12 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Amtssachverständige sind grundsätzlich gemäß Art. 20 Abs 1 B-VG in dienstlicher Hinsicht weisungsgebunden. Allein darin kann aber kein Grund für eine Befangenheit oder den Anschein der Befangenheit gesehen werden. Sie sind bei der Erstattung ihrer Gutachten nämlich ausschließlich der Wahrheit verpflichtet und hinsichtlich des Inhaltes ihrer Gutachten an keine Weisungen gebunden, weil Gutachten den sie erstellenden (Amts )Sachverständigen persönlich zurechenbar sind. Davon gehen auch die Straftatbestände der §§ 288 und 289 StGB aus. Aus der fachlichen Weisungsfreiheit des Amtssachverständigen bei Erstattung seines Gutachtens kann jedoch nicht gefolgert werden, dass das VwG in jedem Fall Amtssachverständige heranziehen darf. Das VwG muss vielmehr stets prüfen, ob ein Amtssachverständiger unbefangen, unter anderem also tatsächlich unabhängig von der Verwaltungsbehörde ist, deren Bescheid beim VwG angefochten wird. Ob dies der Fall ist, hat das VwG stets nach den Umständen des Einzelfalls mit der gebotenen Sorgfalt zu untersuchen und zu beurteilen. Dies setzt auch voraus, dass das VwG selbst die Auswahl des Amtssachverständigen vornimmt (und nicht etwa einer anderen Stelle überlässt) und dabei dessen Qualifikation und das Vorliegen etwaiger Befangenheitsgründe bzw. Gründe für den Anschein der Befangenheit dieses Amtssachverständigen prüft. Darüber hinaus kommt dem Gutachten eines Amtssachverständigen im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) kein erhöhter Beweiswert zu und es kann diesem unter anderem durch ein Gegengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden (vgl. VfGH E 7. Oktober 2014, E 707/2014, VfSlg 19902/2014). Dieser Beurteilung ist auch der VwGH gefolgt (vgl. B 19. März 2015, Ra 2015/06/0024; B 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0046; E 22. Juni 2016, Ra 2016/03/0027).