Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., vertreten durch die Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. August 2022, Zl. W139 2253938 1/22E, und den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. August 2022, Zl. W139 2253938 2/3E, betreffend ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: P ZT GmbH, vertreten durch die Huber Berchtold Rechtsanwälte OG in Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Die Revisionswerberin führte als öffentliche Auftraggeberin (im Folgenden: Auftraggeberin) im Jahr 2022 ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages (betreffend die Generalplanerleistungen [inklusive Haus- und Funktionstechnik] zur Funktionssanierung eines näher bezeichneten Bildhauerateliers) im Oberschwellenbereich durch.
2Die mitbeteiligte Partei gab einen Teilnahmeantrag ab. Mit Schreiben vom 7. April 2022 informierte die Auftraggeberin die mitbeteiligte Partei darüber, dass ihr Teilnahmeantrag gemäß § 141 Abs. 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 ausgeschieden werden müsse.
3 2.1. Mit Erkenntnis vom 8. August 2022 gab das Verwaltungsgericht dem Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei statt und erklärte die Ausscheidensentscheidung der Auftraggeberin (Nicht-Zulassung zur Teilnahme) für nichtig. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 2.2. In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die mitbeteiligte Partei eine Eigenerklärung im Sinn der Ausschreibungsunterlagen abgegeben und überdies bezüglich der Unterlagen zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit auf die dem Angebot beiliegende Führungsbestätigung des ANKÖ verwiesen habe. In der Eintragung im ANKÖ seien für die Architektin Dipl.-Ing. P-G und den Architekten Dipl. Ing. P Strafregisterbescheinigungen hinterlegt gewesen, die jeweils vom 17. März 2021 datierten und keine Verurteilung aufwiesen. Am 24. März 2022 sei die mitbeteiligte Partei von der Auftraggeberin aufgefordert worden, bis 25. März 2022, 17:00 Uhr, weitere Unterlagen zu übermitteln, darunter zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit einen
„Auszug aus dem Strafregister (maximal 3 Monate alt) gemäß Punkt 7.2. der Einlage 1. ‚Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages‘, aus dem hervorgeht, dass zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist (ie. 23.02.2022) keine rechtskräftige Verurteilung gegen in der Geschäftsführung tätige Personen der [mitbeteiligten Partei] vorliegt, die einen dort (Pkt. 7.2) angeführten Tatbestände betrifft.“
Die mitbeteiligte Partei sei der Aufforderung der Auftraggeberin am 24. März 2022 dahingehend nachgekommen, dass sie für die Architektin Dipl. Ing. P-G und den Architekten Dipl.-Ing. P Strafregisterbescheinigungen vorgelegt habe, die vom 24. März 2022 datierten und keine Verurteilungen aufwiesen.
Am 7. April 2022 sei der mitbeteiligten Partei von der Auftraggeberin über die Vergabeplattform bekannt gegeben worden, dass ihr Teilnahmeantrag ausgeschieden werden müsse. Dies sei von der Auftraggeberin damit begründet worden, dass die Strafregisterauszüge nicht die geforderte Aktualität aufwiesen bzw. erst zu einem Zeitpunkt erstellt worden seien, der nach dem Ende der Teilnahmefrist liege. Es sei so die AuftraggeberinAufgabe von Bewerbern und Bietern, sich zeitgerecht um die Ausstellung von Strafregisterbescheinigungen zu kümmern. Darüber hinaus liege in einer solchen Konstellation auch ein unbehebbarer Mangel vor, weil die mitbeteiligte Partei die erforderlichen Unterlagen erst am 24. März 2022 beschafft habe, obwohl diese bis spätestens 23. Februar 2022 zu beschaffen gewesen wären. Der Teilnahmeantrag sei daher mit einem unbehebbaren Mangel behaftet und somit gemäß § 141 Abs. 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden.
5Ausgehend von diesen Feststellungen führte das Verwaltungsgericht in seinen rechtlichen Erwägungen aus, dass die Strafregisterbescheinigungen, die beim ANKÖ hinterlegt seien, nicht die geforderte Aktualität aufwiesen und daher den Teilnahmeantrag mit einem Mangel behafteten, weil der Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit im Sinn des § 82 Abs. 2 Z 1 BVergG 2018 nicht mit einem entsprechend aktuellen Nachweismittel habe erbracht werden können. Für eine derart veraltete Strafregisterbescheinigung könne die in der Ausschreibung festgelegte Vermutung, das Nichtvorliegen der einschlägigen Straftatbestände für den maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist nachzuweisen, nicht ins Treffen geführt werden. Die Auftraggeberin habe die mitbeteiligte Partei zu Recht zur Mängelbehebung aufgefordert, weil die im ANKÖ hinterlegten Strafregisterbescheinigungen nicht die gewünschte Aktualität aufgewiesen hätten. Die Teilnahmeunterlagen sähen nicht vor, dass die Vorlage der Strafregisterbescheinigung zwingend mit dem Teilnahmeantrag bei sonstigem Ausscheiden bzw. Nichtberücksichtigung des Teilnahmeantrages erfolgen müsse. Es handle sich um einen verbesserbaren Mangel.
6 Die mitbeteiligte Partei sei dem Ersuchen um Behebung des in der Vorlage eines nicht hinreichend aktuellen und damit für den Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit nicht geeigneten Strafregisterauszuges liegenden Mangels des Teilnahmeantrages nachgekommen, wenngleich die nachgereichten Strafregisterbescheinigungen nicht im Zeitraum zwischen 23. November 2021 und 23. Februar 2022 entstanden seien.
7Die Strafregisterbescheinigungen vom 17. März 2021 und vom 24. März 2022 seien in deren Zusammenschau aber geeignet, das Vorliegen der beruflichen Zuverlässigkeit im Sinn des § 82 Abs. 2 Z 1 BVergG 2018 darzutun. Eine Verbesserung der Wettbewerbsstellung der mitbeteiligten Partei sei mit dieser Vorgehensweise nicht eingetreten. Die Anforderungen an das erforderliche Ausmaß der Eignung blieben unberührt. Auch könne nicht erkannt werden, dass die bloße Zusammenschau zweier Strafregisterbescheinigungen, deren Ausstellungsdatum ein Jahr auseinanderliege, bei der Prüfung des Vorliegens eines Ausschlussgrundes einen derart erheblichen Ermittlungsaufwand im Rahmen der Angebotsprüfung verursachen würde, dass er der Auftraggeberin nicht zuzumuten wäre bzw. eine Ungleichbehandlung der Bieter bzw. Bewerber nach sich ziehen würde.
8Die mitbeteiligte Partei habe den Mangel des Teilnahmeantrages daher fristgerecht behoben. Die Auftraggeberin habe die gegenständliche Ausscheidensentscheidung bzw. Nichtzulassung zur Teilnahme daher weder auf den Ausscheidensgrund des § 141 Abs. 1 Z 2 BVergG 2018 noch auf jenen gemäß § 141 Abs. 1 Z 7 BVergG 2018 stützen können. Die angefochtene Entscheidung der Auftraggeberin stelle sich somit als rechtswidrig dar.
9 3.1. Mit Beschluss vom 10. August 2022 gab das Verwaltungsgericht dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Ersatz der für den Nachprüfungsantrag entrichteten Pauschalgebühr statt und verpflichtete die Auftraggeberin, der mitbeteiligten Partei die entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von € 2.160,-- binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses zu Handen ihres Rechtsvertreters zu ersetzen.
Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
10 3.2. Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass die mitbeteiligte Partei einen Nachprüfungsantrag gegen die Ausscheidensentscheidung bzw. Nicht Zulassung zur Teilnahme vom 7. April 2022 eingebracht, die Pauschalgebühr in entsprechender Höhe nachweislich entrichtet und deren Ersatz durch die Auftraggeberin beantragt habe.
11Mit Erkenntnis vom 8. August 2022 sei diesem Nachprüfungsantrag stattgegeben und die angefochtene Entscheidung für nichtig erklärt worden. Die mitbeteiligte Partei habe damit obsiegt. Aus diesem Grund bestehe der Anspruch auf Ersatz der für den Nachprüfungsantrag entrichteten Pauschalgebühr gemäß § 341 Abs. 1 BVergG 2018 zu Recht.
12 4. Gegen diese Entscheidungen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
13 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
14Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 6.1. In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bindung des Auftraggebers an bestandfeste Ausschreibungsunterlagen ab.
Das Verwaltungsgericht habe festgestellt, dass nach dem objektiven Erklärungswert der gegenständlichen Teilnahmeunterlagen zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit die Vorlage von Strafregisterbescheinigungen erforderlich sei, die im Zeitraum zwischen 23. November 2021 und 23. Februar 2022 erstellt worden sein müssten. Das Verwaltungsgericht gehe in der Folge nicht mehr von einer strengen Bindung des Auftraggebers an die bestandfesten Teilnahmeunterlagen aus, indem es Strafregisterbescheinigungen als zulässigen Nachweis erachte, die offenkundig nicht den Vorgaben der bestandfesten Teilnahmeunterlagen entsprächen, weil sie nicht im genannten Zeitraum erstellt worden seien.
17 6.2. Nach der von der Revision ins Treffen geführtenRechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Auftraggeber bei der Eignungsprüfung an die bestandfesten Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen gebunden und hat hinsichtlich aller Bieter den gleichen Maßstab zugrunde zu legen (vgl. etwa VwGH 15.3.2017, Ra 2014/04/0052, Pkt. 3.2.).
Ausschreibungsbestimmungen sind nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, dass einer in vertretbarer Weise vorgenommenen einzelfallbezogenen Auslegung von Parteierklärungen oder Ausschreibungsunterlagen keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. nochmals VwGH 27.2.2019, Ra 2019/04/0019, Rn. 17 f, mwN).
18 Die Revisionswerberin sieht ein Abgehen des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung zur Bindung an die bestandfesten Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen im vorliegenden Fall deshalb als gegeben an, weil das Verwaltungsgericht die vorgelegten Strafregisterbescheinigungen entgegen den diesbezüglichen Vorgaben in der Ausschreibung als zulässig angesehen habe. Diese Sichtweise stützt die Revisionswerberin darauf, dass die Strafregisterbescheinigungen nach den Ausschreibungsunterlagen zwischen 23. November 2021 und 23. Februar 2022 erstellt worden sein müssten.
19 Dem ist entgegenzuhalten, dass die Ausschreibungsunterlagen lediglich fordern, dass die Strafregisterbescheinigung „maximal drei Monate alt“ sein darf. Dementsprechend hat die Auftraggeberin in ihrem Schreiben vom 24. März 2022 die Revisionswerberin zum Nachweis ihrer beruflichen Zuverlässigkeit auch um Übermittlung
„eines Auszuges aus dem Strafregister (maximal 3 Monate alt) gemäß Punkt 7.2 der Einlage 1.1 ‚Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages‘ [ersucht], aus dem hervorgeht, dass zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist (ie. 23.02.2022) keine rechtskräftige Verurteilung gegen in der Geschäftsführung tätige Personen der [mitbeteiligten Partei] vorliegt, die einen dort (Pkt. 7.2) angeführten Tatbestände betrifft. [...].“
20 Punkt 7.2 „Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit“ der Ausschreibungsunterlagen (Einlage 1.1, Punkt 7. [„Eignungskriterien und Eignungsnachweise“]) verlangt eine Bestätigung des Vorliegens der beruflichen Zuverlässigkeit in der Eigenerklärung und auf Aufforderung einen aktuellen Auszug aus einem Berufs- oder Handelsregister, dem Strafregister oder eine gleichwertige Bescheinigung einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes des Unternehmers (maximal drei Monate alt), aus dem/der hervorgeht, dass keine rechtskräftige Verurteilung gegen die Unternehmer oder sofern es sich um juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts, eingetragene Erwerbsgesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt
21 gegen in deren Geschäftsführung tätige physische Personen vorliegt, die einen der näher genannten Straftatbestände betrifft.
22 Vor diesem Hintergrund erweist sich die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, dass die mitbeteiligte Partei mit der Vorlage der mit 24. März 2022 datierten Strafregisterbescheinigungen dem Ersuchen um Behebung des Mangels des Teilnahmeantrages nachgekommen sei, als nicht unvertretbar (im Sinn der in Rn. 17 dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes), zumal das Verwaltungsgericht nachvollziehbar begründete, warum die (veralteten) Strafregisterbescheinigungen vom 17. März 2021 und jene vom 24. März 2022 in deren Zusammenschau geeignet seien, das Vorliegen des nachzuweisenden Umstandes nämlich die berufliche Zuverlässigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt (Ende der Teilnahmefrist am 23. Februar 2022) darzutun. Auf Grund des zeitlichen Abstands der Bescheinigungen von deutlich weniger als der hier maßgeblichen fünfjährigen Tilgungsfrist könne so das Verwaltungsgericht über den maßgeblichen Zeitpunkt eine eindeutige Aussage getroffen werden, die darüber hinaus auch den gesamten nach den Angaben der Teilnahmeunterlagen nachzuweisenden Zeitraum abdecke.
23 Damit liegt aber entgegen dem Revisionsvorbringen auch kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bindung an die Ausschreibungsunterlagen vor.
24 7.1. Die Revisionswerberin bringt zudem vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Prüfung des Vorliegens bestimmter Ausschlussgründe ohne weiteren Ermittlungsaufwand ab. Entgegen dieser Rechtsprechung sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Auftraggeberin eine solche Prüfung im vorliegenden Fall zumutbar wäre. Bei den gegenständlichen Strafregisterbescheinigungen handle es sich um amtliche Bestätigungen, die es dem Auftraggeber ermöglichen sollten, das Vorliegen von Ausschlussgründen ohne weiteren Ermittlungsaufwand zu prüfen und so das Vergabeverfahren abzuführen.
25 7.2.In dem von der Revisionswerberin herangezogenen Erkenntnis vom 15. März 2017, Ra 2014/04/0052, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, aus der (dort maßgeblichen) Ausschreibungsbestimmung ergebe sich, dass die Möglichkeit der Vorlage gleichwertiger, also das Nichtvorliegen des Ausschlussgrundes des § 68 Abs. 1 Z 6 BVergG 2006 in anderer Form bestätigender Dokumente auf jene Fälle beschränkt ist, in denen auf Grund der Herkunft des Bieters der Nachweis in Form einer Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO nicht in Betracht kommt. Die Rückstandsbescheinigung stellt eine amtliche Bestätigung dar, die es dem Auftraggeber ermöglichen soll, das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen des Ausschlussgrundes nach § 68 Abs. 1 Z 6 BVergG 2006 ohne weiteren Ermittlungsaufwand zu prüfen und so das Vergabeverfahren rascher abzuführen. Dem würde eine uneingeschränkte Verpflichtung des Auftraggebers, die Gleichwertigkeit anderer, vom ausdrücklich geforderten Dokument abweichender Nachweise zu prüfen, zuwiderlaufen.
26 Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um die Prüfung der Gleichwertigkeit anderer, von der geforderten Strafregisterbescheinigung abweichender Nachweise, sondern um die Zusammenschau zweier Strafregisterbescheinigungen (deren Ausstellungsdatum ein Jahr auseinanderliegt) und die Prüfung, ob zum maßgeblichen Zeitpunkt (23. Februar 2022) ein Ausschlussgrund vorgelegen ist oder nicht.
27 Ein Abweichen von der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist somit nicht ersichtlich.
28 8.1. In der Revision wird schließlich ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verbesserung der Wettbewerbsstellung bei nachträglicher Einholung von Nachweisen gerügt. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht keine Verbesserung der Wettbewerbsstellung angenommen, obwohl die mitbeteiligte Partei damit vier Wochen länger Zeit gehabt habe, ihren Teilnahmeantrag auszuarbeiten.
29 8.2. Nach der von der Revision hier angeführten Rechtsprechung ist bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell verbessert würde. Dem steht auch nicht die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter verbundene Vorgabe entgegen, dass alle Angebote den Vorschriften der Verdingungsunterlagen (Ausschreibungsunterlagen) entsprechen müssen, damit ein objektiver Vergleich der Angebote der einzelnen Bieter gewährleistet ist. Ändert die Möglichkeit der Mängelbehebung doch nichts daran, dass (letztlich) die Angebote den Vorschriften der Verdingungsunterlagen entsprechen müssen. Eine andere Sicht könnte freilich auch dann gegeben sein, wenn durch eine Mängelbehebung eine (wenn auch nur mittelbare) materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung insofern eintreten würde, als damit nicht alle Bieter nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung über denselben Zeitraum verfügen würden, um ihre Angebote auszuarbeiten, also dem diesbezüglichen Bieter durch die Möglichkeit der Mängelbehebung ein größerer Zeitraum zur Ausarbeitung seines Angebotes eingeräumt würde (vgl. VwGH 25.2.2004, 2003/04/0186, mwN).
30 Dass im vorliegenden Fall der mitbeteiligten Partei durch die ihr eingeräumte Möglichkeit, aktualisierte Strafregisterbescheinigungen nachzureichen, ein größerer Zeitraum zur Ausarbeitung ihres Angebotes zu Verfügung gestanden wäre, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. Wie vom Verwaltungsgericht nachvollziehbar dargelegt, ist nicht erkennbar, dass sich die mitbeteiligte Partei insofern einen maßgeblichen finanziellen, zeitlichen oder sonstigen Aufwand bei der Ausarbeitung des Teilnahmeantrages erspart hätte.
31 9. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
32Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 19. November 2025
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