Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, in der Revisionssache der R D in Wien, vertreten durch Dr. Anton Krautschneider, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Trautsongasse 6, über den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Jänner 2015, Zl. W216 2010269- 1/7E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Arbeitslosengeld, den Beschluss gefasst:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Mit hg. Beschluss vom 25. März 2015, Zl. Ra 2015/08/0018-5, wurde die außerordentliche Revision der nunmehrigen Antragstellerin als verspätet zurückgewiesen. Dem lag zugrunde, dass der Rechtsvertreter der Antragstellerin - entgegen § 25a Abs. 5 VwGG - das Rechtsmittel nicht beim Bundesverwaltungsgericht sondern unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht hatte (Einlangen am letzten Tag der Frist). Der - für die weitere Behandlung unzuständige - Verwaltungsgerichtshof hatte die Revision an das Verwaltungsgericht weiterzuleiten, wobei die Übersendung und das dortige Einlangen erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist - und damit verspätet - erfolgt waren.
Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist mit dem wesentlichen Vorbringen, ihr Rechtsvertreter habe die Revision konzipiert, wobei im Entwurf zunächst der Verwaltungsgerichtshof als Adressat aufgeschienen sei. Der Rechtsanwalt habe das Konzept kontrolliert, den Adressaten korrigiert und die Endfassung unterfertigt, die Abfertigung an das Verwaltungsgericht sei aber aus einem nicht nachvollziehbaren Grund vorerst unterblieben. Als dies nach einiger Zeit aufgefallen war, habe der Rechtsvertreter seiner Kanzleikraft den Auftrag erteilt, die Revision in der Letztfassung auszudrucken; er habe dann die ausgedruckte Version neuerlich unterschrieben, die in der Folge auch abgefertigt worden sei. Erst durch die Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofs sei bekannt geworden, dass die abgefertigte Version nicht die Endfassung gewesen sei, zumal - wohl infolge eines EDV-Fehlers und eines unrichtigen Speicherns, letztlich aber aus einem nicht nachvollziehbaren Grund - "der bereits geänderte Adressat wieder in die letztlich versandte Revision geraten" sei. Die Kanzleikräfte des Rechtsvertreters seien sehr gut ausgebildet und würden von diesem stets überwacht, trotz Einhaltung der gebotenen Sorgfalt und bisheriger objektiver Eignung und Bewährung der Kanzleiangestellten sei das aufgezeigte Versehen (erstmals) unterlaufen. Der Rechtsvertreter habe trotz höchster Aufmerksamkeit durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis - nämlich das Versenden der nicht freigegebenen Letztversion auf Grund einer entschuldbaren Fehlleistung seiner Kanzleikraft - die Revisionsfrist versäumt. Da kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens vorliege, werde die Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen die Fristversäumung begehrt.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung kommt keine Berechtigung zu.
1.1. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten (vgl. den hg. Beschluss vom 17. Dezember 2012, Zl. 2012/04/0140). Ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis gibt nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei ab, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hierbei nur um einen minderen Grad des Versehens handelte (vgl. den hg. Beschluss vom 9. April 1997, Zl. 97/13/0048).
Der Begriff des minderen Grads des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Die Partei bzw. ihr Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, das heißt die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben, wobei an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige Personen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Jänner 2013, Zl. 2013/10/0002).
2.1. Im konkreten Fall ist der vorgebrachte Sachverhalt keineswegs dazu angetan, das dem Rechtsvertreter der Antragstellerin an der Fristversäumung anzulastende Verschulden bloß als einen minderen Grad des Versehens zu qualifizieren.
2.2. Entscheidend ist, dass der Rechtsvertreter - wie im Antrag vorgebracht wird - die letztlich abgefertigte Fassung der Revisionsschrift persönlich unterfertigt hat, obwohl diese nicht an das zuständige Verwaltungsgericht, sondern an den Verwaltungsgerichtshof adressiert war.
Damit hat aber der Rechtsvertreter seine anwaltlichen Pflichten verletzt, die Richtigkeit des von ihm zu unterfertigenden Schriftsatzes anlässlich der Unterschriftsleistung (nochmals) zu überprüfen (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Juli 1992, Zl. 92/18/0301; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/15/0134). Der Rechtsvertreter kann diesbezüglich nicht aus seiner Verantwortung entlassen werden, und zwar auch dann nicht, wenn er sich bei der Vorbereitung des Schriftsatzes (Reinschrift) technischer Hilfsmittel sowie zuverlässiger Kanzleikräfte bedient hat (vgl. die hg. Beschlüsse vom 20. Dezember 1996, Zl. 96/02/0578, und den schon zitierten hg. Beschluss vom 20. Juli 1992).
Im Wiedereinsetzungsantrag wird nicht ausgeführt, warum bzw. wodurch der Rechtsanwalt bei der Unterfertigung daran gehindert worden wäre, die ihm prinzipiell zumutbare Kontrolle der richtigen Adressierung des Schriftsatzes durchzuführen. Dabei ist hervorzuheben, dass die unrichtige Adressierung aus dem Rubrum - wo auch die Unterschrift erfolgte - leicht zu ersehen war; zudem musste die Aufmerksamkeit des Rechtsvertreters besonders auf diesen Punkt gerichtet sein, will er doch insofern schon das ursprüngliche Konzept korrigiert haben.
2.3. Davon ausgehend ist jedoch der Wiedereinsetzungsantrag von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil die Unterlassung der anlässlich der Unterfertigung der Revisionsschrift gebotenen Kontrolle durch den Rechtsanwalt nicht mehr als ein minderer Grad des Versehens zu erachten ist (vgl. die hg. Beschlüsse vom 20. August 1996, Zl. 96/16/0123, und vom 20. Juli 1992 (bereits zitiert) sowie das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1990 (bereits zitiert) mit weiteren Nachweisen).
3. Dem Wiedereinsetzungsantrag musste daher gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ein Erfolg versagt bleiben.
Wien, am 3. Juli 2015
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