JudikaturVwGH

Ra 2016/10/0151 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 2017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. E W und 2. A W, beide in Salzburg und vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 27. Oktober 2016, Zl. LVwG- 1/223/37-2016, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - im fortgesetzten Verfahren nach Aufhebung des Bescheides der Salzburger Landesregierung vom 1. März 2011 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Oktober 2014, Zl. 2011/10/0058, - das Ansuchen der revisionswerbenden Parteien auf naturschutzbehördliche Bewilligung für den Um- und Zubau eines Pferdestalles mit Auslauf sowie die Neuerrichtung einer Bewegungshalle für Pferde auf näher genannten Grundstücken im Landschaftsschutzgebiet Salzburg-Süd abgewiesen.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Die Revision macht in der Zulässigkeitsbegründung geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche vom genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Oktober 2014 ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe in diesem Erkenntnis "die Wertung, dass der Umsetzung der beantragten Maßnahmen im konkreten (Einzel )Fall der Vorrang vor den Interessen des Naturschutzes zukommen kann, nicht bemängelt". Vielmehr habe der Gerichtshof bloß gerügt, dass die Frage, ob alle Alternativlösungen weniger geeignet seien als die beantragte Maßnahme, nicht vollständig beantwortet worden sei. Von dieser vom Verwaltungsgerichtshof "anerkannten Wertung" weiche das angefochtene Erkenntnis ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe "keinen Zweifel daran gelassen, dass den existenzsichernden Maßnahmen, die von den Bewilligungswerbern beantragt worden waren, im Einzelfall der Vorrang gegenüber den Naturschutzinteressen zukommen würde".

6 Mit diesem Vorbringen wird schon deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, weil die zuletzt wiedergegebene Annahme der revisionswerbenden Parteien nicht zutrifft: Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 8. Oktober 2014 den dort angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 1. März 2011 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil schon die Annahme der Salzburger Landesregierung, zur beantragten Maßnahme bestehe gemäß § 3a Abs. 2 Z. 2 Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (Sbg. NSchG) nachweislich keine geeignete, die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Alternativlösung, nicht auf einem mängelfreien Verfahren beruhte. Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Parteien hat der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, ob gemäß § 3a Abs. 2 Z. 1 Sbg. NSchG den anderen öffentlichen Interessen im Einzelfall der Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommt, keine Aussagen getroffen. Der Gerichtshof hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen - das auch die Beurteilung nach § 3a Abs. 2 Z. 1 Sbg. NSchG betraf - erübrigte. Ein Abweichen vom hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 2014 kann mit dem wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen somit nicht dargelegt werden.

7 Die Revision macht in der Zulässigkeitsbegründung auch geltend, die Klärung der Frage, "wann einem anderen öffentlichen Interesse der Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommt und welche Kriterien dafür erfüllt sein müssen", stelle eine grundsätzliche Rechtsfrage dar. Dazu genügt es auf das Vorerkenntnis vom 8. Oktober 2014 zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf Vorjudikatur u. a. Folgendes ausgeführt hat:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt darauf hingewiesen, dass einem auf Grund einer Interessenabwägung ergehenden Bescheid eine Wertentscheidung zu Grunde liegt; in der Regel sind die konkurrierenden Interessen nicht berechen- und damit an Hand zahlenmäßiger Größen konkret vergleichbar. Dieser Umstand erfordert es, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzise zu erfassen und einander gegenüber zu stellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen. Die Rechtmäßigkeit der Wertentscheidung ist somit im Allgemeinen daran zu messen, ob das ‚Abwägungsmaterial' in einer diesen Grundsätzen entsprechenden Weise in der Begründung des Bescheides dargelegt wurde und die Abwägung der konkurrierenden Interessen im Einklang mit Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und - gegebenenfalls - Erkenntnissen der Wissenschaft erfolgte. Entspricht die Begründung eines Bescheides, der auf einer Interessenabwägung beruht, diesen Anforderungen, so kann mit der bloßen Behauptung, die Behörde habe zu Unrecht den einen oder den anderen öffentlichen Interessen höheres Gewicht beigemessen, keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt werden; liegt es doch im Wesen einer solchen Interessenabwägung, dass sich die Behörde für die Zurückstellung der einen oder der anderen Interessen zu entscheiden hat ..."

Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Parteien wurde die in der Zulässigkeitsbegründung angesprochene Frage in der hg. Judikatur daher bereits behandelt.

8 Soweit die Revision in der Zulässigkeitsbegründung zudem unter bloß auszugsweiser Wiedergabe von Begründungsteilen des angefochtenen Erkenntnisses behauptet, mit seiner "den Anforderungen des VwGH an eine Interessensabwägung nicht genügenden Wertentscheidung" sei das Verwaltungsgericht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wird damit schon mangels jeglicher Konkretisierung eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt.

9 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2017

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