JudikaturVwGH

Ra 2016/02/0159 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
24. Oktober 2016

Das BVwG hat nach dem klaren Wortlaut des § 22 Abs. 2a erster Satz FMABG 2001 idF BGBl. I Nr. 70/2013 über Beschwerden gegen Bescheide der Finanzmarktaufsichtsbehörde grundsätzlich durch Senat zu entscheiden. Ausgenommen davon sind lediglich Verfahren in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden (der Finanzmarktaufsichtsbehörde), in denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde; in diesen Verfahren ist nach der grundsätzlichen Festlegung in Art. 135 Abs. 1 B-VG sowie der organisationsrechtlichen Vorschrift des § 6 Abs. 1 BVwGG 2014 daher durch Einzelrichter zu entscheiden. Auch die Materialien zu § 22 Abs. 2a legcit (vgl. Erläuterungen: 2196 BlgNR 24. GP, S5) bieten keinen Anhaltspunkt, dieser Bestimmung einen vom Wortlaut abweichenden Bedeutungsinhalt zuzumessen. Zwar geht aus den oben zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage hervor, dass der Gesetzgeber die grundsätzliche Senatszuständigkeit bei der Entscheidung des BVwG über Beschwerden gegen Bescheide der Finanzmarktaufsichtsbehörde deshalb festgelegt hat, weil er davon ausging, dass Rechtsstreitigkeiten über Entscheidungen der Finanzmarktaufsichtsbehörde "entweder eine grundsätzliche Bedeutung iSv Art. 133 Abs. 4 B-VG aufweisen oder zumindest in tatsächlicher, in rechtlicher oder in beiderlei Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweisen." § 22 Abs. 2a legcit stellt jedoch - abgesehen von "Bagatellstrafverfahren" - in typisierender Weise ausschließlich auf die bescheiderlassende Behörde ab, nicht aber auf die Frage, ob eine Rechtssache tatsächlich "besondere Schwierigkeiten" im Sinne der Erläuterungen aufweist. Damit entspricht die Regelung auch dem Legalitätsprinzip des Art. 18 Abs. 1 iVm Art. 83 Abs. 2 B-VG, nach dem der Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH gerade in Bezug auf die Behörden- und Gerichtszuständigkeit zu einer präzisen, strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden Regelung verpflichtet ist und eine Zuständigkeitsfestlegung klar und unmissverständlich sein muss (vgl. VfGH 11. März 2015, G 199-200/2014). Auch auf die jeweilige rechtliche Grundlage der von der Finanzmarktaufsichtsbehörde erlassenen Bescheide kommt es nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht an. (Hier: Das "Auskunftsersuchen" hatte der Sache nach im Wesentlichen die Einsicht in Verwaltungsakten aufsichtsbehördlicher Verfahren der Finanzmarktaufsichtsbehörde zum Ziel und betraf damit einen Kernbereich der Finanzmarktaufsicht. Es lag daher keine "Bagatellstrafe" iSd § 22 Abs. 2a FMABG 2001 vor.)

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