksicht zu nehmen, da Kostenüberwälzungen zu Lasten der öffentlichen Hand (Versichertengemeinschaft) zu vermeiden sind. Die arbeitslose Person ist daher nicht berechtigt, eine zugewiesene Beschäftigung aus diesem Grund abzulehnen. Der Beseitigung der Arbeitslosigkeit kommt nämlich Vorrang vor einer verbindlichen Wiedereinstellungszusage bzw. einer Einstellungsvereinbarung zu (vgl. VwGH 04.04.2002, 2002/08/0019).

Der Annahme, eine Einstellungszusage oder die gegenständliche (vage) Ankündigung einer selbständigen Tätigkeit – zumal mehr als zwei Monate in der Zukunft – führe zum Ausschluss der Verpflichtung sich auf zugewiesene zumutbare Stellen zu bewerben, steht sohin die diesbezüglich eindeutige Gesetzeslage entgegen. Den Feststellungen zufolge boten auch die Aussagen und Handlungen der involvierten Mitarbeiterinnen des AMS für den Beschwerdeführer keinerlei Anhaltspunkte für eine solche Vermutung

Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass die vom Beschwerdeführer wiederkehrend in den Raum gestellte Aufnahme einer Selbständigkeit letztlich gar nicht erfolgte.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer keine Einwendungen im Hinblick auf die Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung gemacht und lagen auch keine Anhaltspunkte für eine evidente Unzumutbarkeit im Zeitpunkt der Zuweisung vor.

Zum Vorliegen einer Vereitelungshandlung

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handels der arbeitslosen Person, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann von der arbeitslosen Person– abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen – somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege, vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass sie ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass sie den Erfolg ihrer (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung abzubringen, zunichte macht (vgl. VwGH 26.10.2010, 2008/08/0017 und 2008/08/0244 sowie jüngst VwGH 29.01.2014, 2013/08/0265).

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität im Verhalten der vermittelten Person und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob sie vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt (vgl. VwGH 11.09.2008, 2007/08/0111, mwN).

Im Unterlassen jeglicher Bewerbungsschritte durch eine vermittelte Person ist in Bezug auf eine zugewiesene Beschäftigung jedenfalls eine Vereitelungshandlung im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG zu erkennen (vgl. VwGH 22.02.2012, 2009/08/0112). Die vermittelte Person nimmt dabei – umso mehr, wenn sie bereits seit längerer Zeit Leistungen der Arbeitslosenversicherung bezieht – offenkundig bewusst in Kauf, dass ihr passives Verhalten nach allgemeiner Erfahrung zwangsläufig dazu führt, dass ein Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kommt (vgl. in dem Sinn etwa VwGH 20.10.2010, 2008/08/0244; 15.10.2014, 2013/08/0248).

Wie sich aus den Feststellungen und der zugehörigen Beweiswürdigung ergibt, hat sich der Beschwerdeführer erst gar nicht auf die zugewiesene Stelle beworben und dies der belangten Behörde mit der Begründung einer Beschäftigung ab Jänner zurückgemeldet. Da die zugewiesene Beschäftigung ohne vorhergehende Bewerbung von vornherein nicht zustande kommen konnte, war das Verhalten des Beschwerdeführers zweifelsohne kausal.

Auch bedingter Vorsatz im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung ist gegenständlich gegeben, zumal dem Beschwerdeführer bewusst sein musste, dass die zugewiesene Beschäftigung ohne Bewerbung nicht zustande kommen würde. Mit seinem Verhalten hat der Beschwerdeführer dieses Ergebnis zumindest billigend in Kauf genommen.

Im Ergebnis hat der Beschwerdeführer daher die Annahme einer zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung iSd § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG vereitelt, wobei zumindest bedingter Vorsatz in Hinblick auf die Vereitelung anzunehmen ist.

Aufgrund der bereits vorliegenden rechtskräftigen Verhängung einer Ausschlussfrist gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG ohne zwischenzeitig neu erworbene Anwartschaft ging die belangte Behörde auch zu Recht von einer Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlusts auf acht Wochen aus.

Zur (Nicht-)Gewährung von Nachsicht

Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG liegen nicht vor: Zwar hat der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit eine neue die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung aufgenommen, doch erfolgte die Arbeitsaufnahme mit 01.02.2025 in keiner zeitlichen Nähe zur Vereitelungshandlung am 11.11.2024 und vermochte deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft sohin nicht mehr auszugleichen (vgl. VwGH 01.12.2017, Ra 2015/08/0176).

In seiner Beschwerde beanstandete der Beschwerdeführer, dass die Umstände seiner „spezifischen beruflichen Situation“ und seiner Abmeldung von Leistungsbezug bei der Frage der Nachsichtgewährung nicht berücksichtigt worden seien.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt hat, können nach der Systematik des Gesetzes jene Umstände nicht zur Annahme eines berücksichtigungswürdigen Falles im Sinne des § 10 Abs 3 AlVG führen, die schon im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der Beschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 2 und 3 AlVG von Bedeutung sind und deren Prüfung ergeben hat, dass sie diese nicht ausschließen (vgl. VwGH 04.05.2017, Ra 2017/08/0029, mwN).

Auch der Bestand einer Einstellungszusage wurde nicht als ausreichend erkannt, um die Nichtgewährung der Nachsicht als rechtswidrig erscheinen zu lassen (vgl. VwGH 18.10.2000, 99/08/0116, mwN).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer zwar beantragt, doch erscheint diese im gegenständlichen Fall nicht geboten, da sich der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt und – soweit fallgegenständlich relevant – vom Beschwerdeführer gar nicht bestritten wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf die oben zitierte eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Bestimmungen des §§ 9 und 10 AlVG.