Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Nigl, LL.M., und den Richter MMag. Klaus in der Firmenbuchsache der A* GmbH , FN **, **, wegen Offenlegung des Jahresabschlusses zum 31.12.2023, über den Rekurs der Gesellschaft und des Geschäftsführers B * , geboren am **, **, gegen die Beschlüsse des Handelsgerichts Wien vom 13.5.2025, ** 5 und 6, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Die A* GmbH ( Gesellschaft ) mit Sitz in ** ist seit 13.5.2023 zu FN ** im Firmenbuch eingetragen. Alleingesellschafter und -geschäftsführer ist B*. Stichtag für den Jahresabschluss ist der 31. Dezember.
Mit Zwangsstrafverfügungenvom 3.4.2025 verhängte das Erstgericht über die Gesellschaft (ON 1) und den Geschäftsführer (ON 2) wegen des Verstoßes gegen die Verpflichtung gemäß den §§ 277 ff UGB, die Unterlagen für die Rechnungslegung (Jahresabschluss etc) der Gesellschaft zum 31.12.2023 bis zum 30.9.2024 (Stichtag dieser Zwangsstrafverfügungen) vollständig beim Firmenbuchgericht einzureichen, jeweils eine Zwangsstrafe von EUR 700, .
Die Einreichung des Jahresabschlusses zum 31.12.2023 beim Firmenbuchgericht erfolgte am 23.4.2025.
Am 2.5.2025 brachte der Geschäftsführer im eigenen Namen und im Namen der Gesellschaft elektronisch einen Einspruch gegen die beiden Zwangsstrafverfügungen mit zwei Beilagen ein. Es sei zu hohen Belastungen durch die Unternehmensumstrukturierung – auch infolge der überraschenden Beendigung der Zusammenarbeit durch den bisherigen Bilanzbuchhalter - gekommen. Anfang Februar habe der Geschäftsführer aufgrund eines folgenschweren Unfalls einen gravierenden gesundheitlichen Rückschlag erlitten, der zu einem erheblichen Arbeitsrückstand in einer ohnehin schon angespannten Phase geführt habe. Es handle sich um eine Kleinstkapitalgesellschaft. Zwischenzeitlich seien die Unterlagen eingereicht worden.
Mit den angefochtenen Beschlüssen wies das Erstgericht diesen Einspruch des Geschäftsführers (ON 5) und der Gesellschaft (ON 6) wegen Verspätung zurück, weil die Zwangsstrafverfügungen am 9.4.2025 zugestellt worden seien und die Einspruchsfrist 14 Tage betrage.
Gegen diese Beschlüsse richtet sich der – mit einem (im Sinne einer Eventualantragstellung verstandenen: vgl Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I 2 § 21 Rz 14) Wiedereinsetzungsantrag verbundende - rechtzeitige Rekurs der Gesellschaft und des Geschäftsführers mit dem Antrag auf deren ersatzlose Behebung; sodann möge die Wiedereinsetzung bewilligt und dem Einspruch stattgegeben werden und mögen die Zwangsstrafverfügungen ersatzlos aufgehoben werden.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Vorweg ist festzuhalten, dass im Sinne einer sacherledigungsfreundlichen Auslegung davon auszugehen ist, dass sich der hier gegenständliche Rekurs gegen ON 6 und ON 5 richtet, weil der Geschäftsführer ausdrücklich ausführt, er erhebe als persönlich Betroffener und als Geschäftsführer der Gesellschaft Rekurs.
2.Gemäß § 283 Abs 2 UGB sind Zwangsstrafen wegen Verstößen gegen die Verpflichtung zur rechtzeitigen Offenlegung von Jahresabschlüssen ohne vorausgehendes Verfahren durch Strafverfügung zu verhängen. Dagegen können das jeweilige Organ sowie (iVm Abs 7) die Gesellschaft binnen 14 Tagen ab Zustellung der Zwangsstrafverfügung Einspruch erheben, andernfalls erwächst diese in Rechtskraft. Ist der Einspruch verspätet, so ist er mit Beschluss zurückzuweisen. Gegen die Versäumung der Einspruchsfrist kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden (§ 21 AußStrG).
3.Die Zustellung der Zwangsstrafverfügungen an die Gesellschaft und den Geschäftsführer erfolgte jeweils durch Hinterlegung. Gemäß § 17 Abs 3 ZustG gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt, mit diesem Tag beginnt die (Rekurs-)Frist zu laufen. Hier war der erste Tag der Abholfrist jeweils der 9.4.2025, sodass die Einspruchsfristen mit Ablauf des 23.4.2025 endeten. Dass die hinterlegten Postsendungen erst am 28.4.2025 tatsächlich behoben wurden, hat auf den Fristenlauf keinen Einfluss.
4.1 Umstände, die den Geschäftsführer an der rechtzeitigen Erhebung der Einsprüche hinderten, werden zwar behauptet – längere Abwesenheit -, aber für den fraglichen Zeitraum im April 2025 nicht bescheinigt.
4.2 Soweit überdies im Rekurs auf die Aktivierung der Anwendung „Digitales Amt“ bzw den elektronischen Postkorb „Mein Postkorb“ und die Annahme, dass Schriftstücke des Erstgerichts, insbesondere so wesentliche wie Strafverfügungen, auf elektronischem Weg zugestellt würden, verwiesen wird, war zu erwägen:
4.3Die elektronische Zustellung der ordentlichen Gerichte richtet sich nach den §§ 89a ff GOG (§ 28 Abs 2 Satz 1 ZustG). Gemäß § 89a Abs 2 GOG kann das Gericht anstelle schriftlicher Ausfertigungen gerichtlicher Erledigungen sowie anstelle von Gleichschriften von Eingaben, die elektronisch angebracht worden sind, die darin enthaltenen Daten an Einschreiter, die Eingaben elektronisch anbringen, auch elektronisch übermitteln. Ist die Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr nach den folgenden Bestimmungen nicht möglich, kann sie auchüber elektronische Zustelldienste nach den Bestimmungen des 3. Abschnitts des Zustellgesetzes (§§ 28 ff ZustG – Elektronische Zustellung) in der jeweils geltenden Fassung erfolgen (§ 89a Abs 3 GOG).
Eine zwingende Verpflichtung, Zustellungen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs bzw nach dem 3. Abschnitt des ZustG vorzunehmen, lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen (vgl MietSlg 74.498). Das allgemeine Recht auf elektronischen Verkehr mit Gerichten und Verwaltungsbehörden in den Angelegenheiten, die in der Gesetzgebung Bundessache sind (§ 1a E-GovG), gilt daher im Bereich der ordentlichen Gerichte noch nicht ausnahmslos: Vielmehr steht es den Gerichten gemäß § 89a Abs 2 und Abs 3 GOG nach wie vor frei, postalische Zustellungen an die Parteien zu verfügen (vgl OLG Wien, 6 R 120/24x).
Die Anmeldung gemäß § 28b Abs 1 ZustG gilt als Einwilligung zum Empfang von Zustellstücken in elektronischer Form. Sie ist jedoch nur als passive Ermächtigung, nicht aber als aktive Rechtsausübung zu verstehen (vgl jusIT 2019, 219).
5. Das Erstgericht hat daher zu Recht den erst am 2.5.2025 eingebrachten Einspruch gegen die Zwangsstrafverfügungen als verspätet zurückgewiesen. Dem dagegen erhobenen Rekurs muss der Erfolg versagt bleiben. Das Erstgericht wird vielmehr über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden haben.
6.Der ordentliche Revisionsrekurs ist gemäß § 15 FBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig, weil keine Rechtsfragen im Sinne der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu beantworten waren.
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