Spruch
W609 2266727-2/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch seinen Richter Mag. Kuleff über die Beschwerde des XXXX , XXXX , StA. Syrien, gegen die als „Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens“ bezeichnete Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2025, 1291379703/241908878, in der Fassung der als „Beschwerdevorentscheidung“ bezeichneten Erledigung vom 05.05.2025:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Feststellungen:
Die im Verwaltungsakt des Beschwerdeführers liegende Urschrift der Beschwerdevorentscheidung vom 05.05.2025, die aufgrund des verfahrensgegenständliche Vorlageantrages vorgelegt wurde, bezeichnet auf der letzten Seite „ XXXX “ in Druckschrift als genehmigende Person. Die Urschrift weist zwar einen handschriftlichen Zusatz über dem gedruckten Namen „ XXXX “ auf, welcher offensichtlich eine Unterschrift darstellen soll, aus dieser Unterfertigung lässt sich jedoch mangels charakteristischer Merkmale der Name des Unterzeichners auch dann nicht herauslesen, wenn man seinen Namen kennt. Die „Unterfertigung“ – in grüner Tinte – hat ihren Ursprung in einem etwa 9 mm langen, etwa im 60°-Winkel nach rechts oben verlaufenden Strich und geht sodann nach einer 180°-Linkskurve, die über einen Kurvenradius von etwa 1 mm aufweist, in einen etwa 20 mm langen Strich nach links unten über. Sie endet in einem etwa 21 mm langen, geschwungenen, nach rechts gerichteten Haken. Etwa 2 mm rechts neben dem Ende des letztgenannten Hakens befindet sich ein etwa 17 mm langer, leicht nach links gekrümmter Schrägstrich. Die Identifikation einzelner Buchstaben ist nicht möglich.
Die als „Mitteilung über die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens“ bezeichnete Erledigung, über die mit der „Beschwerdevorentscheidung“ abgesprochen werden sollte, wurde mit einem vergleichbaren handschriftlichen Zusatz unterfertigt.
II. Erwägungen:
1. Beweiswürdigung:
Der feststellte Sachverhalt ergibt sich aus der unzweifelhaften Aktenlage.
2. Rechtlich folgt:
Zu A:
Gemäß § 18 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z. 1 E-Government-Gesetz [E-GovG]) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z. 5 E-GovG) der Erledigung treten.
Gemäß § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß § 18 Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
Im Anwendungsbereich von § 18 AVG muss jede Urschrift einer Erledigung einem bestimmten Menschen (Organwalter) zurechenbar bleiben (vgl. Verwaltungsgerichtshof [VwGH] 10.09.2015, Ra 2015/09/0043; 15.10.2014, Ra 2014/08/0009, jeweils unter Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG I², § 18 Rz. 8). Der VwGH hat festgehalten, dass unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat, die Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein muss (vgl. VwGH 15.20.2014, Ra 2014/08/0009). Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt keine Erledigung vor (vgl. VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018; 31.10.2014, Ra 2014/08/0015; 15.10.2014, Ra 2014/08/0009).
Gemäß § 18 Abs. 3 AVG muss also jede schriftliche Erledigung durch die Unterschrift – bzw. bei elektronisch erstellten Erledigungen durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung – genehmigt und einem bestimmten Organwalter zurechenbar sein. Andernfalls kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn ihre Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG genügt (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0070 unter Hinweis auf VwGH 29.11.2011, 2010/10/0252).
Eine Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG ist ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein „individueller Schriftzug“ sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. VwGH 04.09.2000, 98/10/0013 und 0014; VwGH 27.09.2005, 2004/06/0217).
Anhand dieser Kriterien sind jene Fälle zu beurteilen, in denen die Anzahl der Schriftzeichen der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entspricht (zur grundsätzlichen Vereinbarkeit mit dem Begriff der Unterschrift siehe VwGH 04.09.2000, 98/10/0013; 27.09.2005, 2004/06/0217), sondern das Schriftstück etwa lediglich ein „Namenskürzel“ aufweist (vgl. VwGH 28.04.2008, 2007/12/0168; die Qualität einer „Paraphe“ als Unterschrift [pauschal] verneinend VwGH 04.09.2000, 98/10/0013 [so auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts12 Rz. 190/4]; i. d. S. auch VwGH 06.04.1996, 91/10/0009; 06.05.1996, 91/10/0060; bejahend offenbar VwGH 21.09.2010, 2007/11/0277 [Rz. 24]). Aus der vom VwGH entwickelten Definition der Unterschrift wird abgeleitet, dass ihr keine „Mitteilungsfunktion (im Sinn einer Namensbekanntgabe […]), sondern eine Individualisierungsfunktion (im Sinn eines Identitätsmerkmals) zukommt“ (Raschauer in FS. Koja 591; vgl. auch Feik, EDV/ADV und Verwaltungsrecht – ausgewählte Probleme, in Jahnel/Schramm/Staudegger [Hrsg.], Informatikrecht [2000], 191 [233]; Hengstschläger/Leeb, AVG § 18 [Stand 01.01.2014, rdb.at] Rz. 23).
Eine Paraphe ist keine Unterschrift (vgl. VwGH 19.02.2018, Ra 2017/12/0051).
Im vorliegenden Fall wurde die Urschrift der Beschwerdevorentscheidung lediglich mit einer Paraphe unterfertigt. Verkannt wird nicht, dass es auf die Leserlichkeit einer Unterfertigung prinzipiell nicht ankommt, unstrittig ist aber ebenso, dass die (eine Nichterledigung nach sich ziehende) Paraphe von der (rechtskonformen) Unterschrift dadurch abzugrenzen ist, dass eine verständige Person den Namen des Unterfertigers, so dieser ihm bekannt ist, herauszulesen vermag und Individualität vorliegt. Gerade dies liegt im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor, hat doch der Name „ XXXX “ – selbst unter Zugrundelegung eines toleranten Beurteilungsmaßstabes – keinen erkennbaren Zusammenhang mit der verwendeten „Unterschrift“, die im Wesentlichen aus einem ca. 9 mm langen Strich, der im 60°-Winkel nach rechts oben verläuft, sodann in eine 180°-Linkskurve mit einem Kurvenradius von etwa 1 mm übergeht, die sich in einem etwa 20 mm langen Strich nach unten fortsetzt, der mit einem ca. 21 mm langen geschwungenen Haken nach rechts endet und ca. 2 mm rechts von einem ca. 17 mm langen leicht gekrümmten Schrägstrich ergänzt wird. Einzelne Buchstaben vermag das Bundesverwaltungsgericht – trotz eines toleranten Beurteilungsmaßstabes – in keiner Weise zu individualisieren. Eine Unterschrift muss nicht alle Buchstaben des Namens enthalten, um einer Erledigung zur Rechtsgültigkeit zu verhelfen. Zwar werden Unterschriften oft schwer lesbar gestaltet. Gerade Unterfertiger mit kurzem Namen (wie es gegenständlich der Fall ist) können freilich mit gewissen Herausforderungen konfrontiert sein, wenn sie für sich die gleichen Maßstäbe gelten lassen wollen, wie sie für Unterfertiger mit längerem Namen (sohin mehr Möglichkeiten zu Individualisierung) gelten. Dieser Umstand kann jedoch nicht zur Folge haben, dass Genehmigende mit kurzem Namen generell mit Paraphen, welche eine Individualisierung nicht ermöglichen, unterschreiben dürfen und dies verletzt erkennbar den Schutzzweck der Norm.
Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist.
Da im gegenständlichen Fall die Beschwerde des Beschwerdeführers mangels Vorliegen einer rechtswirksamen behördlichen Erledigung zurückzuweisen ist, konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu B:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.
Anhaltspunkte, wonach dem gegenständlichen Verfahren eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukommen würde, sind nicht hervorgekommen. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab (vgl. die zitierten Erkenntnisse des VwGH vom 06.04.1996, 91/10/0009; vom 06.05.1996, 91/10/0060; vom 04.09.2000, 98/10/0013; vom 27.09.2005, 2004/06/0217; vom 28.04.2008, 2007/12/0168; vom 21.09.2010, 2007/11/0277; vom 29.11.2011, 2010/10/0252; vom 15.10.2014, Ra 2014/08/0009; vom 31.10.2014, Ra 2014/08/0015; vom 11.11.2014, Ra 2014/08/0018; vom 10.09.2015, Ra 2015/09/0043; vom 24.10.2017, Ra 2016/10/0070; vom 19.02.2018, Ra 2017/12/0051), noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen sind nicht hervorgekommen.