JudikaturVwGH

Ra 2025/13/0048 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Stüger, über die Revision des Mag. Dr. A N, Rechtsanwalt in W, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 25. Februar 2025, Zl. RV/7500596/2024, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde (Streichung der Vormerkung nach dem Gebrauchsabgabegesetz) (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien Abteilung 6 Rechnungs und Abgabenwesen), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber brachte mit einer an die belangte Behörde gerichteten Eingabe vom 10. Oktober 2024 vor, er (und weitere Einschreiter) seien mit Strafverfügungen vom 8. August 2023 wegen nicht erwirkter Gebrauchserlaubnis und entrichteter Gebrauchsabgaben für die Jahre 2020 und 2021 bestraft worden; die Strafen seien auch jeweils bezahlt worden. In Straferkenntnissen vom 13. September 2024 (in einer anderen Angelegenheit) sei insbesondere ausgeführt worden, dass der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit dem Revisionswerber (und einem weiteren Einschreiter) nicht zukomme, da dem Verwaltungsstrafregisterauszug zu entnehmen sei, dass eine Vormerkung nach dem Gebrauchsabgabegesetz bestehe. Für eine Vormerkung für Verwaltungsstrafen nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz sei aber keine gesetzliche Grundlage ersichtlich. Er habe daher „die Aufforderung auszusprechen, die bezogenen Vormerkungen nach dem Gebrauchsabgabegesetz sofort zu streichen und mich über die erfolgte Streichung einlangend bis 24.10.2024 zu informieren“.

2 Die belangte Behörde antwortete auf diese Eingabe mit Schreiben vom 22. Oktober 2024. Dieses lautet auszugsweise:

„Begehren des Streichung von verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen nach dem Gebrauchsabgabegesetz; Stellungnahme

Guten Tag, [Revisionswerber]!

Zu Ihrem Schreiben vom 10.10.2024 können wir Ihnen Folgendes mitteilen:

Zur Bemessung von Verwaltungsstrafen:

[...]

Zur Tilgung von Verwaltungsstrafen:

[...]

Zum Vorwurf, die Behörde hätte rechtswidrig ein österreichweites Vormerksystem in Verwendung:

[...]

Zum Antrag auf Streichung nicht getilgter verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen bzw. zur Frage der Rechtmäßigkeit der Verwertung vorhandener Vormerkungen im Zuge der Strafbemessung durch die Verwaltungsstrafbehörde:

[...]

Abschließend ist zu bemerken, dass die Berücksichtigung und Verwertung der vorhandenen, nicht getilgten Vormerkungen im Lichte der obigen Ausführungen rechtmäßig war und es auch keine Rechtsgrundlage dafür gibt, diese zu streichen. Im Übrigen werden die angesprochenen Vormerkungen spätestens nach Ablauf von 5 Jahren ab deren Rechtskraft im Einklang mit den Vorgaben des § 55 VStG getilgt sein.

Freundliche Grüße

Der Abteilungsleiter

[...]“

3 Der Revisionswerber erhob gegen diese Erledigung Beschwerde. Er führte darin u.a. aus, die Erledigung werde vorsichtshalber als Bescheid qualifiziert und angefochten, weil dem Antrag auf Streichung der Vormerkungen nicht Rechnung getragen worden sei und nicht riskiert werden solle, dass später die Behörde ihre „Stellungnahme“ als den Antrag auf Streichung rechtskräftig abweisenden Bescheid qualifiziere.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unzulässig zurück. Es sprach aus, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.

5 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, ein Antrag auf Streichung nicht getilgter Vormerkungen sei gesetzlich nicht normiert, sodass keine Verpflichtung der belangten Behörde bestanden habe, darüber bescheidmäßig abzusprechen. Spreche die Behörde über einen Parteienantrag expressis verbis nicht in Bescheidform ab, so sei eine dagegen erhobene Beschwerde auch dann als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Abgabepflichtige einen Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung haben sollte, da es nicht darauf ankomme, ob die Behörde einen Antrag bescheidmäßig hätte erledigen müssen, sondern nur darauf, ob es ihn bescheidmäßig erledigt habe. Der von der Behörde verfassten Mitteilung komme auch deswegen kein Bescheidcharakter zu, als sie nicht normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend über eine Angelegenheit des Verwaltungsstrafrechtes entschieden habe. Die Beschwerde sei somit ohne inhaltliches Eingehen auf das Beschwerdevorbringen als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

6 Da sich die rechtlichen Konsequenzen einer unzulässigen Beschwerde aus dem Gesetz ergäben, sei die ordentliche Revision für nicht zulässig zu erklären gewesen.

7 Gegen diesen Beschluss wendet sich die vorliegende Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst geltend gemacht, die Begründung des Bundesfinanzgerichts zur Frage der Zulässigkeit der Revision sei verfassungswidrig, hätte doch das Bundesfinanzgericht ausführen müssen, warum die zu lösende Rechtsfrage nicht von grundsätzlicher Bedeutung sei. Konsequenz der sich daraus ergebenden „Nicht Überprüfbarkeit“ dieses Ausspruches könne nur sein, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Ansonsten wäre begründungslosen „Unzulässig Erklärungen“ ordentlicher Revisionen Tür und Tor geöffnet, was dem Bundesverfassungsgesetzgeber nicht unterstellt werden könne.

12 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG „kurz zu begründen“ hat. Allerdings ist der Verwaltungsgerichtshof an diese Begründung nicht gebunden, sondern beurteilt die Zulässigkeit anhand der in der Revision vorgebrachten Gründe im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG. Der Revisionswerber war durch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht daran gehindert, entsprechende Gründe für die Zulässigkeit der Revision geltend zu machen. Das Fehlen einer näheren Begründung des Ausspruches nach § 25a Abs. 1 VwGG führt für sich betrachtet nicht dazu, dass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG gegeben wären (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes z.B. VwGH 26.2.2015, Ra 2015/16/0006; 24.10.2024, Ra 2023/04/0120; 11.2.2025, Ra 2024/10/0161, je mwN).

13 Weiters macht der Revisionswerber geltend, das Bundesfinanzgericht weiche von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach die belangte Behörde jedenfalls bescheidmäßig über den Antrag des Revisionswerbers zu entscheiden habe (entweder abweisend oder zurückweisend).

14 Der Revisionswerber zeigt damit zutreffend auf, dass die Behörde über Anträge auch dann, wenn sie unzulässig sind, mit (allenfalls zurückweisendem) Bescheid zu entscheiden hat. Ein Erledigungsanspruch besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob die Erledigung eine meritorische, also eine (stattgebende oder ablehnende) Sachentscheidung zu sein hat, oder bloß in einer verfahrensrechtlichen Entscheidung (etwa einer Zurückweisung) besteht (vgl. VwGH 3.10.2023, Ra 2022/12/0022, mwN).

15 Der Begründung des angefochtenen Beschlusses kann aber nicht entnommen werden, dass Grund für die Zurückweisung der Beschwerde des Revisionswerbers der Umstand sei, dass (wie das Bundesfinanzgericht eingangs seiner rechtlichen Erwägungen behauptet) keine Verpflichtung bestünde, über den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid abzusprechen. Wie das Bundesfinanzgericht sodann in seiner Begründung fortsetzt, kommt es nämlich nicht darauf an, ob die Behörde den Antrag mit Bescheid hätte erledigen müssen, sondern darauf, ob sie ihn mit Bescheid erledigt hat. Die Zulässigkeit einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht setzt einen wirksam erlassenen Bescheid, gegen den sie sich richtet, voraus (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0070).

16 Alleiniger tragender Grund für die Zurückweisung der Beschwerde ist nach der (wenn auch allenfalls missverständlichen) Begründung die Annahme des Bundesfinanzgerichts, dass es sich bei der durch Beschwerde bekämpften Erledigung um keinen Bescheid handelt. Dass es sich bei der behördlichen Erledigung im vorliegenden Fall um keinen Bescheid handelt, wird in der Revision nicht (mehr) bekämpft.

17 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Mai 2025

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