Ro 2023/16/0015 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Im Urteil vom 13. Oktober 2022, DN, C-199/21, Rn. 38 hat der EuGH ausgesprochen, dass Art. 67 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. L 166 vom 30. April 2004, in der Fassung der Berichtigung ABl. L 200 vom 7. Juni 2004, (im Folgenden VO 883/2004) dahin auszulegen ist, dass eine Person, die in zwei Mitgliedstaaten Renten bezieht, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften beider dieser Mitgliedstaaten hat. Ist der Bezug solcher Leistungen in einem dieser Mitgliedstaaten nach den nationalen Rechtsvorschriften ausgeschlossen, kommen die Prioritätsregeln nach Art. 68 Abs. 1 und 2 VO 883/2004 nicht zur Anwendung. Diesem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass, wenn in einem Mitgliedstaat kein Anspruch auf Familienleistungen besteht, automatisch der andere Mitgliedstaat zur Gewährung ebensolcher Leistungen verpflichtet wäre. Scheidet aufgrund der nationalen Regelungen die Gewährung von Familienleistungen für denselben Familienangehörigen im ersten Mitgliedstaat aus, so hat der zweite Mitgliedstaat die Voraussetzungen für den Bezug dieser Leistungen im Einklang mit dem Unionsrecht nach den nationalen Regelungen zu prüfen. Es ist dem zweiten Staat in diesem Fall jedoch verwehrt, seine Zuständigkeit - gestützt auf die Prioritätsregeln nach Art. 68 Abs. 1 und 2 der VO 883/2004 - zu verneinen.