JudikaturOLG Wien

20Bs128/25g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
20. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 23. Jänner 2025, GZ ** 42.4, nach der am 17. Juni 2025 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Jilke, im Beisein der Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Salfelner, LL.M., sowie in Anwesenheit des Angeklagten A* und seines Verteidigers Mag. David Jodlbauer durchgeführten Berufungsverhandlung

zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen auch ein in Rechtskraft erwachsenes Verfallserkenntnis enthaltendenUrteil wurde der am ** geborene serbische Staatsangehörige A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (I./) sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 12 dritter Fall StGB, 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (II./) schuldig erkannt und hiefür unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung sowie Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in ** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung, bestehend zumindest aus B*, C*, D*, E* und F*

I. vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 80 % Cocain, in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, wobei die Straftat in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging, und zwar

A) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 4.12.2020 einer unbekannten Abnehmerin 50 Gramm Kokain zum Preis von EUR 3.250,00,

B) zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten zwischen 9.12.2020 und Anfang des Jahres 2021 einer unbekannten Abnehmerin in zwei Angriffen monatlich je 50 Gramm, sohin insgesamt 100 Gramm Kokain, zum Preis von jeweils EUR 3.250,00 pro 50 Gramm,

C) am 14.12.2020 D* 700 Gramm Kokain,

D) am 25.12.2020 E* 5.000 Gramm Kokain,

E) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen 25.12.2020 und Anfang des Jahres 2021

1. E* 5.000 Gramm Kokain,

2. D* 10.000 Gramm Kokain,

II. zwischen 7.12.2020 und 13.12.2020 zur Ausführung der strafbaren Handlung der abgesondert verfolgten F* und D*, die als Mitglied der genannten kriminellen Vereinigung am 22.12.2020 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge, nämlich 20.000 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 80 % Cocain, aus dem deutschen Bundesgebiet aus- und in das österreichische Bundesgebiet einführten, indem sie das Suchtgift in einem Wohnwagen in ein speziell für den Transport angefertigtes Versteck legten und mit diesem von Deutschland über die Grenze nach Österreich fuhren, wobei sie die Straftat im Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge begingen, dadurch beigetragen, dass er das Schmuggelversteck in den von den beiden für den Schmuggel verwendeten Wohnwagen zuvor in seiner Werkstatt einbaute.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die jeweils vielfache Überschreitung des 25 fachen der Grenmenge sowie das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerend, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel sowie das großteils reumütige Geständnis.

Dagegen richtet sich die fristgerecht angemeldete (ON 43.2), rechtzeitig zu ON 50.2 ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe, mit der eine Herabsetzung der Sanktion angestrebt wird.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Zunächst sind die Strafzumessungsgründe zum Nachteil des Angeklagten unter Berücksichtigung der Feststellungen, dass er für den Einbau des Kokainverstecks EUR 10.000, , für die Lagerung und Überlassung eines Suchtgiftquantums von 20.000 Gramm Kokain weitere EUR 3.000, erhielt (US 6) und mit weiteren EUR 900, für die Überlassung des Kokains an die unbekannte Abnehmerin entlohnt wurde (US 4), um das Gewinnstreben (RISJustiz RS0106649; RS0130193 [T4]), zu ergänzen.

Von einem untergeordneten Tatbeitrag im Sinne des § 34 Abs 1 Z 6 StGB kann vorliegend keine Rede sein. Eine Tatbeteiligung ist nämlich nur dann strafmildernd, wenn sie nach Art und Umfang für die Tatausführung nicht erheblich war. Angesichts des Umstands, dass der Angeklagte nicht nur das Schmuggelversteck in den für die Einfuhr des Suchtgiftes in das österreichische Bundesgebiet verwendeten Wohnwagen einbaute (Faktum II.), sondern darüber hinaus das eingeführte Suchtgift in einer von ihm angemieteten Garage lagerte (US 6), hatte er einen durchaus erheblichen Anteil am Erfolg der Tat, weshalb sein Handeln im Rahmen der kriminellen Vereinigung keineswegs als bloß untergeordnete Tatbeteiligung betrachtet werden kann.

Die Anziehung des vom Angeklagten für sich reklamierten Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 18 StGB scheitert mit Blick auf den Umstand, dass dem Angeklagten Tathandlungen bis Anfang Jänner 2021 zur Last liegen (I./E.), von einem Wohlverhalten durch längere Zeit hindurch jedoch nur dann gesprochen werden kann, wenn sich der Zeitraum etwa an der fünfjährigen Rückfallsverjährungsfrist des § 39 Abs 2 StGB orientiert (RISJustiz RS0108563), wobei darüber hinaus ein Wohlverhalten während der Anhängigkeit des Strafverfahrens nicht mildernd berücksichtigt werden kann (RISJustiz RS0091571).

Soweit der Angeklagte über in gesondert geführten Verfahren verhängte Freiheitsstrafen ins Treffen führt, fordert, diese seien miteinander in Relation zu setzen, und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe für überhöht erachtet, ist zunächst klarzustellen, dass es auf die personale Tatschuld des jeweiligen Straftäters ankommt, weshalb Überlegungen in Bezug auf die über einen anderen Angeklagten in einem Parallelverfahren verhängte Strafe außer Betracht zu bleiben haben (RISJustiz RS0090631). Insoweit der Berufungswerber dabei insbesondere auf die über G und H* rekurriert, ist klarzustellen, dass die Genannten entgegen den Berufungsausführungen dem Schuldspruch zufolge nicht als Mitglied derselben kriminellen Vereinigung genannt wurden. Inwiefern die über den Berufungswerber verhängte Freiheitsstrafe in Ansehung der gesondert verfolgten I* - die wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 2 und 3 SMG in Ansehung eines (weitaus geringeren) Suchtgiftquantums von 3.000 Gramm Kokain (enthaltend zumindest 80% Cocain) sowie des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 2, 3, 4 erster und zweiter Fall StGB in Ansehung von Suchtgifterlösen in einem EUR 50.000, übersteigenden Wert zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt wurde (ON 41) und neben einem ordentlichen Lebenswandel auch ein Geständnis für sich verbuchen konnte (ON 41), nicht in Relation stehen sollte, vermag der Berufungswerber nicht darzulegen.

Der Milderungsgrund des vom Angeklagten besonders betonten reumütigen Geständnisses relativiert sich insofern, als sich der Angeklagte zur Tatbegehung als Mitglied einer kriminiellen Vereinigung nicht geständig zeigte (ON 42.3 S 7, S 9, S 13) und bestrebt war, seine Tathandlungen zu relativieren (US 10). Im Übrigen kommt dem Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses mit Blick auf die erdrückende Beweislage in Form der Chatprotokolle (ON 2.21.6, ON 2.21.9 bis ON 2.21.12), in denen die Kommunikation der Mitglieder der kriminellen Vereinigung über Sky Mobiltelefone detailliert aufgeschlüsselt wurde und der Angeklagten ausgeforscht werden konnte (AV ON 2.20.7), kein entscheidendes Gewicht zu (RISJustiz RS0091512).

Inwiefern bei einem allein in Ansehung des Faktum I./ vorliegenden Suchtgiftquantums von 16.680 Gramm Cocain Reinsubstanz – ausgehend von einer Suchtgiftgrenzmenge von 15 Gramm Cocain und der Überschreitung des 25 fachen der Grenzmenge ab 375 Gramm Cocain - lediglich von einem durchschnittlichen Gesinnungs und Handlungsunwert der Taten auszugehen sein sollte, ist nicht nachvollziehbar.

Dass eine lange Haftstrafe berufliche Konsequenzen zur Folge hat und das Familienleben, insbesondere den Kontakt zu seinen drei Kindern, beeinträchtigt, hätte der Angeklagte vor Begehung der Taten in seine Überlegungen einfließen lassen sollen, diese Umstände bilden jedoch keinen Anlass für die Verhängung einer geringeren Sanktion.

Bei Abwägung sämtlicher Strafzumessungserwägungen erweist sich die vom Erstgericht gefundene, mit 40 % der Höchststrafe ausgemessene Sanktion durchaus schuld und tatangemessen und bereits aus spezialpräventiven Überlegungen der begehrten Reduktion nicht zugänglich. Die verhängte Strafe wird auch generalpräventiven Erwägungen gerecht, muss doch potentiellen Tätern deutlich vor Augen geführt werden, dass derartiger Grenzüberschreitender professioneller Handel mit derartigen Suchtgiftquanten „harter“ Drogen nicht bagatellisiert, sondern spürbar geahndet wird.

Der Berufung war daher kein Erfolg beschieden.